Nach Strafbefehl
Demminer Aktionsbündnis fordert Hilfe von Manuela Schwesig
Demmin / Lesedauer: 3 min

Kai Horstmann
Die Empörung über den Strafbefehl gegen ihren Versammlungsleiter Dieter R. ist beim Aktionsbündnis 8. Mai Demmin weiterhin groß. Jetzt wenden sich deren Mitglieder mit einem offenen Brief an Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsrecht möchte die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg dem Versammlungsleiter der Gegendemonstration zum Nazi-Aufmarsch am 8. Mai 2019 in Demmin eine Strafe von 50 Tagen Haft aufbrummen, die auch mit einer Geldstrafe von 1500 Euro beglichen werden kann. Es geht um von Demonstrationsteilnehmern mitgebrachte Glasflaschen, Bierdosen und Musik, die zu lange gespielt wurde.
„Wir möchten Sie auf einen Missstand bei den Strafverfolgungsbehörden in MV hinweisen. Jährlich finden am 8. Mai in Demmin rechtsradikale Aufmärsche statt, mit denen die Neonazis den Massensuizid großer Teile der Demminer Bevölkerung instrumentalisieren, um ihre relativierende und verharmlosende Darstellung der Nazigreuel auf die Straße zu tragen. Dagegen organisiert das Demminer Aktionsbündnis 8. Mai Gegenveranstaltungen und auch Proteste“, schreibt das Bündnis in dem Brief und erinnert zugleich daran, dass ihre Partei wegen gelebter Zivilcourage mit dem Johannes-Stelling-Preis der SPD-Landtagsfraktion ausgezeichnet wurde.
Nicht nur linke Gruppen von Einschränkungen betroffen
Zugleich sieht das Bündnis aufgrund der nicht abschätzbaren Bestrafungsgefahr eine Gefahr für die Demokratie, weil die Versammlungsfreiheit eingeschränkt wird. „Die Diskrepanz des bisherigen Nichtstuns des Innenministeriums gegen rechte Netzwerke auf der einen Seite und des nicht nachvollziehbaren Ermittlungseifers der Staatsanwaltschaft gegen Antifaschisten wegen absoluter Belanglosigkeiten auf der anderen Seite lassen die vollmundigen Versprechungen der Landesregierung, gegen Rechts vorzugehen, allerdings zu Lippenbekenntnissen werden“, heißt es weiter in dem Brief.
Dabei sind nicht nur linke Gruppen von Einschränkungen der Demonstrationsfreiheiten betroffen, wo Behörden sogar die Anzahl von Fahnen und Plakaten vorschreiben. So hatte auch der Ex-Reichsbürger und mögliche Demminer Bürgermeisterkandidat Stefan Woller als Versammlungsleiter der Corona-Maßnahmen-Kritiker seine Schwierigkeiten mit der Polizei gehabt. Nachdem er von Polizisten mehrmals gemaßregelt wurde, lehnte er diese Aufgabe für ein weiteres Mal ab. Die Folge: Die Polizisten hatten keinen Ansprechpartner beim Rundgang gegen die Corona-Schutzmaßnahmen, die dann ohne Versammlungsleiter durch die Hansestadt liefen.
Bündnis fordert Änderung des Versammlungsgesetzes
Das Aktionsbündnis fordert in dem offenen Brief die sofortige Einstellung des Strafverfahrens und die Streichung des Paragrafen 25 des Versammlungsgesetzes (Verstoß des Leiters gegen versammlungsrechtliche Auflagen) durch eine Bundesratsinitiative der Landesregierung. Das Bündnis sieht in dem Paragraphen die Gefahr von Willkür bei der Ahndung etwaiger Verstöße, da eine Einleitung eines Strafverfahrens von der politischen Einstellung der Polizisten vor Ort oder des zuständigen Staatsanwaltes abhängen könnte.
Bereits jetzt sei ein politischer Flurschaden durch dieses Strafverfahren angerichtet worden, argumentiert das Aktionsbündnis. Zugleich heben sie in dem Brief hervor, dass es nicht darum geht, sämtliches Fehlverhalten von straffrei zu stellen, sondern darum, sich der Kriminalisierung einzelner Gruppen entgegenzustellen. „Das Strafverfahren gegen unseren Versammlungsleiter bietet die Möglichkeit, die Anmeldebedingungen so zu gestalten, dass niemand befürchten muss, wegen Belanglosigkeiten vor Gericht gestellt zu werden. Zugleich fordern wir, dass der 8. Mai ein Feiertag wird, wo die Befreiung vom Faschismus gefeiert wird“, sagt Herma Ebinger vom Demminer Aktionsbündnis.