Stadtpolitik
Demminer Stadtvertreterinnen wünschen sich Verstärkung
Demmin / Lesedauer: 4 min

Pablo Himmelspach
Vor mehr als 100 Jahren erkämpften sich die Frauen in Deutschland das Wahlrecht. Seitdem dürfen sie in der Politik mit entscheiden und sich zur Wahl aufstellen lassen. Doch von Gleichberechtigung kann noch lange nicht die Rede sein. Denn Politik ist und bleibt Männersache – so sieht es zumindest zu großen Teilen in Demmin aus. Von den 23 Mitgliedern der Stadtvertretung sind nur fünf Frauen, ein Anteil von gerade mal 21,7 Prozent.
Die neu gewählte Bundesregierung propagiert, Frauen und Männer gleichberechtigt zu repräsentieren. Im Kabinett von Kanzler Olaf Scholz befinden sich insgesamt neun Männer und acht Frauen. Könnte so auch die Zukunft in der Lokalpolitik aussehen? Braucht es in der Demminer Stadtvertretung eine Frauenquote?
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Quote ist keine Lösung
Für Kathrin Giebener-Trost ergibt das nur wenig Sinn. „Jeder sollte vor allem nach seinen Kompetenzen bewertet werden“, sagt die Vorsitzende der Unabhängigen Wählergemeinschaft Demmin (UWG). Ob es sich dabei um eine Frau oder einen Mann handele, sei unwichtig.
Frauen würden ihrer Meinung nach für die Politik aber wertvolle Eigenschaften mitbringen. „Wir sind diplomatischer“, sagt Giebener-Trost. Männer seien hingegen öfter von Konkurrenzdenken geprägt. Schwerer habe es die Lokalpolitikerin in ihrem männlich geprägten Umfeld deshalb nicht. Im Gegenteil: „Als Frau habe ich mit Männern ehrlich gesagt leichtes Spiel“, sagt sie lachend.
Als Mutter erst mal für 15 Jahre gebunden
Das Leben in einer „Männerwelt“ hat Kathrin Giebener-Trost schon früh gelernt. „Meinen Autohandel musste ich früh allein führen und hatte dabei natürlich immer mit Männern zu tun“, sagt sie. Und auch zur Politik hatte sie schon in jungen Jahren einen Zugang. „Meine Mutter war zu DDR-Zeiten Parteisekretärin und Kaderführerin“. Auch in der Schule sei sie es daher bereits gewohnt gewesen, vorne zu stehen.
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In die Stadtpolitik sei sie ursprünglich gegangen, um etwas für die Allgemeinheit zu tun. Zeit dafür fand sie jedoch erst, als sich in ihrem Leben eine Lücke auftat: Nach dem Erwachsenwerden ihrer Kinder. „Wenn man Mutter wird, ist man erst mal für 15 Jahre eingebunden“, sagt Giebener-Trost. Vor allem in ihrer Generation sei es zudem normal gewesen, dass sich die Frauen um Haushalt und Kinder kümmern. Kommt dazu noch ein Job beziehungsweise sogar eine Firma, bleibe nur noch wenig Zeit um sich politisch zu engagieren.
Politik muss jünger werden
Auch Anne Siemonsmeier von der AfD sieht die familiäre Einbindung einer Frau als die größte Hürde, sich politisch einzubringen. „Als Frau bin ich gefordert, da ich mich um meine Kinder kümmern muss“, sagt Siemonsmeier. Zwar fällt ihre Partei aus der gesamten Statistik etwas heraus, doch dies eher unfreiwillig. Nach der Mandats-Niederlegung eines männlichen Abgeordneten und dem Ausschluss eines weiteren kann die Demminer AfD eine Frauenquote von glatten 100 Prozent vorweisen.
Und auch wenn die Fraktion laut Siemonsmeier darauf intern keinen Wert legen würde, wünscht sich die Abgeordnete insgesamt mehr Frauen in der Stadtpolitik. „Es gibt ja schon einige, die sich in der Stadt engagieren, zum Beispiel vom Verein T30“, sagt sie. Darüber hinaus solle die Stadtpolitik ihrer Meinung nach vor allem eines werden – jünger. „Wir brauchen Leute, die Verständnis für die jüngere Generation haben“, spricht Anne Siemonsmeier einen wichtigen Punkt an.Das Gefühl, dass sie sich unter den vielen Männern stärker durchsetzen müsse, hat sie indes nicht.
Aktiv auf interessierte Frauen zugehen
Etwa anders sieht es Claudia Semlow von der CDU/FDP-Fraktion. „Frauen müssen sich mehr anstrengen, um sich zu beweisen“, sagt sie. Einige hätten zudem Berührungsängste zur Politik, da sie glaubten, dass ihnen nicht zugehört wird. „Man braucht da schon Selbstbewusstsein“, sagt Semlow. Vor allem im Umgang mit manch einem alteingesessenen Abgeordneten werde dies benötigt. Denn diese seien zum Teil sehr von sich überzeugt. „Einige meinen schon, sie hätten immer Recht“, sagt Semlow. Diese Einstellung äußere sich jedoch nicht nur gegenüber Frauen.
Den Impuls, sich in der Stadtpolitik zu engagieren, bekam Semlow durch Mitglieder der Fraktion. Die kamen auf sie zu und fragten, ob sie Lust hätte, mitzumachen – ein Weg, der nach Meinung der Abgeordneten öfter eingeschlagen werden sollte. „Bei den letzten Wahlen haben wir uns bemüht, noch mehr Frauen dazuzuholen. Aber es war sehr schwierig, welche zu finden“, sagt sie. Würde man aber aktiv auf die Frauen zugehen, könnten noch einige ihren Weg in die Politik finden.