Energiepolitik
Energiekrise beim Fleischer: Mal eben weniger kühlen?
Demmin / Lesedauer: 4 min

Anke Krey
Rouladen wie aus dem Bilderbuch, zwei ganze Hähnchen, Leberwurst, Schinken, Aufschnitt gleich stapelweise – der Blick in die Auslage der Demminer Fleischerei Krüger macht Appetit. Geduldig warten die Kunden in der Schlange darauf, von den drei Verkäuferinnen bedient zu werden. Doch hinterm Tresen wachsen die Sorgen.
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Handwerksbetriebe machen auf Notlage aufmerksam
Denn die Energiepolitik, die von der Ampelkoalition im fernen Berlin gemacht wird, zeigt beim Mittelstand überall im Land Folgen. So haben viele Handwerksbäckereien in Norddeutschland am Donnerstag in ihren Filialen das Licht ausgeschaltet, um darauf hinzuweisen, dass es angesichts explodierender Kosten für Strom und Gas immer schwieriger wird, das Geschäft weiterzuführen.
„Ohne Unterstützung geht bei uns das Licht aus!“, mahnen auch viele Mitglieder des Deutschen Fleischer-Verbandes derzeit mit Plakaten in ihren Läden. Peter Krüger, seit dem Jahr 2000 Fleischermeister in Demmin, hält von derlei Aktionen eher wenig. Die Entwicklung der Energiepreise aber bereitet auch ihm Kopfzerbrechen.
Maschinen und Kühlräume brauchen Strom
„Wir versuchen ja schon, so viel wie möglich Energie zu sparen“, sagt Krüger. Und das ganz ohne kluge Ratschläge von Politikern. „Wenn das so weitergeht, müssen wir trotzdem sicherlich unsere Preise erhöhen.“ Doch das habe Grenzen, meint der Fleischer. Denn die Kunden achten derzeit verstärkt aufs Geld.
„Was soll ich tun?“, fragt der Meister. „Wir haben große Maschinen, die brauchen Strom. Und unser Kessel wird mit Gas beheizt. Der Tresen und die Kühlräume benötigen ebenfalls Strom.“ Selbst zum Räuchern ist Energie erforderlich. Und in der Produktion sieht Krüger wenig Möglichkeiten zum Energiesparen: „Die Wurst muss nun einmal bis 70 Grad Celsius Kerntemperatur durchgebrüht werden.“
Hygienevorschriften werden streng kontrolliert
In der Fleischverarbeitung gibt es eine Menge Vorschriften; wenn es um Lebensmittel geht, muss die Hygiene hundertprozentig stimmen. Weil das so wichtig ist, wird es durch Behörden auch streng kontrolliert: „Ich kann Fleisch und Wurst nicht mal eben weniger kühlen“, unterstreicht der Fleischermeister.
Wie viel teurer Gas und Strom zukünftig werden, weiß Peter Krüger noch nicht: „Uns wurde noch keine Erhöhung angekündigt.“ Doch es gibt auch Betriebe, die haben sogar eine Kündigung von ihrem Energieversorger erhalten. Dass die Energiekrise auch ihn treffen wird, daran hat er allerdings keinen Zweifel: „Ich muss prüfen, wie die Zahlen dann aussehen. Und danach sehen wir, was wir noch machen können.“
Preiserhöhungen werden weitergereicht
Der wirtschaftliche Spielraum sei aber begrenzt. „Die Schlachthöfe nehmen schon seit einem halben Jahr eine Energiepauschale. Das bedeutet: Die schlagen die Preiserhöhung einfach auf ihre Preise drauf und reichen sie an uns weiter“, schimpft der Fleischermeister. „Wir müssen das so hinnehmen, denn wir haben keine Möglichkeit, das Fleisch woanders einzukaufen.“
Letztendlich werden die Preise steigen. „Viele Kunden sagen, im Supermarkt wird auch alles teurer“, sagt Krüger. Aber die Leute haben ja durch die Teuerung weniger Geld in der Brieftasche. „Wir spüren das schon eine ganze Weile. Da kommen halt statt acht Steaks nur noch fünf auf den Grill. Den Kunden wird auch jetzt im Winter nichts anderes übrig bleiben, als sich einzuschränken.“
Wo sparen?
Wenn die Kunden weniger kaufen, dann hat das Auswirkungen auf die Einnahmen im Betrieb. Sparen können die Unternehmen in diesem Umfeld nur bei Investitionen und Personalkosten. Doch im Mittelstand hat niemand Arbeitskräfte, auf die er eigentlich verzichten könnte. Die Fleischerei Krüger beschäftigt zwölf Mitarbeiter. „Wir sind vier Fleischer“, zählt der Meister auf, „und dazu kommen noch die Verkäuferinnen und Köchinnen.“
An den Mitarbeitern will der Meister festhalten
Daran will Krüger auch festhalten: „Die Verkäuferinnen sind teilweise schon seit mehr als 20 Jahren bei mir im Laden. Die sollen dort auch bis zur Rente weiter arbeiten können!“ Die vielen Arbeitsplätze in den kleinen und mittelständischen Unternehmen werden durch die Politik aber viel zu wenig beachtet, meint der Meister: „Das Entlastungspaket enthielt viel heiße Luft und für den Mittelstand mal wieder gar nichts. Uns muss man nicht erklären, wie man Energie spart. Wir sind damit schon immer sparsam umgegangen, denn das sind ja alles Kosten. Das Problem liegt in diesem Falle ganz klar im Einkauf – die dümmste Energiepolitik aller Zeiten!“
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