Demmin streitet um Gedenken an Suizidopfer
Demmin / Lesedauer: 3 min

Als ein „Hereingrätschen des Heimatvereins“ empfindet Bürgermeister Michael Koch die angekündigte Neupflanzung von 1500 neuen Tulpenzwiebeln am Demminer Hanseufer. Ähnlich äußerte sich auch sein Stellvertreter Ronny Szabó im jüngsten Demminer Hauptausschuss. Reinhardt Friedrichs (IVD) ist da anderer Meinung. Er hatte das Thema auf die Tagesordnung gesetzt.
Keine Fläche der Stadt
2015 hatte die Künstlerin Cora Fisch ihr sogenanntes ResonanzFELLd am Stichkanal geschaffen. Eine Fläche mit etwa 5000 Tulpen, die eine Welle schlagen und von einer kleinen Tafel bis zum Wasser reichen. Damit wurde auf besondere Weise an jene erinnert, die in Demmin zum Ende des Zweiten Weltkriegs ins Wasser gingen und sich das Leben nahmen. Weil aber in den vergangenen Jahren keine blühenden Tulpen mehr zu sehen waren, beantragte die IVD-Fraktion nun im Hauptausschuss, dass sich fortan die Stadtverwaltung um die kontinuierliche Pflege des Ortes am Hanseufer kümmern soll. Der Haken ist nur: Die Fläche gehört der Stadt nicht.
Zwei Änderungsvorschläge wurden Reinhardt Friedrichs deshalb gemacht. Statt Pflege „des“ Ortes könnte die Pflege „eines“ Ortes beantragt werden. So könnte die Tulpenwelle auch an anderer Stelle gepflanzt werden. Thomas Witkowski (CDU) schlug außerdem vor, das ResonanzFELLd in einen neuen Erinnerungsort zu integrieren, den die CDU/FDP- und die UWG-Fraktion sich wünschen. Gestaltet werden soll er neben dem Lübecker Speicher. Für die Einbeziehungs-Variante ist auch Eckhardt Tabbert (UWG). Wäre auch Friedrichs einverstanden, hätte er den IVD-Antrag einfach zurückziehen können. Doch er ließ sich auf beide Vorschläge nicht ein. Friedrichs wollte diese Änderung nicht ohne Rücksprache mit seiner Fraktion entscheiden. So blieb der Antrag wie er war, einer stimmte dafür, der restliche Hauptausschuss dagegen.
Alleinvertretung beansprucht?
Genau umgekehrt lief die Abstimmung zum Antrag vom CDU, FDP und UWG über die besagte Gestaltung eines neuen Erinnerungsplatzes. Eine Mehrheit im Hauptausschuss sprach sich dafür aus, Reinhardt Friedrichs enthielt sich. Er ist nicht per se gegen einen solchen Erinnerungsort. Friedrichs kritisierte allerdings, dass CDU, FDP und UWG mit ihrem gemeinsamen Einsatz eine Art Alleinvertretung für sich beanspruchen. Eckhardt Tabbert entgegnete: „In dem Moment, wo ihr mit abstimmt, seid ihr mit dabei.“ Überhaupt, so Tabbert, könne bei diesem Projekt jeder mitmachen.
Verein hält an Pflanztermin fest
Ein Gegner des Projekts ist auch Karsten Behrens nicht. Noch sei aber nicht klar, „was dort drüben passiert.“ Und das ResonanzFELLd gibt es schon. Es befindet sich laut Behrens auch „genau an der richtigen Stelle.“ Denn dort ist das Wasser, dort funktioniert das Kunstwerk. Und weil es keine städtische Fläche ist, brauche es für die Pflanzung neuer Tulpen auch nicht die Zustimmung der Stadtvertretung. Es genüge, wenn der Grundstücksbesitzer einverstanden ist. Es bleibt laut Behrens dabei: Am Freitag, 29. November, kommen die Blumenzwiebeln in den Boden. Die Kosten dafür trägt der Heimatverein.