Dorfgeschichten
Woher kommt denn der Name Idashof?
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Kai Horstmann
Es gibt viele besondere Dörfer im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte und Idashof gehört sicherlich dazu. Allein der Radweg entlang der Landstraße 27 ist eine wahre Pracht. Sobald die Laubbäume ihr Blätterkleid entfaltet haben, führt der feste Sandweg durch einen grünen Tunnel. Etwas verwunderlich ist indes die Beschilderung. An beiden Ortseingängen steht die grüne Ortshinweistafel mit der gelben Aufschrift Idashof. Im Dorf selber vermittelt ein Hinweisschild den Eindruck, dass man sich noch gar nicht in Idashof befindet. Hier wäre die Aufschrift „Dorfkern“ sicherlich treffender gewesen. Zugleich drängt sich eine ganz andere Frage auf: Wer bitteschön ist Ida?
Kinderspielplatz ist zugleich Treffpunkt für Feste
Mittelpunkt von Idashof ist der Dorfplatz, auf dem sich nicht nur der Kinderspielplatz befindet, sondern auch die Feste steigen. Neben der zum Wohnhaus umgebauten Scheune mit einer schönen Streuobstwiese befindet sich dort die Doppelhaushälfte von Hans Lange (71) und seiner Frau Monika (68). Der Elektromeister ist hier geboren und zog im Jahr seiner Heirat – das war 1973 – mit Monika nach Neubrandenburg. 20 Jahre später begannen beide mit dem Umbau seines Elternhauses und zogen danach dort wieder ein. „Der Kontakt zu Idashof riss nie ab. Die Dorfgemeinschaft ist ausgesprochen gut. Viele kenne ich seit meiner Jugend. Man hilft sich untereinander und setzt sich auch gerne zusammen“, weiß Hans Lange zu berichten.
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Um das Haus dreht sich ein weitverbreitetes Gerücht. So soll Ida von Oertzen, die 1778 in Kotelow geboren wurde, dieses Gehöft und das dazugehörige Land entweder zu ihrem Geburtstag oder zur Hochzeit geschenkt bekommen haben. Laut Gerücht soll Ida eine Zeit lang in dem Haus gewohnt haben. Die tatsächliche Heirat fand im Juli 1795 in ihrem Geburtsort statt, wo sie den 22-jährigen Georg Christian Friedrich von Heyden-Linden heiratete. Dieser verstarb 1834 in Tützpatz, während Ida im Alter von 85 Jahren 1864 in Liepen verstarb. „Von dem Gerücht habe ich auch gehört. Dagegen weiß ich, dass während der Bodenreform um 1948 das Haus geteilt wurde und in der anderen Haushälfte der Schäfer wohnte“, erklärt Hans Lange.
Vor der Bodenreform gab’s nur ein Wohnhaus im Ort
Idashof hat sich die ländliche Idylle über die Jahrzehnte auch nach der Bodenreform bewahrt. Durch diese erhielten Menschen, die sich hier niederließen, einen Hektar Wald und bis zu acht Hektar Land, so Rüdiger Schulz (59). Doch von der Landwirtschaft leben heute hier nur die wenigsten. Er selber hatte einmal Landwirtschaft studiert, aber sein Geld verdient Schulz heute als Handelsvertreter im Bereich Textilreinigung. „Vor der Bodenreform war das Haus der Langes das einzige Wohnhaus im Dorf. Um 1950 wurden hier die meisten Häuser gebaut, vor allem die entlang der Landstraße.“
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Manches in Idashof ist mehr Schein als Sein, so auch das Haus von Rüdiger Schulz, der hier mit seiner Frau Heike lebt. Wenn man davor steht, sieht man einen schönen Fachwerkbau, der optisch wirklich etwas hermacht. Aber die Fachwerkstruktur wurde nach dem Ausbau „nur“ auf die Außenmauern draufgesetzt. Doch Idashof ist auch ein Platz für wunderbare Träume. „Als ich etwa zehn Jahre alt war, bin ich mit meinem Fahrrad hier öfters vorbeigefahren. Ich sagte mir immer wieder, wenn ich mal groß bin, dann kaufe ich mir das Haus. Als die Besitzer dann verstarben, kaufte ich es mir 1982 tatsächlich“, erinnert sich Rüdiger Schulz. Gleich auf der anderen Straßenseite wohnt mit Philipp Poblenz (18) bereits die nachfolgende Generation. Dieser lebt dort zusammen mit seinen Eltern. Das Haus ist generationsübergreifend in Familienbesitz, bereits sein Opa Bernhard war hier zu Hause.
An Idashof schätzt er die Lebensqualität und langweilig sei ihm nicht, wie Poblenz betont. Mit Robert Schulz, dem Sohn des Bürgermeisters, baute er sich als Jugendlicher eine Holzhütte im Wald. Mit 16 trat Poblenz in die Jugendfeuerwehr ein und fährt heute zu Einsätzen mit. Aber dennoch hat sich etwas über die Jahrzehnte verändert – die Anzahl der Kinder hat stark abgenommen. So gibt es in Idashof in seinem Alter neben ihm nur noch die beiden Kinder des Bürgermeisters. Dafür denkt man weitläufiger, die Jugendlichen verständigen sich weit über die Dorfgrenzen hinaus. Poblenz’ Eltern bauten einen Stall zum Partykeller aus, der auch gerne von ihm und seinen Freunden genutzt wird. „Das schöne an unsere Gemeinde ist: Wenn es einmal lauter wird, dann kommt nicht das Ordnungsamt, sondern der Nachbar und man einigt sich schnell“, erklärt Philipp Poblenz.
Zum 200. Geburtstag soll es auch ein Wappen geben
Der Bürgermeister heißt Roland Schulz (55) und wohnt mit seiner Frau Katrin, seinen beiden Kindern und seiner Mutter Sigrid im letzten Haus am Ortsausgang nach Tützpatz. Das gut ausgebaute Haus ist das Elternhaus von ihm und seinem Bruder Rüdiger. „Egal, von wo man nach Idashof reinfährt, an jedem Ortseingang wohnt ein Schulz. Dabei sind wir nicht miteinander verwandt“, klärt Roland Schulz auf. Er stellte Nachforschungen zu Ida an und kam zu einem Ergebnis, das vom weitverbreiteten Gerücht deutlich abweicht. So hat Ida von Oertzen nie in Idashof gelebt, sondern im Schloss Tützpatz, was auch ihrem gesellschaftlichen Rang entsprach. Sie bekam laut seinen Unterlagen auch nie das Land geschenkt. Die Wahrheit ist wohl eher, dass an einem ihrer Geburtstage das Gehöft auf ihren Namen getauft wurde. Gelebt haben hier aber nur Angestellte des Guts.
Als Bürgermeister muss sich Schulz aber auch vielmehr mit der Gegenwart beschäftigen. Trotz Corona ist er dabei, das Kartoffelfest in diesem Jahr etwas größer zu gestalten, denn es gibt noch etwas ganz anderes zu feiern. Idashof wird in diesem Jahr 200 Jahre alt. „Wir haben bereits eine eigene Fahne. Diese zeigt den Ort mit seinen Straßen und Häusern. Neben jedem Haus ist die Besitzerfamilie verzeichnet und oben rechts in der Ecke steht ein lateinischer Schriftzug. Übersetzt heißt der: ‚Niemand liebt seine Heimat, weil sie groß ist, sondern weil sie seine ist.’ Jetzt wollen wir anlässlich des Jubiläums noch ein Wappen für Idashof entwerfen“, sagt Roland Schulz.