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Kritik am Rettungskonzept

Kam beim A20-Unfall bei Jarmen schnell genug ausreichend Hilfe?

Jarmen / Lesedauer: 3 min

Kein Rettungshubschrauber verfügbar und weitere medizinische Verstärkung erst nach rund einer Dreiviertelstunde: Der jüngste schwere Unfall auf der A 20 bei Jarmen hat einige Fragen hinterlassen.
Veröffentlicht:30.04.2019, 07:59

Von:
  • Stefan Hoeft
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Der Landkreis Vorpommern-Greifswald hat sich irritiert über Vorwürfe gezeigt, dass im Ernstfall nicht ausreichend medizinische Rettungsmittel bereitstehen, um bei einem schweren Verkehrsunfall in einer etwas abseits gelegenen Region wie Jarmen allen zügig zu helfen. Ausgangspunkt für entsprechende Nachfragen ist der jüngste folgenreiche Unfall auf der A 20 nahe Jarmen, bei dem am Freitagnachmittag sechs Personen verletzt wurden, drei davon schwer.

Dort waren gegen 14.10 Uhr unmittelbar hinter der Auffahrt Richtung Rostock bei einem Überholmanöver zwei Pkw kollidiert, kurz danach verursachte ein Lkw im Stau dahinter einen Folgeunfall, bei dem er zwei weitere Autos und deren Insassen in Mitleidenschaft zog.

Hubschrauber zunächst nicht verfügbar

Als um 14.11 Uhr die Polizei Neubrandenburg der hiesigen Leitstelle meldete, dass sich ein Auto überschlagen habe, schickte diese umgehend den Jarmener Rettungstransportwagen (RTW) und ein Notarztfahrzeug aus Greifswald los, weil der in der Universitätsstadt stationierte Rettungshubschrauber „Christoph 47“, der als primärer Zubringer eines solchen Mediziners gilt, anderweitig im Einsatz war. Von daher musste die nicht mal fünf Minuten bis zum Eintreffen benötigende RTW-Besatzung noch fast eine Viertelstunde auf ärztliche Unterstützung warten.

Bis zum Erscheinen einer zweiten Notärztin verging insgesamt sogar mehr als eine Dreiviertelstunde, der nächste Rettungswagen kam kaum schneller an. Gegen 15 Uhr schwebte dann „Christoph 64“ aus dem brandenburgischen Angermünde mit einem weiteren Notarzt ein, eine Weile darauf folgte noch sein Greifswalder Pendant.

Nicht erste derartige Situation für Jarmen

Bis dahin gingen einige speziell ausgebildete Feuerwehrleute den Experten in Weiß zur Hand, der für die Eigensicherung gedachte Krankentransportwagen (KTW) der Jarmener Löschtruppe diente ebenfalls als Aushilfe. Und brachte anschließend sogar ein Patienten-Duo zur weiteren Behandlung. Ein Umstand, der auf der Facebook-Seite der Brandbekämpfer einen recht sarkastischen und kritischen Einsatzbericht nach sich zog: „Da, welch Überraschung, die Anzahl der Verletzten die Infrastruktur des Kreises zum wiederholten Mal an die Grenzen führte, wurden zwei der Verletzten mit unserem KTW in ein Krankenhaus nach Neubrandenburg verbracht“, hieß es.

Immerhin wurden die Jarmener nicht zum ersten Mal mit so einer Situation konfrontiert. Mitte September etwa dauerte es bei einem morgendlichen Unfall mit zwei Schwerverletzten an der innerstädtischen L 35-Kreuzung rund eine halbe Stunde, bis ein RTW zur Verfügung stand, glücklicherweise konnte wenigstens der in der Nähe wohnende Notarzt schnell einspringen.

„Derart lange Eintreffzeiten des Notarztes sind die Ausnahme“, hieß es in der Stellungnahme des Landratsamtes Vorpommern-Greifswald. Pressesprecher Achim Froitzheim verwies darauf, dass die Einsatzkräfte ausgebildet seien, den Mann „im Rahmen der Load-go-and-treat-Strategie“ zu versorgen und so schnellstmöglichst ins nächste Trauma-Zentrum zu bringen.

Landkreis weist Vorwürfe zurück

Im jüngsten Fall an der A20 handelte es sich zwar um eine etwas andere Situation, gleichwohl weist seine Sprecher-Kollegin Anke Radlof auch hier Vorwürfe zurück, die ein Versagen des regionalen Rettungskonzeptes implizieren. Als die Leitstelle ihre erste Order auslöste, war die Lage nämlich noch unklar und von einem einzelnen Crash die Rede. Erst nach Sichtung des RTW aus Jarmen kam das Signal, dass noch mehr Fahrzeuge involviert und mehrere Personen verletzt worden seien.

Daraufhin seien drei weitere RTW – zwei aus Greifswald und einer aus Altentreptow – in die Spur geschickt worden. „Zusätzlich wurde parallel durch das zweite Notarzteinsatzfahrzeug aus Greifswald die Leitende Notärztin alarmiert und ebenfalls zur Einsatzstelle entsendet.“ Vor allem diese Verzögerung bei der Alarmierung und der Anfahrtweg verursachten das lange Warten an der Unfallstelle auf Verstärkung.