Kirchengemeinde
Wie ein Demminer mit Bläsermusik die Welt entdeckt hat
Demmin / Lesedauer: 4 min

Anke Krey
Klaus Martens spielt seit 1952 im Posaunenchor. Der 85–jährige kann mit Fug und Recht als Demminer Bläser–Urgestein bezeichnet werden. Über die Geschichte des Ensembles, das am Wochenende zum 38. Landesposaunenfest in der Hansestadt natürlich mit zu erleben sein wird, gibt er gern Auskunft.
In fast 100 Jahren nur drei Leiter
Gegründet wurde der Demminer Posaunenchor 1925. Und seitdem musiziert das Ensemble mit großer Beständigkeit. „Es gab nur drei Leiter in der ganzen Zeit“, berichtet Klaus Martens. Gustav Stiehm, der Gründer, kam aus Westpreußen. Und die Anfänge waren auch nicht ganz einfach, denn aus dem Zweiten Weltkrieg kehrten von zehn Bläsern nur zwei zurück.
Bei seinem Einstieg war Klaus Martens bereits 15 Jahre alt: „Ich hätte ja gern eher begonnen, aber es gab damals keine Instrumente.“ Und so musste zunächst ein verbeultes altes Flügelhorn vom Dachboden genügen, erinnert er sich.

Zum Unterricht ging es bei Wind und Wetter über eine Distanz von zwölf Kilometern — ein Fahrrad, drei Bläser, gefahren wurde abwechselnd. Dennoch erinnert sich Klaus Martens gern an jene Zeit: „Im Winter ging es mit dem Pferdeschlitten über die Äcker. Die Leute haben sich gefreut, wenn wir kamen, denn es gab damals ja noch kein Fernsehen und kein Internet. ,Da kommt der Stoßtrupp Gottes‘, haben sie gesagt.“
Ehrenamt als Landesposaunenwart
Als der junge Mann dann 1967 vom Studium in Dresden nach Demmin zurückkehrte, habe der Pastor gesagt: „Du übernimmst den Posaunenchor.“ Klaus Martens leitete das Bläserensemble bis 2009; dann übergab er an seinen Nachfolger Dieter Söffky. Zwischenzeitlich war Martens zudem einige Jahre Landesposaunenwart. All diese Aufgaben sind übrigens ehrenamtlich, betont er: „Wir zahlen alles selbst.“
Bläser sind viel unterwegs, und sie spielen gern gemeinsam. Musik bietet somit auch interessante Möglichkeiten, die Welt zu entdecken: „Ich bin überall gewesen — in Deutschland, der Schweiz, in Frankreich“, berichtet Klaus Martens. Gern erinnert sich der Senior an eine Mittelmeerreise mit 80 Bläsern, und an eine Ostseetour, unter anderem mit Stationen in Tallin und in St. Petersburg. Auf dem Schiff wurde aber nicht nur Blasmusik gemacht, sagt Martens: „Es hat sich auch ein gemischter Chor gebildet. Wir haben zusammen im Felsendom in Helsinki musiziert; das war wirklich ein Erlebnis.“
Bei den Uhus spielen Bläser ab rund 60 Lebensjahren
Der Demminer Posaunenchor gehört dem Gnadauer Posaunenbund an. Es gibt allerdings eine Menge von kirchlichen Bläserverbünden — und noch viel mehr Ensembles. So begeistert sich Klaus Martens für die „Uhus“, die am Sonnabend, 13. Mai, in Demmin auch das Nachtgebet gestalten werden. Das sind Bläser unter Hundert, die Altersgruppe beginnt ungefähr ab 60 Jahren, erläutert er: „Der Älteste von uns ist 90.“
Die Mitwirkenden kommen aus der gesamten Region, von der Elbe bis an die Oder, und sie gehören durchaus noch nicht zum alten Eisen. „Wir waren schon beim Papst eingeladen, und haben zur Generalaudienz vor 70.000 Menschen gespielt“, unterstreicht Klaus Martens. „Wir unternehmen auch sehr viel. So waren wir im vergangenen Jahr gemeinsam mit Bläsern aus Baden–Württemberg auf Schiffsreise von Passau bis Budapest.“
Musik mit viel Temperament
Für junge Leute, die ebenfalls mehr wollen, als nur im Gottesdienst spielen, gibt es in MV zusätzlich den Jungen Bläserkreis. Und die mittlere Altersgruppe hat überregional ebenfalls einen Bläserkreis. „Wir treffen uns oft in Barkow“, sagt Martens, „zwischen Plau am See und Lübz.“ Dort wurde ein alter Pfarrhof zum Bläserzentrum umgebaut, und dort ist immer etwas los — nicht nur am Wochenende: „Landesposaunenwart Martin Huss macht mindestens 150 Prozent, der ist immer auf Achse.“ Und er hat in die Arbeit der Posaunenchöre südamerikanische Rhythmen und viel Temperament eingebracht, sagt Klaus Martens und schmunzelt. Zum Landesposaunenfest wird dies auch zu erleben sein.
Der Demminer Posaunenchor hat derzeit 15 Mitwirkende, sagt Martens. Davon seien ungefähr zehn stetig dabei; in früheren Jahren seien es gut doppelt so viel Leute gewesen. „Wir haben im Laufe der Zeit gut 100 Bläser ausgebildet; davon sind fünf Kantor geworden und etliche Pastor oder Prediger.“
"Es ist nie zu spät"
Klaus Martens selbst spielt eigentlich Trompete. „Ich bin aber schon vor acht Jahren zum Kornett gewechselt — der Ton ist weicher“, so der Musiker. Beim Spielen werden übrigens mehr als 24 verschiedene Muskeln eingesetzt. Das erfordere beständiges Training; jede Pause sei zu spüren. Deshalb sei es notwendig, regelmäßig zu üben. Doch wer Lust bekommt, selbst mitzumachen, der ist jederzeit willkommen: „Es ist nie zu spät“, unterstreicht Klaus Martens. „Man kann auch als Rentner noch Jungbläser sein.“