75 Jahre Kriegsende
Debatte um Demminer Gedenkort neu entfacht
Demmin / Lesedauer: 3 min

Tobias Holtz
Es gab in den vergangenen Monaten viele kritische Stimmen, die sich vehement gegen einen weiteren Gedenkort für die Demminer Suizidopfer vom Frühjahr 1945 aussprachen. Insbesondere der historisch vorbelastete Standort bei der Fischerinsel war den Gegnern des Vorhabens ein Dorn im Auge. Dennoch ließ sich die ehrenamtliche Arbeitsgruppe davon nicht beirren und hielt an ihren ursprünglichen Ideen für den neuen „Garten der Erinnerung“ fest.
Was die künftige Gestaltung der Fläche betrifft, müssen die Initiatoren jetzt allerdings nochmal umdenken. Denn die bewegenden Bilder des verstorbenen Ehrenbürgers Karl Schlösser aus dem Zyklus „Brennendes Demmin“ werden garantiert nicht auf den Schautafeln entlang des Rundwegs zu sehen sein, wie seine Witwe im Gespräch mit dem Nordkurier klarstellte.
Keine Schlösser-Bilder am ehemaligen Horst-Wessel-Platz
„Ich hatte Herrn Tabbert schon vor einiger Zeit mitgeteilt, dass ich meine Genehmigung, die Werke verwenden zu dürfen, wieder zurückziehe“, erzählt Lilo Schlösser. Ihr Mann, der die grausamen Ereignisse damals als kleiner Junge selbst miterlebt hat, wäre bestimmt nicht begeistert darüber gewesen, seinen Nachlass an einem Ort zu sehen, der während der Nazi-Diktatur als Gedenkstätte für Horst Wessel diente, begründet die Demminerin ihre Entscheidung. „Deswegen kann ich absolut nicht verstehen, warum die Bilder im aktuellen Gestaltungskonzept noch mit eingeplant sind“, entrüstet sich die Künstlerin.
Eckhardt Tabbert reagierte hingegen ziemlich verdutzt, als ihn der Nordkurier mit dieser Aussage konfrontierte. „Davon haben wir bisher nichts gewusst“, so die knappe Antwort des UWG-Fraktionsvorsitzenden, der eigentlich schon ganz andere Pläne im Hinterkopf hatte. So wollte er Frau Schlösser zur nächsten Sitzung der Arbeitsgruppe einladen, um mit ihr gemeinsam einige Werke ihres Mannes für die Erinnerungsstätte auszuwählen, und ihre Vorstellungen beim Projekt berücksichtigen zu können.
„Deshalb bedauere ich auch ihren Entschluss, die Genehmigung wieder zurückzuziehen. Aber wenn sie es nicht mehr möchte, müssen wir das eben akzeptieren“, betont der UWG-Chef. Bei der nächsten Zusammenkunft der Arbeitsgruppe soll nun darüber beraten werden, ob man in den Schaukästen anstatt der gemalten Bilder möglicherweise Fotografien vom Kriegsende ausstellen könnte oder sich lediglich auf die überlieferten Zeitzeugenberichte und geschichtlichen Daten beschränkt.
10 000 Euro im Haushalt eingestellt
Wie viel Geld vonseiten der Stadt in die vorbereitenden Planungsarbeiten fließt, wollte Demmins Bauamtsleiter Dietmar Schmidt auf Nordkurier-Anfrage noch nicht verraten. „Es gibt bereits eine erste Grobkostenschätzung, die aber zunächst in den zuständigen Gremien der Stadt besprochen werden muss“, hält sich der Baumamtschef wie so oft eher bedeckt. Für die Umsetzung des Projekts stünden im Haushalt der Stadt insgesamt 10 000 Euro zur Verfügung. Erfahrungsgemäß wird so ein Bauvorhaben jedoch meist teurer als gedacht. Wie hoch die Kosten letztlich ausfallen, bleibt also abzuwarten.
Fest steht, dass Lilo Schlösser ihre Entscheidung keineswegs bereut. „Ich hätte es nicht verantworten können, wenn die Bilder an diesem Standort gezeigt worden wären, und habe ganz im Sinne meines Mannes gehandelt“, sagt die Demminerin.