Literaturreihe

Malende Autorin eröffnet Loitzer Lesesommer

Loitz / Lesedauer: 5 min

Loitz ist für eine gebürtige Hamburgerin mehr als nur eine kurze Station. Brigitte Bosch hat sich in Windeseile Möglichkeiten geschaffen, um in der Peeneregion aktiv mit dabei zu sein.
Veröffentlicht:11.08.2022, 11:04
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Von:
  • Author ImageUlrike Rosenstädt
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In Sachen Abschied und Rückkehr, in Sachen Lebenslinien, die alles andere als gradlinig verlaufen sind, haben auch Loitzer einiges zu bieten. Die Geschichte der Brigitte Bosch, einer Malerin und Autorin, die seit 2021 in der kleinen vorpommerschen Stadt an der Peene lebt, toppt nicht alles, das zu behaupten wäre wohl zu übertrieben, aber spannungsgeladen ist sie wohl.

Peenetal statt Frankreich

Denn wie die Hanseatin jetzt in einem Gespräch mit dem Nordkurier erzählte, hatte sie bereits ein bisschen mehr als sieben Sachen zusammengepackt, um sich auf den Weg von Schleswig Holstein nach Frankreich zu machen. In eine Region, in der ihre beste Freundin mit Familie lebt, in eine Region, die, wenn sie die ersten Silhouetten am Horizont erkennt, ihr Herz so weit öffnet, dass es ihr vor Glück fast den Atem raubt.

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Doch dann passierte, womit keiner rechnen konnte. Die Corona-Epidemie stellte das Leben aller und somit auch das von Brigitte Bosch komplett auf den Kopf und durchkreuzte, spätestens mit der Schließung der Grenzen zwischen Frankreich und Deutschland ihre Umzugspläne radikal. „Da stand ich nun, nichts ging mehr. Aber ich hatte mein Zuhause aufgegeben, war ja entschlossen wegzugehen, um in mein sehr kleines Haus in Frankreich zu ziehen“, sagte Brigitte Bosch, als wäre das alles gar nicht so schlimm gewesen. Doch dieser Eindruck trügt. Sie hat schließlich inzwischen Zeit gehabt, um zu verkraften, dass alles ganz anders kam, als geplant.

Gleich ein gutes Gefühl

Wer ihre Geschichte das erste Mal hört, gerät schon ins Staunen. Immerhin ist die sympathische ehemalige Lehrerin, eine gebürtige Hamburgerin, Jahrgang 1951. Der Höflichkeit wegen bleibt das Alter an dieser Stelle unausgesprochen. Betont sei aber der Respekt vor so viel Lebensmut, Furchtlosigkeit und Bereitschaft, noch einmal völlig neu anzufangen. „Ich kenne keine Angst. Ich war Lehrerin, habe eine Zeitlang meine drei Kinder alleine großgezogen, habe mich immer mit Menschen umgeben, die auch bereit waren, etwas zu wagen, neue Wege zu gehen. Ich habe in Bad Oldesloe 1990 eine Schule mitbegründet, 2014 erhielten wir den Schulpreis“, erzählte sie.

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All diese Fakten sprechen zweifelsfrei für sich und erklären, warum Brigitte Bosch quasi auf ihrem Weg nach Frankreich in Loitz „gestrandet“ ist. „Ich bin umhergefahren, weil ich mir einen Hund, einen Welpen, angeschafft habe. Dabei habe ich mir die Gegend in Mecklenburg und Vorpommern angesehen, kam auch durch Loitz. Hier hatte ich gleich ein gutes Gefühl. Also blieb ich. Mietete mir eine kleine Wohnung, in der ich mit meinem Hund einziehen konnte.“ Klingt ganz einfach. Klingt aber auch ein bisschen mutig. „Wie gesagt, Mut ist das wohl nicht. Ich bin so“, entgegnete die Künstlerin.

Lesung aus Roman

Wer Brigitte Bosch kennenlernt, der versteht, was sie damit meint. Die Malerin, die ihre Bilder übrigens auch in Rom und Florenz ausstellt, vernetzte sich in der Peeneregion schnell, schuf sich in einem Teil einer alten, einst landwirtschaftlich genutzten Baracke in Sophienhof ein Atelier, um dort Pfingsten 2022 an der Aktion Kunst:Offen mitzumachen. Beim dritten Loitzer Kunst- und Sockenmarkt präsentierte sie ihre Bilder und ihr Buch. Ja, Schreiben, im Sinne von Geschichten erzählen, kann sie auch und das so gut, dass sie beim Loitzer Lesesommer, den der Dramaturg Jens Becker organisiert, die erste Lesung übernimmt. Dabei liest sie Auszüge aus ihrem Roman „Im Irgendwo der Jahre“, der 2019 erschienen ist.

Erzählt wird eine deutsche Geschichte, zeitlich angesiedelt zwischen 1900 und 1924. „Es ist der erste Teil. Der zweite ist in Arbeit und wird voraussichtlich 2023 erscheinen“, kündigte Brigitte Bosch an. Sie freue sich auf die Lesung, auf das Gespräch im Anschluss.

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Aktionstage zum Mitmachen

Mit all diesen Aktivitäten, dem Schreiben, Malen, dem sich am gesellschaftlichen Leben beteiligen, sind also diese, die nächsten und übernächsten Tage der Autorin in der vorpommerschen Provinz voll ausgefüllt. Und was ist aus ihren Frankreichplänen geworden? „Ich werde hoffentlich noch in diesem Jahr zu meinen Freunden, in mein kleines Häuschen dort fahren. Alles zu seiner Zeit. Ich werde sehen“, sagte sie.

Es ist leicht vorstellbar, dass sie sich eines Tages spontan ins Auto setzt, um ihren rund 1800 kilometerweit entfernten Sehnsuchtsort anzusteuern. Andererseits spricht viel dafür, dass Brigitte Bosch hier in der Region die Farben des kommenden Herbstes genießt, denn nach der Lesung am 14. August stehen weitere Termine an, wie ein Tag der offenen Tür in ihrem Atelier „Schöpfwerk“ in Sophienhof, am 21. August, von 11 bis 16 Uhr, oder zwei Aktionstage im Garten am Gutshaus in Waldberg bei Demmin, in dem sie unter dem Motto „Farben und ihre Wirkung“ Jung und Alt zum Mitmachen einlädt, um nur einige ihrer Termine schon mal genannt zu haben, einige von einer langen Liste der sehr agilen, lebensbejahenden Frau. Klingt ganz so, als müsste Frankreich noch ein bisschen warten.