Tschüss, Vorpommern
Gemeindepädagogin verlässt nach 20 Jahren Gülzowshof
Gülzowshof / Lesedauer: 5 min

Ulrike Rosenstädt
„Ich lebe meinen Beruf. Es ist der schönste Beruf der Welt.“ Die Gemeindepädagogin Gerlind Reschke ist ganz bei sich, wenn sie über ihre Arbeit spricht. Es fehlen nur noch wenige Wochen bis zu ihrem 20. Dienstgeburtstag. Zwei Jahrzehnte lang war sie in der Kirchengemeinde Gülzowshof tätig. Obwohl, Arbeit, Dienst, Tätigkeit – all diese Worte treffen irgendwie nicht den Kern, wenn es darum geht zu beschreiben, was die 58-Jährige in den zurückliegenden Jahren umgetrieben hat, Kindern und Jugendlichen den christlichen Glauben näher zu bringen. Zudem vermittelte sie dem Nachwuchs aus der Region ein wohliges Gefühl, in der Freizeit, nach der Schule nicht allein sein zu müssen.
Eine junge Frau, die genau all das erlebt hat, nämlich Spaß, sinnerfüllte Freizeitbeschäftigung und vor allem auch die Auseinandersetzung mit dem Thema Glauben, ließ es sich nicht nehmen, Gerlind Reschke schon vor ihrer offiziellen Verabschiedung „Auf Wiedersehen“ und vor allem auch Danke zu sagen. Die 33-jährige Sonja Platzeck, eine junge Mutter, die mit ihrer Familie unweit von Trantow lebt, kam in der zurückliegenden Woche bei Schneeregen zur Trantower Kirche – hochschwanger wohl bemerkt.
„Was sie mit uns auf die Beine gestellt hat, hat uns geprägt”
Trotz großem Abstand zur nächsten Person und Maske vor dem Gesicht war deutlich spürbar, dass sich bei diesem Aufeinandertreffen der beiden viele Emotionen ihren Weg durch die Kirche bahnten. „Ich habe noch nie in meinem Leben einen Menschen getroffen, der so krass glaubt“, sagte die junge Frau. Das habe sie als Kind und später als Jugendliche, vor allem im Teenager-Alter, sehr beeindruckt und herausgefordert. „Wir haben uns damals auch gestritten“, erinnerte sich Gerlind Reschke. Sie war sehr berührt, dass die hochschwangere junge Frau, die verriet, dass es Zwillinge werden, noch einmal persönlich vorbeigekommen war. „Wenn man die Chance hatte, so einen Menschen wie Gerlind kennenzulernen, dann vergisst man das nicht. All das, was sie mit uns auf die Beine gestellt hat, hat uns geprägt“, ist Sonja Platzeck, eine geborene Grabautzki, fest überzeugt.
Sie war, so oft es nur ging, mit dabei, wenn sich die Trantower Kirche für den „Schrägen Freitag“, einen von Jugendlichen gestalteten Gottesdienst, öffnete, wenn die kircheneigene Band in die Tasten haute, wenn in den Gemeinderäumen gemeinsam gekocht, geklönt, gespielt und sich immer wieder mit Gott auseinandergesetzt wurde. „Wir haben uns Bibeltexte vorgenommen, deren Inhalte erfasst, interpretiert, hinterfragt. Ja, das war sehr gut damals“, schwelgte auch Gerlind Reschke gern in Erinnerung. Das Überraschungstreffen mit der jungen Frau war, aufgrund der Umstände, dann doch schnell vorbei. Beide bedauerten, sich zum Abschied nicht noch einmal fest in die Arme schließen zu können. Worte statt Taten – in diesem Moment genau das Richtige.
Auch mit Görminer Grundschülern gearbeitet
Inzwischen dürfte auch die Gitarrensammlung von Gerlind Reschke gut verpackt sein. Sie musizierte nicht allein mit Kindern und Jugendlichen aus der Kirchengemeinde Gülzowshof, sondern auch mit Görminer Grundschülern. Sie arbeitete zudem einige Stunden in der Kirchengemeinde Dersekow/Görmin, ist des Lobes voll über die Begegnungen, die sie dort mit Pastor Irmfried Garbe, Pastorin Franziska Wells und dem Team der Grundschule hatte. Auch ihre Zeit mit dem Pastor Martin Wesenberg war sehr erfüllt. Sie habe sehr viele „großartige Menschen kennengelernt, mit ihnen Zeit verbracht“. Gerlind Reschke nennt stellvertretend eine Frau, die ihr ganz besonders ans Herz gewachsen ist und der sie auch viel zu verdanken hat – Elfriede Patzer aus Sassen. „Sie war immer für uns da, hat auch für die Kinder und Jugendlichen gekocht, und hatte für mich immer einen Kaffee und ein gutes Wort.“
Arbeit habe Gerlind Reschke in ihrer vorpommerschen Wirkungsstätte immer viel, immer gerne gehabt. Manchmal ging sie dabei über ihre eigenen Grenzen, musste eine Zwangspause einlegen, um ihrem müden Körper und Geist die Möglichkeit zu geben, aufzutanken. „Das ist mir zum Glück gut gelungen. Ich habe auch in dieser zunächst unfreiwilligen Auszeit viel gelernt, über mich, über das Leben“, sagte Gerlind Reschke, die trotz der Abschiedsstimmung ganz bei sich zu sein scheint. Während des Treffens strahlte sie eine unglaubliche Ruhe und Zuversicht aus. Vielleicht auch deshalb, weil sie ihren Neustart im Mecklenburgischen gut organisiert hat und das Gefühl der Vorfreude ihr den Abschied vom Peenetal erleichtert.
Umzug zurück zu den eigenen Wurzeln
Der Umzugswagen ist bestellt. Schon in wenigen Wochen beginnt die Frau, die unweit von Sternberg geboren und aufgewachsen ist, ihre neue Dienststelle in der Kirchengemeinde Neubukow und Westenbrügge. Mit dem Umzug nach Mecklenburg geht es also zurück zu den Wurzeln? „So sieht das aus, ja“, sagte Gerlind Reschke. Ihr ist wohl bewusst, dass der berufliche Neustart ihr eine große Chance bietet. „In der Konstellation, wie ich bisher in Vorpommern gearbeitet habe, wäre es nicht weitergegangen“, deutete sie ihre Beweggründe, das Angebot aus Neubukow, das mehrmals an sie herangetragen wurde, schließlich angenommen zu haben.
Beruflich, wie privat werde sie sich mit 58 Jahren noch einmal neu einrichten. Eine Wohnung in einem Pfarrhaus, unweit ihrer neuen Wirkungsstätte, stehe bereit, die Umzugskartons seien gepackt. „Hoffentlich geht alles gut. Die Coronasituation ist ja in allen Lebenslagen zu beachten, auch bei einem Umzug“, sagte Gerlind Reschke. Wer sie allerdings kennt oder sie auf den letzten Trantow-Moment noch kennenlernen durfte, der ist sich ziemlich sicher, ihr tiefer Glauben und auch die Erfahrungen, die sie in 20 Jahren hochmotivierten Einsatzes für die Kirchengemeinde Gülzowshof gesammelt hat, werden ihr Stärke verleihen. Alles Gute, Gerlind Reschke!