Vor Beratung
Ärzte fordern Erhalt für „Extrem–Frühchenversorgung“
Neubrandenburg/Berlin / Lesedauer: 2 min

Deutsche Presse-Agentur
Der Landesverband MV der Medizinervereinigung Hartmannbund fordert den Erhalt der kompletten Frühgeborenenversorgung in Neubrandenburg. Gesundheitsminister Karl Lauterbach habe ankündigt, Medizin vor Ökonomie zu stellen — „das muss auch und insbesondere für die Kleinsten gelten“, teilte der MV–Landesverbandsvorsitzende Bernd Helmecke am Freitag mit. In dem Zusammenhang müsse das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung nachgeschärft werden. Schließungen von sogenannten Perinatalzentren Level 1 für Frühgeborene mit weniger als 1250 Gramm Gewicht, wie in Neubrandenburg, sollten rückgängig gemacht werden.
Hintergrund der Forderung ist eine Petition aus Neubrandenburg, die an diesem Montag im Petitionsausschuss des Bundestages beraten werden soll. Aufgrund von nicht erreichten Mindestmengen dürfen solche „Extrem–Frühchen“ in Neubrandenburg seit Januar 2023 regulär nicht mehr behandelt werden, nur noch in Notfällen. Betroffene Eltern müssen lange Wege in Kauf nehmen und auf Kliniken in Berlin oder Rostock ausweichen.
Obwohl die Region dünn besiedelt ist, wurde die Neubrandenburger Petition mehr als 110 000 Mal unterzeichnet. Das Dietrich–Bonhoeffer–Klinikum behandelt Patienten aus dem Norden Brandenburgs, Mecklenburg und Vorpommern. Das Behandlungsverbot geht auf eine Festlegung des Gemeinsamen Bundesausschuss zurück, die „Mindestmengenregelung“ heißt und umstritten ist.
Diese Regelung funktioniere nur in dicht besiedelten Kommunen, erklärte Helmecke. Dem Bundesausschuss in Berlin gehören Vertreter der Krankenkassen und Verbände an. Danach sollen in einer Klinik pro Jahr mehr als 20 solche „Extrem–Frühchen“ betreut werden, um hohe Qualität zu sichern und weiter „Perinatalzentrum Level 1“ zu bleiben. In Neubrandenburg waren es 2022 zehn Fälle.
Gegen das Behandlungsverbot protestieren unter anderem Mitarbeiter, Kommunalpolitiker und Tausende Bürger. Auch das Schweriner Sozialministerium und MV–Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) kritisierten die „Mindestmengenregelung“. In der weitläufigen und dünn besiedelten Region zwischen Berlin und der Ostseeküste bestünden für Eltern und Patienten jetzt schon sehr weite Wege für eine medizinische Versorgung, hieß es. So dürften für Regionen wie Neubrandenburg nicht nur Fallzahlen zur Beurteilung herangezogen werden.
Die Petition soll bewirken, dass die Regelung zu Mindestmengen abgeschafft und durch geeignete Qualitätsmaßnahmen ersetzt wird. Vor dem Bundestag wollen Mitarbeiter des Klinikums, Neubrandenburger und ein Motorradklub, der das Ganze unterstützt, auf die Anliegen aufmerksam machen. Endgültig will der Ausschuss aber erst später über das Thema beraten und einen Beschluss fassen.