Bürgermeister-Interview
Was steht in diesem Jahr für Demmin an, Herr Witkowski?
Demmin / Lesedauer: 8 min

Welche Projekte und Ziele wollen Sie in diesem Jahr verwirklichen?
Da gibt es einiges. Wir haben zum Beispiel die Demminer Nachrichten neu layoutet. Die erste Ausgabe im Jahr 2022 erscheint somit in einem neuen Design. Die Weiterentwicklung des gesamten Themas Außendarstellung ist ein Ziel von mir. Aber auch der Strategieprozess ist ein Projekt, dem ich mich im neuen Jahr widmen möchte. Ob das gelingt, hängt aber nicht nur an mir. Ich brauche letztendlich die Landesregierung, die das fördert.
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Dann müssen Arbeitsgruppen gebildet und die Foren mit Inhalten bestückt werden, was ich mit einer großen Bürgerbeteiligung umsetzen möchte. Die Hochschule Neubrandenburg soll mit ins Boot, um den Prozess wissenschaftlich evaluieren zu lassen. Ich hoffe, dass wir dann in anderthalb Jahren ein Strategiepapier für Demmin entwickelt haben.
In diesem Zusammenhang ist auch das gesamte Thema der Jugendbeteiligung zu verorten. Mit dem Kreisjugendring bin ich bereits im Gespräch. Es gibt ein Programm von der Hertie-Stiftung, das sich genau dieser Thematik widmet. Wir wollen uns da als Stadt Demmin bewerben, vorbehaltlich des Votums des Hauptausschusses. Das wird eine ganz faktische Form der Jugendbeteiligung.
Eine zweite Geschichte diesbezüglich ist das Bundesprogramm „Demokratie leben“. Dafür werden wir werden uns für 2023 bewerben. Wichtig sind mir darüber hinaus die kleinen Schritte für die Außenwirkung Demmins. Das fängt bei den Blumentöpfen an. Dafür haben wir 50 000 Euro eingeplant, die man dann auch im Stadtbild sehen wird. Entscheidend ist zudem, dass die Sanierung der Straßen und Bürgersteige weitergeführt wird.
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Im Wahlkampf haben Sie für den Umbau des Hafens in eine touristisch attraktive Anlage geworben. Wann planen Sie, damit zu beginnen?
Die Pläne, die ich im Kopf habe, muss letzten Endes die Bauverwaltung umsetzen. Wir dürfen nicht vergessen, dass das Prozesse sind, bei denen auch die Stadtvertretung Mitsprache hat. Die ersten Schritte sind auch schon gemacht. Es gibt den Beschluss der Stadtvertretung. Daher werden wir jetzt das Beteiligungsverfahren mit allen Entscheidern und Firmen forcieren, um darüber zu diskutieren, was wir uns als Stadt vorstellen.
Ganz klar ist, dass wir nur den Rahmen setzen können. Wir können die Fläche gestalten, oder die Pflasterung verändern. Wir können auch ein B-Plan-Verfahren anstreben, um dann zu sagen: Wir wollen zum Beispiel Ferienhäuser, Ferienwohnungen oder Gastronomie. So weit sind wir aber noch nicht.
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Und was sind die Hürden, die dem ganzen Projekt im Weg stehen?
Die fangen ganz praktisch an. Wir haben unsere Stelle in der Verwaltung, die für Planung zuständig ist, nicht besetzt. Da müssen wir wirklich Fachkompetenz ins Rathaus bringen. Das Zweite ist, dass der Hafen im Moment noch in Nutzung ist. Wir können also nur abwarten, bis die HaGe Nordland AG ihren Sitz von dort in den Meyenkrebs verlegt.
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Das klingt, als würde die touristische Entwicklung allgemein ein wenig stagnieren. Woran liegt das?
Die große Schwierigkeit ist, dass wir es an vielen Stellen mit Naturschutzflächen zu tun haben. Einem touristischen Investor kann ich ganz schlecht Flächen anbieten, weil es an der Peene gar keine gibt. Das ist ein Thema, das wir auch in Ausschüssen diskutieren werden. Ich werde alle Möglichkeiten nutzen, die im politischen Raum zur Verfügung stehen, um das Thema auch bei der Landesregierung zu platzieren.
Denn es kann nicht sein, dass wir im regionalen Entwicklungskonzept als touristisches Entwicklungsgebiet beschrieben werden und gar nicht die Möglichkeit haben, uns zu entwickeln.
Aber man könnte den Investoren doch Haus Demmin anbieten, oder bleibt das jetzt erstmal Brache?
Nein, das bleibt überhaupt keine Brache. Der Starttermin mit dem Planungsbüro wird jetzt im Januar stattfinden. Und dann müssen die erst mal ins Arbeiten kommen. Es wird gerade untersucht, was an dem Standort möglich sein kann.
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Sie haben jetzt viel über ihre Zukunftspläne gesprochen. Was haben Sie denn bisher von dem erreicht, was Sie sich vorgenommen haben?
Ja die 100 Tage sind um! Also gelungen ist mir die Richtlinie für die Corona-Hilfen. Das sind 50 000 Euro, die wir für die Unternehmen in Demmin zur Verfügung stellen. Ich finde es wichtig, dass wir an der Stelle ein Signal setzen und sagen: Du bist so mit deinem Gewerbe von der Corona-Pandemie betroffen, wir helfen dir weiter.
Ich habe zudem wahnsinnig viele Gespräche geführt. Mit unseren Vereinen, mit Netzwerkpartnern, mit den Schulleitungen und mit Gewerbetreibenden. Ich möchte ansprechbar sein. Und das habe ich auch in den ersten Monaten ganz stark forciert. Bis mich leider Gottes Corona ein Stück weit ausgebremst hat. Aber wenn es wieder möglich ist, werde ich das auch weiterhin so machen.
Im Wahlkampf haben Sie ihre Rolle als Vermittler und Gesprächspartner betont. Wie läuft die Bürgersprechstunde? Kommen auch Bürger auf Sie zu?
Ja, es kommen immer mal Bürger auf mich zu. Die Bürgersprechstunde läuft derzeit telefonisch und ich biete sie auch per Videochat an. Aber die Nachfrage ist nicht wahnsinnig hoch. Ich freue mich aber über jede Anfrage.
Was können Sie als Bürgermeister dafür tun, damit die Menschen in Demmin auch in diesen schwierigen Zeiten zusammenhalten? Auch im Hinblick auf die steigende Beteiligung bei den Corona-Demos?
Ich sitze hier auch dafür, dass der Ort Demmin so lebenswert wird, wie er nur sein kann. Auf der anderen Seite sage ich immer wieder: Jede angemeldete Demonstration hat natürlich ihre Berechtigung. Für mich ist dabei immer die gegenseitige Akzeptanz wichtig. Solange alles friedlich ist und den gesetzlichen Ansprüchen entspricht, hat man das Recht, seine Meinung kundzutun. Aber der Zusammenhalt in der Gesellschaft und in der Stadt ist ein ganz wichtiges Thema. Ich kann nur dafür sorgen, dass sich die Menschen in Demmin wohlfühlen.
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Das heißt, wenn die Leute sich wohlfühlen und keine Probleme haben, wäre es im Optimalfall auch so, dass eine friedliche Atmosphäre herrscht? Kann man das so verstehen?
Also grundsätzlich ist es so: Wenn es weniger Probleme gibt, dann ist der Mensch zufriedener. Aber dieProblemlagen, die wir bezüglich Corona haben, sind ja nicht abhängig von unserer Stadt. Ich bin nicht der Entscheider über Impfpflicht und die Maßnahmen. Wir als Stadt sind dafür zuständig, die gesetzlichen Regelungen und Normen umzusetzen. Ich werbe da um Verständnis bei unseren Bürgern. So werden wir auch zukünftig agieren.
Heißt das dann auch, dass wir uns künftig, ähnlich wie es an Silvester war, auf eine rigidere Coronapolitik seitens der Stadtverwaltung einstellen dürfen?
Die Stadtverwaltung macht keine rigide Corona-Politik. Bei den Allgemeinverfügungen oder der Verfügung, die wir zu Silvester gemacht haben, gibt es für die Kommunen keinen Handlungsspielraum. Jede Kommune, die anders gehandelt hat, hat gegen Rechtsvorschriften verstoßen.
Das kann man je nach Auslegung sehen, wie man möchte. Anderen Kommunen sind ja auch geübt, solche Sachen auszulegen.
Da gibt es keinen Auslegungsspielraum. Ich habe das auch im Nachgang nochmal prüfen lassen. Da hieß es ganz klar, die Kommunen müssen das bestimmen. Von daher haben wir hier nichts ausgelegt, sondern so gehandelt, wie der Gesetzgeber das von uns gefordert hat.
Damit haben Sie sich bereits mit sehr komplexen Fragen befasst. Was war in den ersten Monaten ihrer Amtszeit denn besonders schwierig, auf welche Probleme sind Sie gestoßen?
Als besonders schwierig würde ich tatsächlich nichts beschreiben, weil ich mich bewusst dafür entschieden habe und froh bin, hier zu sitzen. Ich habe eigentlich eher das Gefühl, dass es mir nicht schnell genug geht. Ich sag das gar nicht despektierlich oder anklagend. Denn ich weiß um die gesamten Vorschriften und Abläufe einer Verwaltung. Das beginnt bei der Beschaffung und endet bei der Umsetzung von Ideen.
Ein Beispiel: Wir haben im November die Theateraufführung in der Beermann-Halle gehabt. Da sind die Theaterleute im Nachgang auf mich zugekommen und haben gesagt: Mensch, es wäre schön, wenn die Fenster oben verschattet wären. Also, was habe ich gemacht? Ich habe mit dem Bauamt gesprochen, habe gesagt: Legen Sie mal los! Aber so funktioniert das nicht. Es muss geplant, ausgeschrieben und ausgelegt und besondere Vorschriften beachtet werden. Dann muss alles abgenommen werden und so weiter. Das heißt, dieser ganze Prozess, dort Gardinen anzubringen, dauert mindestens ein halbes Jahr. Was ich noch lernen muss: Die vermeintlich kleinen Themen brauchen ihre Zeit.
Heißt für sich gesprochen, haben Sie den Sprung ins Bürgermeisteramt gut geschafft?
Sehr gut. Ich fühle mich wahnsinnig wohl, es macht mit den Kollegen riesig großen Spaß. Ich bin total froh, dass die Stabsstelle hier an meiner Seite sitzt. Frau Klevenow fungiert gut in Richtung Wirtschaftsförderung, in Richtung Kulturamt und sie ist meine Ansprechpartnerin für die Pressearbeit. Das ist eine wahnsinnige Unterstützung. Von daher blicke ich zuversichtlich in das Jahr 2022 und freue mich auf alles, was da kommt.