Raser-Problem

Tempo 30 in Neu Tellin nimmt kaum einer für voll

Neu Tellin / Lesedauer: 4 min

Weil eine Extra-Beschilderung von der Verkehrsbehörde abgelehnt wird, setzt die Gemeinde gegen die Raserei durch Neu Tellin nun auf eine genehmigungsfreie Alternative.
Veröffentlicht:11.01.2022, 19:02
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  • Author ImageStefan Hoeft
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Der Ortsteil Neu Tellin gehört zu den kleinsten der Gemeinde Alt Tellin, was die Bevölkerungszahl betrifft. Schließlich existieren dort lediglich sechs Höfe in erster Reihe, die sich auf vier „Inseln“ verteilen, ringsherum umgeben von Ackerland. Hinzu kommt etwas nach Norden versetzt die ehemalige Schäferei, heute weithin bekannt als Domizil der Töpferei Löber. Doch die besagten vorderen Wohngrundstücke reihen sich wie eine lückenhafte Perlenkette entlang der Straße von Alt Tellin zum Ostner Wald auf, die später Richtung Schmarsow, Tollense oder Vanselow weiterführt. Und sorgen mit den großen Abständen zwischen ihnen dafür, dass diese Siedlung trotzdem die längste Ortsdurchfahrt in der Kommune vorweist – deutlich mehr als 800 Meter.

Lärm und Gefahr für Anwohner

Wohl auch, weil diese Strecke eben so spärlich bebaut daherkommt, scheint sie Wagenlenker zum schnellen Fahren zu animieren. Egal, ob der Anfang der 1990er-Jahre vor allem über das Förderprogramm für den ländlichen Wegebau finanzierte Asphalt hier nur mit rund 3,5 Meter Breite daherkommt und der benachbarte Sommerweg immer wieder tückische Löcher aufweist. Es scheint, als wollten alle möglichst rasch an Neu Tellin vorbeihuschen – vom Kleinwagen bis zum viele Tonnen schweren Lkw. Mit entsprechendem Lärmpegel und Gefahren für die Anwohner.

Von daher plante die Gemeinde, von beiden Seiten unmittelbar vor den ersten Grundstücken ein Verkehrszeichen „30“ anbringen zu lassen. Denn Neu Tellin besitzt keine gelben Eingangs- beziehungsweise Ausgangstafeln, wie sie bei geschlossenen Ortschaften vorgesehen sind – verbunden mit einer Tempo-Beschränkung auf 50 Kilometer pro Stunde. Stattdessen markieren hier die selteneren grün-gelben sogenannten Ortshinweistafeln die Bebauung. Und die bedeuten keinerlei Geschwindigkeitslimit. Die Straßenverkehrsbehörde Vorpommern-Greifswalds als Genehmigungsstelle hat das aber abgelehnt, wie Bürgermeister Frank Karstädt den Abgeordneten jetzt mitteilen musste.

Auch ohne Schild sind 30  km/h das Maximum

Hintergrund ist der Status dieser Verkehrsverbindung als ländlicher Wegebau, der von vornherein nur Tempo 30 erlaubt. Von daher sei keine weitere Beschilderung nötig, argumentiere das Landratsamt. Zumal es im Vorfeld der Ortschaft sogar schon solche 30er-Tafeln gibt. Die eine befindet sich von Richtung Westen kommend an der Kreuzung im Ostner Wald, die andere normalerweise hinter dem Alt Telliner Dorfausgang. Letzteres ist zwischenzeitlich verschwunden, so Karstädt, nun aber bereits nachbestellt.

Während sich indes von seinem Standort durchaus Neu Tellin bereits entdecken lässt, sieht es mit dem Schild im besagten Wald anders aus: Rund eineinhalb Kilometer und eine scharfe Biegung trennen es von der Siedlung, da könnte das Geschwindigkeitslimit schon mal in Vergessenheit geraten. Nach Aussage des Bürgermeisters sei aber zugesichert, dass die Polizei jetzt mit Kontrollen daran zu erinnern hilft.

Sommerweg wird wohl ein Ärgernis bleiben

Allerdings will es die Kommune nicht bei diesen Schritten belassen, sondern noch zwei Anzeigetafeln ordern, die zu „Freiwillig 30“ auffordern. Und sie direkt an der Ortlsage Neu Tellin montieren. Damit nutzt sie einen mittlerweile auch am Peene- und Tollenseteil beliebten Kniff, um die Verkehrsbehörde zu umgeben. Weil es sich bei diesen Tafeln nicht um offizielle Verkehrsschilder handelt, dürfen sie ohne die entsprechende Anordnung aus dem Landratsamt aufgestellt werden. Vorgemacht haben dies beispielsweise schon die Gemeinde Bentzin am Zarrenthiner Lindenweg und die Gemeinde Görmin an der Landesstraße durch Passow.

Thema wurde in dem Zusammenhang auch noch einmal der Zustand des besagten Sommerweges, der trotz mehrfacher Ausbesserungsaktionen in der Vergangenheit über all die Jahre ein Ärgernis geblieben ist. „Es sollen jetzt noch mal die Löcher aufgefüllt werden“, kündigte der Bürgermeister an. Er klang dabei aber wenig zuversichtlich, da etwas Dauerhaftes zu erreichen: „Wir haben das immer wieder verschoben und eigentlich den richtigen Zeitpunkt verpasst.“