Willkommenskultur

Das leisten Ehrenamtler bei der Integration von Flüchtlingen

Jarmen / Lesedauer: 5 min

Die Unterbringung und Integration von Ukraine-Flüchtlingen läuft am mittleren Peenetal inzwischen fast geräuschlos. Das ist auch vielen Unterstützern und Spendern zu verdanken.
Veröffentlicht:20.05.2022, 08:37
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Von:
  • Author ImageStefan Hoeft
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„Ohne Ehrenamt geht es nicht.“ Diesen Satz äußerte jetzt die Loitzer Bürgermeisterin Christin Witt in einem Gespräch mit dem Nordkurier zur aktuellen Flüchtlingslage in dem Ort. Wohl wissend, dass die in der dortigen ehemaligen Diesterweg-Grundschule eingerichtete Erstaufnahmeeinrichtung, in der eine dreistellige Zahl von Menschen aus der Ukraine ein Obdach gefunden hat, eigentlich Sache des Landkreises ist.

Doch von Anfang an hatten die Peenestädter klargemacht, dass sie diese Neuankömmlinge nicht allein den Behörden überlassen würden, sondern auf vielfältigste Art selbst als gute Gastgeber auftreten wollen. Sprich für eine weitgehende Integration sorgen, so weit das bei meist nur vorübergehend dort wohnenden Personen jedenfalls möglich ist.

Zwei Monate nach dem etwas rumpeligen Startschuss für die zentrale Aufnahmestelle am Rande der Altstadt scheint das weitgehend gelungen und in immer festere Bahnen geleitet, wie die Verwaltungschefin berichtete. So gebe es beispielsweise Angebote für die Ukrainer von Seiten des Heimatvereins beziehungsweise KulturKonsums, auch zu den Sportvereinen seien erste Kontakte hergestellt. Ergänzt von so einigen besonderen Aktionen, wie etwa Stadtführungen, der Fahrt nach Greifswald samt Tierparkbesuch mit einem einheimischen Bus- und Taxiunternehmen oder zuletzt einem großen Treffen mit Einheimischen im Ballsaal Tucholski. Auch zum hiesigen Kindertag sollen die aus ihrer Heimat geflohenen Jungen und Mädchen mitbedacht werden.

Weiterhin enorme Spendenbereitschaft

Noch immer erinnert sich Christin Witt stolz an die Resonanz auf einen in der Anfangszeit von der Stadt abgesetzten Hilferuf nach dringend für die Flüchtlinge benötigten Kinderwagen. Gleiches gilt für den Widerhall auf die wenig später veröffentlichte Bitte nach Schulmappen und -rucksäcken sowie Federtaschen, Schreib- und Malutensilien. Ohnehin war und ist eine enorme Hilfs- und Spendenbereitschaft für die Ukrainer zu beobachten. Alleine die „Frauen im Sozialen Bereich“ etwa sammelten in ihren hiesigen Gruppen mehr als 560 Euro, die Geflüchteten vor Ort zugute kommen sollen.

„Wir versuchen alles, was wir machen können“, betonte die Bürgermeisterin. Ihre eigene Rathaus-Mannschaft samt Stadtwerken eingeschlossen, genauso wie die Schulen. Letztere sehen sich in Loitz angesichts der vergleichsweise großen Zahl an Flüchtlingen für so einen kleinen Ort besonderen Herausforderungen gegenüber. Doch seit Anfang Mai laufe der Unterricht, teils in einem gleitenden Verfahren. Mittlerweile seien überdies über zwanzig ukrainische Staatsangehörige in insgesamt fünf Wohnungen untergebracht, die extra kurzfristig entsprechend hergerichtet wurden. Und da es sich bei den neuen Mietern beispielsweise um eine Lehrerin, eine Dolmetscherin und einen Kraftfahrer handelt, besteht die Hoffnung, dass sie durchaus für länger bleiben.

Eine Erwartung, die im benachbarten Amtsbereich Jarmen-Tutow ebenso besteht, wo früher als in vielen anderen Regionen Vorpommern-Greifswald bereits kommunale Domizile für Flüchtlinge angeboten und komplett belegt wurden. Zwei dieser Wohnungen befinden sich in Tutow und eine in Zemmin, neuerdings eine in Daberkow und vier in der Autobahnstadt. Wo derzeit gerade zwei weitere vorbereitet werden – bereits mit festen Interessenten. Bei den anderen seien inzwischen Mietverträge unterzeichnet sowie die Versorgung mit Strom und Gas in private Bahnen gelenkt, wie Bürgermeister André Werner diese Woche berichtete.

Hilfe bei Sprachkursen und Behörden-Fahrten

Seine Verwaltung und viele Ehrenamtliche leisteten und leisten dafür eine Menge Vorarbeit, zur Koordinierung wurde sogar eine vorerst zeitlich befristete Extra-Stelle durch den Amtsausschuss bewilligt. Ohne die vielen fleißigen Mitstreiter von vor Ort wäre die Integration der Flüchtlinge jedenfalls niemals in diesem Ausmaß gelungen, weiß der Rathauschef. Sei es nun beim regelmäßigen Sprachkurs oder etwa den vielen Fahrten für Besorgungen und Ämtertermine wie bei der Ausländerbehörde in Anklam. Immer wieder übernehmen da Vereinsmitglieder und „normale“ Bürger aus dem Amtsbereich die Chauffeurs- und Dolmetscherrolle.

Zum Juni indes wechseln die meisten hiesigen Ukrainer in die finanzielle Zuständigkeit des Jobcenters, so Werner. „Die Sozialleistungen fließen dann nicht mehr übers Sozialamt. Nächste Woche wird eine Mitarbeiterin nach Jarmen kommen, um die Daten aufzunehmen.“ Damit einher gehen die Bestrebungen, für die Flüchtlinge eigene deutsche Konten zu eröffnen, damit sie nicht mehr ständig in die Lilienthalstadt kutschieren müssen, um ihre Schecks abzuholen und in der dortigen Sparkasse einzulösen. Auch die Beschulung der Kinder laufe inzwischen, sie werden derzeit in Jarmen sowie weiterführend in Demmin und Gützkow unterrichtet. Wobei der Bürgermeister die beiden Gymnasien besonders für ihre unkomplizierte Verfahrensweise lobte.

Feuerwehrverein sehr aktiv

Große Stücke hält der Mann auf die Spendenbereitschaft, die in den vergangenen zwei Monaten bereits so manche außerbehördliche finanzielle Unterstützung oder Anschaffung zugunsten dieser Leute ermöglichte. Gleiches gilt für die Integrationsbemühungen einiger Vereine und Privatpersonen. Die dafür sorgten, dass sich die Flüchtlinge mitunter fast wie Zuhause fühlen und an vielen Stellen ins gesellschaftliche Leben einbringen. Sei es beim Frühjahrsputz in den Jarmener Anlagen oder Veranstaltungen wie jüngst dem Frühlingsmarkt.

Besonders aktiv erscheinen der Feuerwehrverein, die Bürgerinitiative „Rettet die Jarmener Mühle“ und der örtliche Angelverein. Letzterer beispielsweise lud die Ukrainerinnen mit ihrem Nachwuchs jüngst zum jährlichen Anangeln an die Stadtkuhle ein. Bei Essen und Trinken sowie jeder Menge Sonnenschein gab es dort eine gemütliche Runde und so manchen Fangerfolg für einige der Kinder.