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Junge Norddeutsche Philharmonie

▶ Rund um Schloss Broock spielt derzeit die Musik

Broock / Lesedauer: 5 min

Rund um Schloss Broock wird derzeit geprobt, ein Konzertrepertoire erarbeitet, über Kultur diskutiert und nicht zuletzt die herrliche Natur des Tollensetals genossen.
Veröffentlicht:28.07.2021, 07:38

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Ein Posaunist am Feldrand, eine Geigerin mit Notenständer mitten in einer Zeltstadt, eine Querflötenspielerin im Schatten von altehrwürdigen Bäumen – diese Momente, die gerade auf dem Broocker Schlossgelände zu erhaschen sind, machen berechtigt Hoffnung. „Was hier gerade geschieht, ist wirklich ein Vorgeschmack auf das, was Broock künftig sein soll, ein Konzert- und Veranstaltungsort mitten im schönen Tollensetal.“

Dem Architekten und Schlosseigentümer Stefan Klinkenberg war am zurückliegenden Sonntag deutlich anzumerken, dass ihm sehr gefiel, was er sah und hörte. Denn die Musiker, die sich im Rahmen des Sommercamps der „jungen norddeutschen philharmonie“ (jnp), zusammengefunden haben, präsentierten sich bei einer öffentlichen Probe stimmgewaltig – im übertragenen Sinne. Ihre Instrumente tanzten, riefen, schmeichelten, begegneten den Zuhörern als sensible und gleichzeitig kämpferische Geschichtenerzähler. Sie präsentierten ihrem Publikum Stücke von Komponisten aus Frankreich, Amerika,Tschechien und mit Schostakowitsch schließlich auch aus Russland.

Das Orchester setzt sich aus Studierenden von Hochschulen aus ganz Deutschland zusammen: München, Weimar, Leipzig, Rostock, um nur einige Beispiele zu nennen. Bei der öffentlichen Probe am Sonntag wurde schnell deutlich, die jungen Musiker gehören schon jetzt zu den Besten. Sie wurden in ihrem Spiel von dem Dirigenten nicht allzu oft unterbrochen. So erlebten die Zuhörer – fast – ein kleines Konzert zur Kaffeezeit.

Einige Besucher hatten sich ergänzend zum Kunst- auch um kulinarische Genüsse gekümmert. Allerdings waren auch die unermüdlich fleißigen Damen aus der Region, die schon jetzt in der Aufbauphase die Schloss Broock-Kulturinitiativen tatkräftig unterstützen, hinter dem Tresen in der Reithalle bemüht, alle Gäste mit Kaffee und erfrischendem Eis zu versorgen. Dieses Zusammenspiel vieler freundlicher Faktoren erinnerte an die alten Zeiten, die durch historische Fotografien belegen, dass in Broock schon vor Jahrhunderten gern Feste gefeiert, Geselligkeit genossen wurde.

Nach der ersten von insgesamt drei Probencamp-Wochen, die die „junge norddeutsche philharmonie“ gerade in Broock bestreitet, haben sich 70 Musiker/innen auf diese besondere Atmosphäre, die das im Wiederaufbau befindliche Schloss verströmt, eingelassen. „Nachdem in den ersten Tagen viele grundsätzliche Fragen zum Ablauf unter Corona-Hygienebedingungen zu klären waren, merkt man jetzt den meisten an, dass sie die unmittelbare Nähe zur Natur hier genießen, sie zur Inspiration nutzen“, weiß jnp-Geschäftsführer Konstantin Udert.

Er lobte die gute Zusammenarbeit mit dem Projekt-Team Schloss Broock. Er ist zudem sehr dankbar, dass in Kooperation mit dem Kulturverein Schloss Broock und der „jungen norddeutschen philharmonie“ dieses Sommer-Proben-Projekt zustande gekommen ist. „350 junge Musiker hatten sich um die Teilnahme an den drei Orchesterproben-Wochen in Broock beworben. 70 können mit dabei sein und ich kann schon heute sagen, dass sie Vorpommern, die Region an der Grenze zur Mecklenburgischen Seenplatte, in ihr Herz geschlossen haben“, sagte Konstantin Udert.

Generalprobe fürs Festival

Nicht allein die Orchestermitglieder, auch Musiker des DETECT-Ensembles – als Bestandteil der jnp – sind derzeit in Broock. Schon in wenigen Tagen, nämlich am 30. und 31. Juli, ist das DETECT-Festival, auf dem Gelände des Flughafens Neubrandenburg/Trollenhagen live zu erleben. Präsentiert wird Musik, bei der im Zusammenspiel mit Orchestermusikern und DJs klassische und elektronisch erzeugte Klänge ineinanderfließen. Das ist immer wieder aufs Neue ein Experiment, auf das sich auch in diesem Jahr Akteure und Publikum einlassen. Eintrittskarten gibt’s auch über die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern, denn DETECT ist Bestandteil des aktuellen Klassik-Festival-Programms.

Wer am Sonntag in Broock zu Gast war, konnte all diese 70 talentierten Musiker schon einmal kennenlernen. Deren Spiel war aber nicht das einzige, was der Sommer-Sonntagnachmittag zu bieten hatte: Nach dem kleinen Ausflug für die Sinne, ging’s in einer Gesprächsrunde zum Thema „Kulturregion Tollensetal“ um das Thema Kultur als zunehmend wichtiger Lebens- und Wirtschaftsfaktor in der Region.

Kultur-Akteure aus der unmittelbaren Umgebung waren zum gegenseitigen Kennenlernen und zum Austausch eingeladen. Unter ihnen war auch der Alt Telliner Bürgermeister Frank Karstädt, der den Saal seines Landgasthofes Storchenbar aktuell als Probenort zur Verfügung stellt. Ob Pastor, Bürgermeisterin von Kruckow, Vertreter von Theatern, Burg-Retter, Herausgeber einer Zeitung, Gründer eines mobilen Büchertreffs, sie alle nutzten die Gelegenheit, sich und ihre Aktivitäten ausführlich vorzustellen. Was leider dazu führte, dass die Zeit für eine Diskussion nicht mehr ausreichte.

Doch immerhin wurden Kontaktdaten ausgetauscht, um die Netzwerkarbeit weiter anzukurbeln. „Noch mehr Zusammenarbeit liegt uns sehr am Herzen. Diesen Zusammenhalt braucht Schloss Broock“, bedankte sich Stefan Klinkenberg. Für den Schloss-Retter und den Moderator der Runde, jnp-Geschäftsführer Konstantin Udert, dürfte es sicher interessant gewesen sein zu erfahren, wie viele Freigeister und Kulturfreunde im Tollensetal aktiv sind.

Zu Wort kam auch ein Gast aus dem benachbarten Peenetal. Der Klangkünstler und Ballhaus-Gastgeber Peter Tucholski war zu diesem Treffen Kulturschaffender ebenfalls eingeladen. Eines wurde bei diesem Probelauf deutlich: Broock und die Kultur, das passt zusammen wie das neue Dach aufs alte Schloss. Nicht nur die „junge norddeutsche philharmonie“ wird sicher an den Ort, an dem diese besondere Stimmung von Aufwachen und Neubeginn in der Luft liegt, zurückkehren.