Gemüse-Gärtner

Hohe Preise im Supermarkt? Immer mehr Selbstversorger

Jarmen / Lesedauer: 4 min

Die Preise bei Lebensmitteln steigen drastisch. Dass der private Gemüse-Anbau auch deshalb boomt, freut wiederum die Gärtnereien, die jetzt in die Saison starten.
Veröffentlicht:01.05.2022, 07:35

Von:
  • Stefan Hoeft
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Dass viele Vorpommern das Gärtnern als Hobby oder gar als wichtigen Beitrag zur eigenen Ernährung für sich wiederentdecken, ist schon seit einiger Zeit zu beobachten. Doch die Corona-Pandemie scheint diesen Trend verstärkt zu haben, und nun gibt es offenbar zusätzlichen Rückenwind durch die Inflation, wie Frank Vorpahl berichtet, Juniorchef des gleichnamigen Gartenbaubetriebes in Jarmen.

Saison für Hobby-Gärtner startet

Das seit mehr als drei Jahrzehnten existierende Familienunternehmen zieht als eines von wenigen im Nordosten viele Blumen- und Gemüsepflanzen noch selbst – vom Samenkorn, Sämling oder Steckling an, in der Regel mit einem mehrmaligen Umtopfen und häufig in Handarbeit. Und gerät daher nun mit dem Anstieg der Temperaturen wieder zunehmend in den Blick der Hobbygärtner.

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Immer mehr junge Leute

Wobei sich die Altersstruktur bei der Käuferschar gerade mächtig wandelt, wie der Experte erzählt. Zu den hiesigen älteren Generationen, die oftmals mit einem eigenen Garten groß geworden sind und die teilweise Versorgung mit eigenen frischen Früchten beibehalten haben, gesellen sich immer mehr junge Familien, die sich mit der Bestellung und Pflege von Beeten beziehungsweise heute öfter auch Kübeln ausprobieren. Aber keineswegs nur auf bestimmte Pflanzen oder Kleinstmengen beschränkt.

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„Gerade in den letzten zwei Jahren hat sich da viel verändert. Denn wenn man die Preiserhöhungen überall sieht, dann ist das auch von diesem Blickwinkel aus interessanter geworden.“ Für den Preis von wenigen Paprika und Gurken lässt sich schließlich locker die Aufzucht einer entsprechenden Pflanze realisieren. Mit einem vielfachen Ertrag, wenn alles gut geht, sowie dem Wissen, was dafür in die Erde beziehungsweise auf die Blätter und Früchte gekommen ist. Von daher steige das Interesse derzeit bei sämtlichem Kleingemüse, einschließlich vieler Kohlsorten.

Tomatensorten deutlich aufgestockt

Die Jarmener Firma hat zu Anschauungszwecken extra ein Hochbeet, wie es sich wachsender Beliebtheit erfreut, mit entsprechenden Jungpflanzen bestückt. Vor rund vier Wochen in die Erde gebracht, präsentieren sich die verschiedenen und durchaus eng gesetzten Sorten Salat dank des Standortes im Gewächshaus inzwischen so gut wie erntereif, selbst der Kohlrabi nimmt deutlich sichtbar Form an. „Das werden wir vorne in den Verkauf stellen, damit die Leute sehen, was so möglich ist.“

Mächtig aufgestockt hat er das Sortiment für 2022 bei den Tomatensorten, den Kundenwünschen angepasst hin zu mehr Cocktail-Varianten und pflaumenförmigen Exemplaren. Wobei einige der lange bewährten Züchtungen inzwischen noch verbessert wurden und daher nun teilweise andere Namen tragen müssen. „Das ist dann immer eine Herausforderung für den Verkauf, weil die Leute ja nach ihren alten Sorten schauen und dann vielleicht denken, so etwas gibt es nicht mehr.“

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Besondere Zwillings-Blume

Einen besonderen Blickfang hält der Gärtnermeister derweil in jenen Hallen bereit, welche die rund zweihundert Blumensorten des Unternehmens beherbergen. Dort entfaltet sich nämlich gerade auch die neue Pflanze des Nordens, die der Fachverband der Branche jedes Jahr kürt. Für 2022 fiel die Wahl da erstmals auf ein Duo: zwei verwandte Verbenen namens „Honey & Nanni“. Beide können zwar auch mal ohne einander, heißt es in der Beschreibung, aber am schönsten blühen sie zusammen im Beet, Kübel oder Balkonkasten. Mit ihrem feinen, an Honigsüße erinnernden Aroma versprühen die beiden Verbenen-Zwillinge – insbesondere im Sonnenschein – einen zarten Duft. Sie kommen aber auch im Halbschatten zurecht. Dank ihrer zarten Pastelltöne passen sehr viele andere Blütenfarben zu „Honey & Nanni“, sprich, es lassen sich schöne Kontraste und jede Menge Kombinationen mit ihnen erzielen.

Für sie wie den Rest der ganzen Pflanzenschar gilt derweil die Warnung des Experten vor zu viel Wagemut beim Ausbringen in die freie Natur. Gegenwärtig seien immer noch leichte Morgenfröste möglich, so Frank Vorpahl. So dass die Hobbygärtner erstmal mit dem Gewächshaus oder geschützten Lagen vorlieb nehmen sollten. Oder für eine Abdeckung während der Nacht sorgen. „Das sind ja eigentlich alles Warmhauspflanzen. Wir härten die bei uns zwar für das Freiland ab, doch das kann nicht alles ausgleichen. Schon gar nicht Frost.“

Selbst ohne Minusgrade sollte Vorsicht walten, empfiehlt der Gärtnermeister trotz des traditionell zum letzten April-Wochenende stattfindenden offiziellen Startschusses in die neue Beet- und Balkonpflanzen-Saison. Denn viele Jungpflanzen würden auf einen zu starken Temperatursturz regelrecht mit einem Schock reagieren, das Wachstum vorübergehend einstellen. Bis sich Gemüse davon erholt hat, könne es so lange dauern, dass es von mehrere Wochen später ausgesetzten Exemplaren überholt wird. Etwas Geduld kann sich hier also buchstäblich auszahlen.