Mini-Bibliothek

Wer klaut denn hier dauernd Bücher?

Verchen / Lesedauer: 3 min

Nicht zum ersten Mal nimmt ein Spitzbube haufenweise Bücher aus der Telefonzellen-Bibliothek in Verchen. Wie soll sie vor weiteren Entleerungen gehütet werden?
Veröffentlicht:09.12.2022, 14:29
Aktualisiert:09.12.2022, 14:30

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Schon wieder hat es jemand auf die zur Bibliothek umgebaute Telefonzelle am Verchener Strand abgesehen. „Ein oder zwei Bündel Bücher hat er wieder mitgehen lassen“, ärgert sich Detlef Gutjahr, Vorsitzender des Vereins Kleine Bildungschance und stellvertretender Bürgermeister Verchens.

Mehr zum Thema: Dreister Bücher-Dieb macht Verchen fassungslos

Der hiesige Verein hat eine alte Telefonzelle in der Strandstraße in Verchen zu einer Bibliothek umgestaltet. Dort können die Menschen rund um die Uhr Bücher, die sie beispielsweise nicht mehr brauchen, hineinstellen, damit andere sie herausnehmen und lesen können. Ein „nehmen und geben“ sei das, wie Gutjahr das Prinzip der sogenannten Bökerkist bezeichnet.

Tat wie diese zählt als Unterschlagungs-Delikt

Doch daran hält sich längst nicht jeder. Erst im Oktober hatte ein Unbekannter innerhalb von zwei Wochen ganze 200 Lesewerke aus der Büchertauschbox genommen, dafür aber kein einziges als Gegenleistung hineingestellt. Diese Unmoral machte das ganze Dorf fassungslos.

Doch die Verchener ließen sich das nicht gefallen und setzten alles daran, den Langfinger auf frischer Tat zu ertappen. Einem Einwohner ist es sogar gelungen, den Unbekannten beim Heraustragen der vielen Bücher zu fotografieren.

Nun hat der Täter wieder zugeschlagen. Wieder hat er keines als Gegenleistung dort gelassen. Der Vereinsvorsitzende wolle deshalb eine Anzeige bei der Polizei erstatten, sagt er. Doch gegen wen genau? Und vor allem: wofür anzeigen?

Nach Angaben einer Polizeisprecherin zählt eine Tat wie diese als Unterschlagungs-Delikt. Diebstahl sei es nicht, da die Box unverschlossen ist, damit die Menschen in sie hineingehen können.

Doch dieses Mal ist es ein anderer Mann gewesen, der die Bücher bündelweise mitgenommen hat. Dieser ist nach Angaben von Detlef Gutjahr zudem mit einem ganz anderen Auto vorgefahren – ein Cabrio mit Rügener Kennzeichen. „Ich glaube, dass es sich um ein organisiertes Vorgehen handelt. Bestimmt klappern die Täter bekannte Standorte ab, an denen solche alten Telefonzellen stehen, und nehmen überall die Bücher heraus“, vermutet der Verchener. Immerhin wurden auch in Neubrandenburg kürzlich zwei Bücherboxen dieser Art vollständig ausgeräumt (der Nordkurier berichtete).

Dorfbewohner wollen nicht aufgeben

Indessen plant der Verchener Verein, die Spitzbuben mithilfe eines Aufklebers auf der Tür der Miniatur-Bibliothek darauf hinzuweisen, dass es gewünscht ist, maximal fünf Bücher pro Besucher zu entnehmen. Aufgeben wollen die Dorfbewohner sowie der Verein der kleinen Bildungschance jedoch noch lange nicht. „Wir befüllen die Telefonzelle weiterhin“, versichert Gutjahr. Bücher seien jedenfalls wieder ausreichend vorhanden.

Nach dem jüngsten Nordkurier-Artikel über den Bücher-Ganoven in Verchen meldeten sich mehrere Menschen aus dem Landkreis bei dem Verein und spendeten sogar Bücher für die Telefonzellen-Bibliothek. „Das sind alles gute Bücher gewesen“, freute sich Detlef Gutjahr. Jetzt bleibt den Verchenern nichts anderes übrig, als abzuwarten und zu hoffen, dass die Bücher-Sammler wenigstens das geplante Hinweisschild beachten.