Wahlkampf

Amthor und Sack – das ungleiche CDU-Spitzenduo im Nordosten

Greifswald / Lesedauer: 4 min

Im Nordosten führt ein ungleiches Spitzenduo Wahlkampf für die CDU: Michael Sack führt die Landes-CDU, weil Philipp Amthor ihm den Vortritt gelassen hat. Trotzdem wirkt Amthor präsenter.
Veröffentlicht:05.09.2021, 11:07
Aktualisiert:06.01.2022, 22:06

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Eigentlich ist Greifswald für Michael Sack ein Heimspiel. Der CDU-Politiker hat als Landrat hier seinen Amtssitz. Zudem will er als Spitzenkandidat nach der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern Ministerpräsident werden. Doch die CDU-Wahlkampfveranstaltung vor ein paar Tagen in der Hansestadt war alles andere als eine Sack-Show. Nur ein Name prangte in großen Buchstaben von der Bühne: Philipp Amthor. Während dieser gut gelaunt neben dem ehemaligen Unionsfraktionschef Friedrich Merz und anderen CDU-Kandidaten stand, wartete Sack etwas verloren am Rednerpult vor dem Amthor-Banner darauf, dass die Filmmusik aus „Fluch der Karibik“ abebbt.

Das Bild passt in einen Wahlkampf, der auch in Mecklenburg-Vorpommern für die CDU nicht rund läuft. Hier der prominente Lautsprecher Amthor – da der etwas blasse Spitzenkandidat, der oft durch Abwesenheit glänzt – etwa bei der Präsentation seiner eigenen Wahlkampfplakate. Selbst als Kanzlerkandidat und CDU-Chef Armin Laschet an die Ostsee kam, fehlte Sack. Wer kam? Philipp Amthor. Der jetzige MV-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl hatte nach einer Lobbyismus-Affäre im Vorjahr seine Kandidatur für den Landesvorsitz zugunsten Sacks zurückgezogen. Unlängst bezeichnete die politische Konkurrenz Sack als Laschet von Mecklenburg-Vorpommern. Macht das Amthor zum hiesigen Söder?

In jüngsten Umfragen zur Landtagswahl lag die von Sack geführte CDU (15 Prozent) deutlich hinter der SPD (36) und auch hinter der AfD (17) in der Wählergunst nur auf Rang drei.

„Der Amthor wäre bestimmt der Bessere gewesen“

„Der Amthor wäre bestimmt der Bessere gewesen“ – das hörte man nicht nur einmal von CDU-Wählerinnen und -Mitgliedern in Greifswald. Sack sei zwar fleißig, aber einfach zu unbekannt. Auf solche Personaldebatten will sich Amthor nicht einlassen. Man sei, um mit einer Fußballmetapher zu sprechen, irgendwo in der 80. Spielminute. „Vor Abpfiff ist nicht die Zeit für Spielanalysen im Rückspiegel, sondern die Zeit für vollen Einsatz.“ Er stehle Sack auch nicht die Show. „Wir sind ein sehr gutes Team für zwei parallel anstehende Wahlen. Für beide Wahlen brauchen wir eine gute Mannschaftsleistung.“

Doch ganz so harmonisch wirkt der gemeinsame Wahlkampf nicht. In Greifswald kündigte Sack fälschlicherweise zunächst Merz als Redner an und überging dabei Amthor, korrigierte sich aber und sagte: „Ich freue mich auf dich, lieber Philipp, und ich freue mich noch mehr auf Friedrich Merz.“ Aus dem Publikum kam Gelächter. Amthor erwiderte, auch er freue sich mehr auf die Rede von Merz als auf seine eigene.

Sack versucht, bekannter zu werden

Amthor war erst zusammen mit Merz in Erscheinung getreten, während sich Sack wie andere CDU-Kandidaten quasi schon im Vorprogramm mit Sportreporter Waldemar Hartmann auf der Bühne unterhalten hatte. Auch auf Social Media Posts von Amthor wirkt es bisweilen so, als spiele Sack eher eine unglückliche Nebenrolle. Bilder vom Besuch der Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) zeigen Sack am Rand oder im Hintergrund, unglücklich dreinblickend.

Sack empfindet es nach eigener Aussage nicht so, als würde Amthor ihm die Show stehlen. Man sei fast täglich im Austausch und stimme sich ab. Mit Blick auf seine Bekanntheit gab er zu bedenken, dass er im Nachteil gegenüber Ministerpräsidentin Schwesig sei. „Ich habe jetzt ein Jahr Zeit gehabt. Davon war die wesentliche Zeit über Pandemie, wo es mir als Landesvorsitzender nicht möglich war, auch nach vorne zu kommen, Leute zu treffen.“ Das versuche man, so gut wie möglich nachzuholen.

Politikwissenschaftler: Sack war Verlegenheitskandidat

Für den Rostocker Politikwissenschaftler Wolfgang Muno spielen Personalprobleme bei der CDU eine Rolle. Die Personaldecke sei wie bei allen Parteien im Land auch bei der CDU sehr dünn. Dadurch wirkten sich Ausfälle stärker aus. „Weil es auch keine zweite Reihe gibt, die dann einspringt.“ Herr Sack sei nicht die erste Wahl gewesen. „Das war ja mehr ein Verlegenheitskandidat“. Amthor sei der eigentliche Wunschkandidat gewesen.

Wahlkämpfe sind laut Muno derzeit sehr fokussiert auf Personen. Themen spielten eine untergeordnete Rolle. „Und das spielt natürlich dann der Amtsinhaberin in die Hand.“ Ohne die Präsenz bestimmter Themen neigten die Menschen dazu, das Bestehende beizubehalten. Zu den Wahlaussichten der CDU im Land äußerte sich Muno pessimistisch.

Spitzenkandidat Sack sieht das anders: Umfragen zeigten nicht das tägliche Bild, das er im Wahlkampf sehe, wiederholt er derzeit immer wieder. Ähnlich äußern sich auch andere CDU-Kandidaten wie Amthor. Ob dem so ist, wird sich am 26. September zeigen.

Noch unentschieden? Mit dem Wahlswiper lassen sich die Positionen der verschiedenen Parteien bei der Landtagswahl 2021 in Mecklenburg-Vorpommern vergleichen. Lesen Sie hier dazu mehr.

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