Stadtpolitik
Darum tritt Fraktionschef Reinhardt Friedrichs aus der SPD aus
Demmin / Lesedauer: 3 min

Anke Krey
Es ist ein Paukenschlag, der in der Hansestadt (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) Folgen haben wird: Reinhardt Friedrichs hat seinen Austritt aus der SPD erklärt. Für den Interessenverbund „Wir alle sind Demmin“ (IVD) wird er aber weiterhin aktiv sein und Fraktionsvorsitzender in der Demminer Stadtvertretung bleiben.
„Wähler aus dem Blick verloren“
Den Ausschlag gegeben haben für diese Entscheidung „lokale Gründe“, so Friedrichs – aber für viel Frust habe auch die Politik der SPD in Land und Bund gesorgt. Darüber, wie die SPD derzeit regiert, könne man nur noch den Kopf schütteln: „Die SPD hat ihre Wähler total aus dem Blick verloren“, meint Friedrichs. „Das war früher die Partei der arbeitenden Bevölkerung.“ Aber um das Wohl des kleinen Mannes gehe es schon lange nicht mehr. Auch auf Proteste aus der Bevölkerung werde nicht reagiert – da könne die Demo noch so groß sein, „das interessiert offensichtlich keinen, denn es ändert sich gar nichts“, schimpft Friedrichs, der lange Jahre als Elektriker tätig war.
Insbesondere das Bürgergeld hält Friedrichs für einen großen Fehler. Denn es sende das Signal: Man braucht nicht mehr zu arbeiten, so der Stadtvertreter. „Die Leute erhalten Geld fürs Nichtstun und sagen sich, das reicht doch.“ Diese Haltung teilt Reinhardt Friedrichs überhaupt nicht. Er engagierte sich, war Ortsvereinsvorsitzender, stellvertretender Ortsvereinsvorsitzender und SPD-Fraktionschef in der Stadtvertretung. „Viele Jahre lang war ich Genosse durch und durch.“ Doch jetzt legt der Stadtpolitiker sein Parteibuch hin.
Wird das Bündnis von der SPD aufgekündigt?
Diese Entscheidung hat eine Vorgeschichte. „Vor fünf Jahren haben wir den Interessenverbund ,Wir alle sind Demmin‘ (IVD) gegründet“, sagt Friedrichs. Die Idee dahinter war, dass Linke, Grüne und Sozialdemokraten in der Hansestadt gemeinsam und nicht gegeneinander bei der Kommunalwahl antreten, als Gegengewicht zu UWG und CDU. Doch die SPD will dieses Bündnis nun aufkündigen.

Mathias Schultz, seit Februar an der Spitze der Demminer SPD, will auch in der Stadtpolitik in Zukunft als SPD sichtbar agieren und deshalb mit einer eigenen Liste im Wahlkampf antreten. „Das halte ich für einen Fehler“, gibt Reinhardt Friedrichs zu bedenken. „Wir haben vieles bewegt in Demmin, und deshalb werde ich zur Wahl für die IVD wieder antreten.“
Junge Leute für Kommunalpolitik gesucht
Für eine SPD-Zeitenwende im Lokalen sieht der Stadtvertreter in der gegenwärtigen Situation keine Chance. Denn obwohl bei der Wahl zur Stadtvertretung eher Personen als Parteien Gewicht haben, beobachten die Bürger doch sehr genau, wie die SPD derzeit in Bund und Land agiert. Neben der Wirtschaftspolitik der Partei ist für Friedrichs die Asylpolitik das derzeit größte Problem. „Und zugleich wird nichts getan für unsere Bürger“, stellt er fest. „Die Menschen sehen das doch. Diese Politik trage ich nicht mehr mit.“
Viel zu versprechen und nichts davon einzuhalten, das verträgt sich nicht mit seiner Lebensauffassung: „Das Engagement in der SPD war mir immer wichtig“, unterstreicht Reinhardt Friedrichs. „Ich bin mit Leib und Seele Demokrat, und wollte in Demmin was verändern. Daran hat sich auch nichts geändert. Und deshalb habe ich mich entschlossen: Ich hänge mich noch einmal rein für die IVD. Wir suchen auch noch Leute, gern auch aus der jüngeren Generation, die Demmin mit nach vorne bringen wollen und sich beteiligen. Neue Besen kehren gut, aber die alten kennen die schmutzigen Ecken.“