StartseiteRegionalDemminTarifstreit in Demminer Klinik — Geld–Krimi im Landkreis

Krankenhaus

Tarifstreit in Demminer Klinik — Geld–Krimi im Landkreis

Demmin / Lesedauer: 4 min

Das Demminer Krankenhaus hatte zuletzt mit vielen Problemen zu kämpfen. Der Kreistag gewährte wiederholt Kredit. Wie blicken Kreispolitiker auf die steigenden Kosten?
Veröffentlicht:08.05.2023, 05:58

Von:
  • Robin Peters
Artikel teilen:

Mehr als nur Klatschen: Auch die Beschäftigten im einzigen Krankenhaus in Trägerschaft des Landkreises Seenplatte wollen nicht nur Corona–Applaus für ihre Arbeit, sondern ein Plus in der Lohntüte. Das machten sie gerade erst in einem Warnstreik deutlich. Doch die von der Gewerkschaft Ver.di geforderte Rückkehr der Demminer Klinik zum Flächentarif schon im nächsten Jahr dürfte mancherorts für Kopfzerbrechen sorgen. Schließlich sind die Finanzprobleme des Hauses und ebenso die klamme Kasse des Landkreises kein Geheimnis.

Der Hintergrund: Landkreis muss Millionendefizit bei Klinik in Demmin schließen

Blick geht zum Gesetzgeber nach Berlin

Die Kreistagsparteien verfolgen den Tarifstreit deshalb mit besonders aufmerksamem Blick. Auf der einen Seite müsse das Kreiskrankenhaus konkurrenzfähige Gehälter zahlen, um wettbewerbsfähig zu sein, sagt Tilo Lorenz, Vorsitzender der CDU–Fraktion. Auf der anderen Seite sei die staatlich festgelegte Finanzierung der Krankenhäuser alles anders als auskömmlich und berücksichtige nicht die Belange des ländlichen Raums mit geringer Bevölkerungsdichte und spezieller Demografie. „Vor dem Hintergrund der im Grundgesetz festgeschriebenen Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse fordern wir den Gesetzgeber auf, schnellstmöglich nachzubessern.“ Die Positionen der Tarifparteien will seine Fraktion wiederum nicht bewerten. Das stehe ihr nicht zu.

Nach Einschätzung von SPD–Fraktionschef Roman Oppermann darf mit einer zu zögerlichen Bereitschaft nicht das Gefühl der Wertschätzung unter der Belegschaft verspielt werden. Die nächsten Kliniken in Neubrandenburg oder Greifswald seien nicht weit weg. Und längere Fahrzeiten seien die Mecklenburger gewohnt, das halte sie nicht davon ab, zu einem besser zahlenden Arbeitgeber zu wechseln. „Wir sind am Zug, nicht die Mitarbeiter.“

Die Tarifangleichung hätten sich die Mitarbeiter verdient, sie sei unvermeidlich, so Oppermann. Es müsse daher eine klare Perspektive aufgezeigt werden, wann die hundert Prozent erreicht würden — und das auf jeden Fall vor dem ursprünglich vereinbarten Termin.

Auch die Grünen halten eine schnellstmögliche Angleichung an den Flächentarifvertrag für zwingend notwendig, um die Chance auf Fachpersonal zu erhalten. „Demmin ist sicherlich im Bundes– und Landesvergleich für Krankenhausfachpersonal kein Premium–Standort, und dann muss die Bezahlung stimmen“, so FraktionsChef Falk Jagszent. 

„Die Pflegekräfte und Mediziner machen die gleiche gute Arbeit wie in anderen Häusern“, betont auch Robert Schnell, Vorsitzender der AfD–Fraktion. Deshalb sei nicht zu rechtfertigen, dass sie weniger verdienen als beispielsweise in Neubrandenburg.

Auch die Fraktion der Freien will sich nicht gegen eine Tarifangleichung stellen. Laut ihrem Vorsitzenden Toralf Schnur muss jedoch die Finanzierung des Hauses auf den Prüfstand gestellt werden. Es sei durchaus auffällig, dass viele Häuser in privater Hand besser dastehen oder andere Möglichkeiten der Quersubventionierung hätten. Sollte der Verbleib in öffentlicher Trägerschaft angestrebt werden, müssten zumindest weitere Kooperationsmöglichkeiten sondiert werden.

Auch Roman Oppermann plädiert für eine Untersuchung, ob alle Synergien bereits ausgeschöpft sind. Ein Wechsel in private Hand ist für ihn hingegen keine Option. Zum einen werde sich wohl vor der Krankenhausreform der Bundesregierung kein Träger für eine Übernahme bereit erklären. Zum anderen sei eine höhere Wirtschaftlichkeit in privater Hand durchaus fraglich. Nach Oppermanns Meinung kann mit dem Kreiskrankenhaus Demmin bewiesen werden, dass eine Klinik in öffentlicher Hand funktioniert. Dafür muss nach Einschätzung von Robert Schnell aber die Auslastung hochgeschraubt werden. Das sei der Dreh– und Angelpunkt. Ständig mehr öffentliches Geld hineinzupumpen, sei keine Lösung.

Kommunale Trägerschaft wird als richtig angesehen

„Die neoliberale Durchökonomisierung hat viele Probleme erst geschaffen und dann verschärft, dass die öffentliche Trägerschaft im Grundsatz richtig ist und bleibt“, findet auch Falk Jagszent. „Es kann nicht sein, dass Krankenhäuser Gewinn machen müssen, um existieren zu dürfen.“ Aus Sicht der CDU–Fraktion ist die Frage, ob ein Krankenhaus in öffentlicher oder privater Hand liegt, gar zweitrangig. „Gerade die jüngsten Erfahrungen in der Hochphase der Pandemie haben uns einmal mehr deutlich vor Augen geführt, wie wichtig diese Kapazitäten für die gesundheitliche Versorgung der Bürgerinnen und Bürger in der nördlichen Region unseres Landkreises sind“, so Tilo Lorenz. Oberste Priorität habe der Erhalt des Standortes. Deshalb müsse der Gesetzgeber auch die ausreichende Finanzierung kleiner Häuser auf dem Land sicherstellen.