Umstrittene Personalie

AfD-Neonazi marschierte Seit an Seit mit NPD-Größe

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Der im Büro des AfD-Abgeordneten Ralph Weber angestellte Neonazi marschierte vor vier Jahren mit NPD-Kadern um den Tollensesee. AfD-Mitglied darf er offenbar trotzdem werden.
Veröffentlicht:06.12.2018, 21:41

Von:
  • Gabriel Kords
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Es ist die letzte dokumentierte Aktivität von M.G. (Name ist der Redaktion bekannt) in der rechtsextremen Szene: Im Januar 2015 nahm der damals 32-Jährige am Tollensemarsch in Neubrandenburg teil, einer bis dahin jährlich stattfindenden „Wehrsportübung“ rund um den Tollensesee. Gerade einmal 19 Teilnehmer, angeblich handverlesen, machten mit. Ein Bild, das damals entstand, zeigt den Mann, der jetzt für den AfD-Landtagsabgeordneten Ralph Weber arbeitet, neben David Petereit – einem NPD-Kader, dessen Verbindungen zur Terrorgruppe NSU schon damals bekannt waren. Der NPD-Funktionär Petereit, der damals auch Mitglied des Landtags war, hatte eine Publikation namens „Der weiße Wolf“ herausgegeben, in der 2002 dem NSU für eine Spende gedankt worden war.

Viel mehr ist nicht bekannt über die Verbindungen von Petereit zu dem Terror-Trio, dessen einziges weibliches Mitglied Beate Zschäpe kürzlich nach einem Mammut-Prozess vor dem Landgericht München zu einer langen Haftstrafe verurteilt wurde. Petereit war in dem Prozess zwar vorgeladen, konnte sich aber angeblich an so gut wie nichts erinnern.

Weber sitzt im NSU-Ausschuss, der Petereits Rolle klären soll

Um mehr Licht ins Dunkel zu bringen, hat der MV-Landtag kürzlich einen Untersuchungsausschuss eingerichtet, dem für die AfD Ralph Weber angehört, neuerdings Arbeitgeber von M. G.

Dass G. jetzt als Webers-Mitarbeiter möglicherweise Zugriff auf die hochsensiblen Akten des NSU-Ausschusses hat, in den Petereit noch als Zeuge geladen werden soll, findet nicht nur Peter Ritter (Die Linke) schwer erträglich: „Das ist ein Skandal erster Güte. Wenn Herr Weber einen Mitarbeiter hat, der Petereit offensichtlich kennt, dann muss er entweder seine Mitarbeit im NSU-Ausschuss überdenken oder sein Arbeitsverhältnis mit seinem Mitarbeiter.“ Ritter verweist darauf, dass die Verbindung zwischen G. und Petereit nicht das erste Mal sei, dass der NPD-Mann sich in AfD-Kreisen herumtreibe.

Wohl schwerlich eine „Jugendsünde”

Für Ritter ist das ganze ein „unhaltbarer Zustand“, zumal nicht auszuschließen sei, dass die Verbindungen zwischen G. und Petereit immer noch bestehen: „Und angesichts des Entstehungsdatums von 2015 für das Foto kann man das auch nicht als Jugendsünde abtun“, sagt Ritter. Genau so hatte Ralph Weber die Aktivitäten seines Mitarbeiters allerdings zu bagatellisieren versucht.

Und was sagt Weber nun? Der Nordkurier kontaktierte ihn am Donnerstag erneut – doch er mochte sich zu alledem gegenüber dem Nordkurier nicht äußern, sondern bezeichnete unsere Zeitung in einem wütenden Anruf als Lügenblatt, das falsche Behauptungen über ihn und G. verbreitet habe. Auf Nachfrage nannte Weber dann allerdings nicht eine einzige vermeintliche Falschaussage in unserer Berichterstattung, sondern legte kurze Zeit später nach einer weiteren Tirade einfach den Hörer auf. Es bleibt also unklar, was Weber in ein anderes Licht gerückt sehen wollte – Gelegenheit, sich zu äußern, hatte er auf jeden Fall.

AfD Vorpommern-Greifswald votiert für M. G.s Aufnahme

Der AfD-Kreisvorstand Vorpommern-Greifswald beschloss diese Woche trotz der bekannt gewordenen Umstände, einen Partei-Aufnahmeantrag von Marius G. positiv zu entscheiden. Man habe „formal keinerlei Mängel feststellen können“, erklärte Kreischef Stefan J. Reuken, zugleich Landtagsabgeordneter. Zwar könnte der Landesvorstand, der heute tagen soll, noch ein Veto gegen die Aufnahme G.s einlegen, ebenso der Bundesvorstand. Doch ob es dazu tatsächlich kommt, ist angesichts der stark schwankenden Machtverteilung zwischen gemäßigten und radikalen Kräften in den Gremien mehr als ungewiss.

Hinweis der Redaktion: Um Missverständnissen bei der Lektüre des Artikels vorzubeugen, hat die Redaktion sich nachträglich entschieden, den Namen von M.G. nicht mehr als Pseudonym zu verwenden, sondern lediglich die Initialen zu nennen.