Autokorsos in MV

Verkehrschaos bei Corona-Demo in Demmin bleibt aus

Demmin / Lesedauer: 4 min

Autofahrer aus ganz MV kamen nach Demmin, um bei mehreren Autokorsos gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. Dem Aufruf folgten mehr Teilnehmer, als angenommen.
Veröffentlicht:14.02.2021, 11:33
Aktualisiert:

Von:
  • Author ImageTobias Holtz
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Bereits eine halbe Stunde vor dem geplanten Start der ersten Protestfahrt reihten sich am Samstag im Minutentakt immer mehr Fahrzeuge in die lange Schlange am Demminer Bollwerk ein. Ein Großteil der Demonstranten, die sogar aus Rostock, Schwerin und der Müritzregion angereist waren, hatten an ihren Autos neben Friedensfahnen auch Schilder und Aufkleber angebracht, die vor einem befürchteten Impfzwang warnten oder sich gegen die von der Regierung angeblich betriebene Panikmache aussprachen. Aus den auf einigen Fahrzeugdächern befestigen Lautsprechern dröhnten dazu Anti-Corona-Songs wie „Du hast die Maske vergessen, mein Michael” oder „Corona Grün – Ich hab dich Husten gesehen”.

Allein zum ersten Korso fanden sich einer Polizeisprecherin zufolge 60 Teilnehmer in 45 Fahrzeugen ein, darunter auch mehrere Familien mit Kindern. Gegen 16.40 Uhr, mit mehr als einer halben Stunde Verspätung setzte sich die Pkw-Kolonne dann in Bewegung. Die Protestfahrt durch das gesamte Demminer Stadtgebiet stieß bei den Passanten auf ein geteiltes Echo. Während einige den Teilnehmern freundlich zuwinkten und Beifall klatschten, konnten andere bei dem Anblick nur mit dem Kopf schütteln. Bis zu 100 Zuschauer verfolgten die Aktion außerdem zeitgleich über einen eigens eingerichteten Livestream auf dem Youtube-Kanal „7 Türme Medien”. Dahinter verbirgt sich eine Initiative aus Rostock, die in den vergangenen Monaten schon etliche Corona-Demos mitgefilmt und ins Netz gestellt hat.

Mehr Teilnehmer als erlaubt

Gegen 18 Uhr sollte eigentlich schon der zweite Korso am Bollwerk losrollen. Allerdings waren es nun 107 Personen in 54 Fahrzeugen, die mitfahren wollten. Doch nur 100 Teilnehmer waren maximal erlaubt. In Absprache mit dem Organisator und Versammlungsleiter Martin Drechsel verzichteten vier Person freiwillig auf ihre Teilnahme. Ein weiteres Fahrzeug mit drei Insassen wurde wegen eines Verstoßes gegen die Corona-Landesverordnung durch Drechsel selbst von der Demo ausgeschlossen. Wie sich im Nachhinein herausstellte, hatte der Verdacht bestanden, dass die Insassen aus mehr als zwei Hausständen stammen. Ihnen war anscheinend nicht bewusst, dass die Kontaktbeschränkungen auch für Autofahrten gelten. Da dieser Vorfall eine ellenlange Diskussion nach sich zog, konnte die nächste Fahrt erst um 19.05 Uhr beginnen.

Insgesamt waren 21 Polizeibeamte im Einsatz, um die mobilen Protestaktion zu begleiten. Zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit mussten kurzzeitig einige Straßen und Kreuzungen gesperrt werden. Das zunächst befürchtete Verkehrschaos blieb aber aus. Auch sonst seien beide Autokorsos völlig störungsfrei und ohne besondere Vorkommnisse verlaufen, hieß es auf Nachfrage. Verstöße gegen die Maskenpflicht habe es nicht gegeben und das obwohl nur die wenigsten Teilnehmer in Demmin einen Mundschutz trugen. Wie kann das sein?

Wie ist das mit der Maskenpflicht?

In der Landesverordnung ist für Versammlungen pauschal eine Maskenpflicht vorgeschrieben. Ausnahmen für Autokorsos gibt es nicht – auch wer nur alleine im Fahrzeug sitzt, müsse sich demnach daran halten. Schon bei einem Autokorso durch Neubrandenburg vor zwei Wochen hatte diese Regelung nicht nur bei den Gegnern der Corona-Maßnahmen, sondern auch im Innenministerium für Irritationen gesorgt. Es gebe da schon Handlungsbedarf.

Wie Nordkurier-Recherchen ergaben, hatte das Ministerium agiert. In einem Schreiben vom 3. Februar, das an alle Versammlungsbehörden der Landkreises gegangen ist, wird explizit auf die Maskenpflicht bei Versammlungen hingewiesen. Demnach könne bei Autokorsos von der strengen Maskenpflicht für jeden einzelnen Teilnehmer abgewichen werden, wenn nur Personen des eigenen Hausstands im Fahrzeug sitzen. Kommt eine weitere hausstandsfremde Person dazu, müssten aber alle eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen.

Die geplante Kundgebung auf dem Markt fiel überraschend aus

Apropos rätselhaft. Die für 18 Uhr angemeldete Kundgebung auf dem Markt mit anschließendem Umzug durch die Stadt fand überraschenderweise nicht statt. „Der Initiator hat die Aktion aus persönlichen Gründen abgesagt. Mehr wissen wir auch nicht”, versicherten die Beamten. Torsten Klatt ließ sich stattdessen am Nachmittag beim Autokorso blicken. Der AfD-Mann habe sich nach der Ankündigung der Aktion viele Anfeindungen anhören mussen, wie er erzählte. „Vermutlich hätte es Gegenproteste gegeben. Da ich wusste, dass viele Eltern mit ihren Kindern dabei sein wollten, habe ich mich zum Schutz der Teilnehmer zu diesem Schritt entschieden”, betonte Klatt. Trotzdem gab es vereinzelt einige Demminer, die am Abend mit Fackeln oder Bannern in der Hand durch die Straßen zogen.