Verchen

Verchens Gemeindevertreter schmeißen hin

Verchen / Lesedauer: 3 min

Am Kummerower See rumpelt es gewaltig. Auf einen Schlag hat ein Großteil der Gemeindevertretung inklusive des Bürgermeisters das Mandat abgegeben. Warum?
Veröffentlicht:09.07.2021, 12:40
Aktualisiert:06.01.2022, 21:59

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Die Schaukästen in den Gemeinden des Demminer Landes dienen im Allgemeinen dazu, den Bürgern auf kurzem Weg Informationen zum Leben im Ort bereitzustellen. Von der Veranstaltungsankündigung bis zu amtlichen Bekanntmachungen bergen die Aushänge jedoch gemeinhin wenig politische Sprengkraft. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel. So wirbelt ein einfacher A4-Zettel in Verchen am Kummerower See mächtig Staub auf und stellt die kommunale Arbeit vor das Aus.

Nur zwei Sätze haben dafür gereicht. Entscheidend ist der erste: „Liebe Verchenerinnen, Liebe Verchener, aufgrund wiederholter Angriffe gegen Mitglieder der Gemeindevertretung hat die Mehrheit der Gemeindevertreter/innen beschlossen, ihr Mandat mit sofortiger Wirkung niederzulegen.” Konkrete Angaben oder Unterschriften der Betreffenden fehlen jedoch.

Hintergründe der Rücktritte bleiben allerdings nebulös

„Aber der Fakt stimmt”, bestätigt Robert Beerbaum – jetzt ehemaliger Verchener Bürgermeister. Er selbst sowie vier weitere Gemeindevertreter haben ihren Hut genommen. Fünf der insgesamt sieben Plätze stehen damit leer. Übrig sind laut Internestseite des Ortes nur Detlef Gutjahr und Tillmann Schlosser. Zu den genauen Gründen will sich Beerbaum jedoch – mit Verweis auf laufende Ermittlungen – nicht äußern.

Fest steht: Die Polizei ermittelt in Verchen tatsächlich. Und Beerbaum selbst wird als Geschädigter geführt. „Am 2. Juli wurde dessen Pkw mit Steinen beschädigt”, so Polizeisprecherin Susann Ossenschmidt. Scheiben, Dach und Motorhaube wurden dabei in Mitleidenschaft gezogen. Tatverdächtige gebe es nach derzeitigem Stand indes nicht. Daher bittet die Polizei um Hinweise aus der Bevölkerung. Wer am fraglichen Tag zwischen 1.30 Uhr und 5.30 Uhr in der Verchener Ebereschenstraße auffällige Personen gesehen habe, werde gebeten sich bei der Demminer Polizei unter 03998 254224 oder der Internetwache www.polizei.mvnet.de zu melden.

Ähnliche Fälle gab es schon vorher

Ein ähnlicher Fall datiert sich auf den Juni des vergangenen Jahres. Hinzu kommt eine Sachbeschädigung am Wasserwanderrastplatz am 18. April 2021. „Wir haben nichts, was gegen die Gesundheit geht”, sagt Ossenschmidt. Auch gebe es keine Anhaltspunkte, dass ein Zusammenhang mit dem Amt des Bürgermeisters beziehungsweise Gemeindevertreters besteht.

Offen bleibt also, was genau es mit der Formulierung „Wiederholter Angriffe gegen Mitglieder der Gemeindevertretung” auf sich hat. Möglich sei laut Polizei, dass weitere Sachverhalte bislang nicht zur Anzeige gebracht wurden.

Klar dürfte allerdings sein, dass der umfassende Rücktritt ernsthafte Auswirkungen auf die Gemeinde mit sich bringen wird. Denn beschlussfähig ist Verchen unter diesen Voraussetzungen nicht mehr. Desweiteren werden die Bürger in absehbarer Zeit Wahlzettel in ihren Briefkästen finden. So regelt das Landeskommunalwahlgesetz in derartigen Fällen, dass Nachwahlen erforderlich sind. Denn Nachrücker über die sogenannten Listenplätze gibt es in der Gemeinde nicht. Der Grund: Bei der vergangenen Wahl 2019 waren alle Gemeindevertreter als Einzelbewerber angetreten.