Reform
37 Krankenhäuser in MV – ganz Dänemark hat 26
Schwerin / Lesedauer: 2 min

Andreas Becker
Es sind Zahlen, die aufhorchen lassen: In Mecklenburg-Vorpommern gibt es bei 1,6 Millionen Einwohnern aktuell 37 Krankenhäuser an 74 Standorten, im benachbarten Brandenburg stehen den 2,5 Millionen Einwohnern 54 Kliniken an 66 Standorten zur Verfügung. Deutschlandweit leben 83 Millionen Bürger, um ihre ärztliche Versorgung kümmert man sich in 1100 Krankenhäusern sowie mehreren hundert Fachkliniken.
Und jetzt ein mutiger Blick Richtung Norden – nach Dänemark: Dort gibt es lediglich 26 Krankenhäuser bei 6 Millionen Einwohnern.
Stadt–Land–Gefälle
Das sind Zahlen und Vergleiche, die zeigen, wie notwendig die aktuell zwischen Bund und Ländern laufenden Verhandlungen zu einer Krankenhausreform sind. Etliche kleinere Krankenhäuser gerade im ländlichen Bereich kämpfen in Zeiten von Energiekrise, Inflation, Personalmangel und einem Fehlanreize setzenden Vergütungssystem ums nackte Überleben. Aktuell laufen unter dem Dach einer eigens gegründeten Regierungskommission intensive Abstimmungen, im Herbst soll zur Krankenhausreform ein Gesetzentwurf vorliegen, zum 1. Januar 2024 soll die Reform in ein Gesetz gegossen sein.
Der Zielkonflikt bei den Verhandlungen: Während in den Städten und Ballungsräumen in der Regel eine Überversorgung an Kliniken existiert, herrscht in Flächenländern wie Mecklenburg–Vorpommern und Brandenburg eine klinische Unterversorgung. Doch nicht nur das Verhältnis Stadt–Land ist nicht ausbalanciert – auch die medizinischen Leistungen in und zwischen den Kliniken sind wenig bis kaum abgestimmt.
„Bagatellsachen haben an Unikliniken nichts zu suchen.“
Zwei Beispiele: Über 50 Prozent aller Krebspatienten werden in Deutschland außerhalb von Krebszentren behandelt, heißt es in einem internen Papier der Regierungskommission, die dem Nordkurier vorliegt. Und: Über 1100 Krankenhäuser behandeln Patienten mit Hirninfarkt, davon haben aber nur 475 eine Stroke Unit – das heißt, eine Abteilung, die auf die Behandlung von Schlaganfallpatienten auch wirklich spezialisiert ist.
Um es mit den Worten von Christos Pantazis, Gesundheitsexperte der SPD-Bundestagsfraktion und selbst Neurochirurg, auszudrücken: „Kleine Krankenhäuser können bei schwierigen Eingriffen nicht immer garantieren, dass der richtige Umgang bei auftretenden Komplikationen gewährleistet ist.“ Bedeutet im Umkehrschluss: „Bagatellsachen haben an Unikliniken nichts zu suchen.“
Die Konsequenz: Auch die Krankenhäuser in Deutschland müssten sich spezialisieren, um eine bessere Qualität zu erreichen. Pantazis, ein wenig ketzerisch an die Adresse seiner Kollegen im Bundestag: „Ich habe in meinem Wahlkreis in Braunschweig schon Krankenhäuser geschlossen – und bin immer noch Abgeordneter.“
Aussagen, die bei den Gesundheitsministerinnen aus MV (Stefanie Drese, SPD) und Brandenburg (Ursula Nonnemacher, Grüne) nicht auf Zustimmung stoßen. Beide Bundesländer hätten – im Gegensatz zu anderen – bereits in den 1990er Jahren ihre Krankenhauslandschaft reformiert und modernisiert. Damals seien schon Kliniken geschlossen worden.