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Auf Kosten der Steuerzahler – Onlineshop der MV-Regierung floppt erneut

Schwerin / Lesedauer: 5 min

1714 Euro Umsatz bei Investitionskosten in Millionenhöhe: Ein Onlineshop der Landesregierung ist laut Kritikern ein wirtschaftlicher Flop. Dabei hätte man es besser wissen können.
Veröffentlicht:25.09.2023, 17:57

Von:
  • Lutz Reuter
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Was schon in Zeiten der Corona-Lockdowns nicht funktionierte, kostet Steuerzahler erneut sehr viel Geld bei sehr überschaubaren Ergebnissen: Ein Onlineshop des Schweriner Innenministeriums für regionale Produkte und Dienstleistungen ist seit etwa anderthalb Jahren im Netz, kostete bereits über eine Million Euro und hat bislang nicht einmal 2000 Euro Umsatz erwirtschaftet. Hunderttausende weitere Steuer-Euros werden wohl noch fließen, bis laut Innenminister Christian Pegel (SPD) der Erfolg bewiesen ist oder der Misserfolg eingestanden werden muss.

Zahlen zeigen eklatantes Missverhältnis von Kosten und Nutzen

Doch schon jetzt ist für den Bund der Steuerzahler sowie Teile der Opposition im Schweriner Landtag klar: Der Shop ist ein wirtschaftlicher Flop. Denn, wie bei so ziemlich jedem wirtschaftlichen Projekt wird der Erfolg an Zahlen gemessen. Im Fall der Plattform „Gomevo“ ‐ bestehend aus zwei Webseiten, die im Auftrag des Innenministeriums im März 2022 online gegangen sind, weisen diese ein eklatantes Missverhältnis von Kosten und Nutzen auf.

Kommentar: Pegels Doppel-Flopp – Händler hätten längst schließen müssen

Wie aus der Antwort auf eine kleine Anfrage von Martin Schmidt, wirtschaftspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Landtag, hervorgeht, hat der Onlineshop bis einschließlich August 2023 magere 1714,48 Euro Umsatz erwirtschaftet. Dem gegenüber stehen den Angaben zufolge schon jetzt Kosten in Höhe von mehr als 1,013 Millionen Euro, etwa für Konzeption, Betrieb und Bewerbung.

Erneut Mittel aus MV-Schutzfonds für einen Onlineshop

Wie es in der Antwort, die dem Nordkurier vorliegt, weiter heißt, sollen kommendes Jahr insgesamt nochmals rund 313.000 Euro für Betrieb und Bewerbung gezahlt werden. Zudem soll der Betreiber bis Ende 2024 demnach „bei entsprechender Leistung bis zu 559.000 Euro“ erhalten. Auf Nordkurier-Anfrage teilt das Schweriner Innenministerium mit, die Mittel fließen aus dem sogenannten MV-Schutzfonds.

Dieses Sondervermögen wurde von der Landesregierung im Zuge der Corona-Pandemie und den resultierenden Geschäftsschließungen während der Lockdowns aufgelegt. Sowohl Landesrechnungshof als auch der Bund der Steuerzahler in MV (BdSt-MV) kritisierten den Schutzfonds schon damals, weil bei so manchen Ausgaben der Bezug zur Pandemie nicht ersichtlich gewesen sei. 

So wurden mit Schutzfonds-Mitteln in der Corona-Zeit etwa die Online-Seiten „shop.digitalesmv.de“ und „marktplatz.digitalesmv.de“ mit ziemlich gleichlautenden Zielen wie jetzt bei „gomevo“ in Auftrag gegeben. Die erste Website führt mittlerweile auf die „Gomevo“-Seite. Laut BdSt-MV verursachte das Projekt bis Oktober vergangenen Jahres Kosten in Höhe von 1,6 Millionen Euro. „Die Läden haben längst wieder geöffnet ‐ und die Zugriffszahlen auf die Plattformen sind trotz eines Werbebudgets von bisher 141.000 Euro mit wenigen hundert Klicks monatlich weniger als bescheiden“, lautete die BdSt-Kritik damals.

Innenministerium gesteht Misserfolg ein und macht weiter

Dass es sich um einen Misserfolg handelt, gesteht selbst das Schweriner Innen- und Digitalministerium ein, den eine Sprecherin so erklärt: „Der eShop besaß aus Kostengründen lediglich eine Standardschnittstelle für die Anbindung von Warenwirtschaftssystemen und bot lediglich Basisfunktionen an, die aufgrund der rasant gestiegenen Kundenanforderungen an Bezahlsysteme, Logistik, Zusatzfeatures usw. schnell den Anforderungen nicht mehr gerecht wurden. Auch die Click-Zahlen zeigten, dass die Unterhaltung und der Betrieb des 'Digitalen Marktplatzes' den aktuellen Nutzeranforderungen nicht mehr entsprachen.“

Eine Neuauflage des Misserfolgs haben diese Erfahrungen offensichtlich nicht verhindern können. Von Verbänden, Industrie- und Handelskammern sei die Erwartungshaltung geäußert worden, „neben reinen Informationen auch Erlebnisangebote zu verknüpfen und weitere Anbieter, wie Handwerk, Hotellerie, Co-Working-Spaces, Kunst- und Kreativwirtschaft mit einzubinden und den 'Digitalen Marktplatz' als Erlebnisplattform weiterzuentwickeln“, teilt die Ministeriumsprecherin weiter mit. 

Ziel für „gomevo“ sei deshalb gewesen, alle Anbieter für regionale Produkte und Dienstleistungen auf einer Plattform zu vereinen. "Im Gegensatz zu anderen etablierten Marktplätzen, hat der Händler eine individuelle Sichtbarkeit, eine Hoheit auf seine Geschäftsbedingungen sowie den Geschäftsabläufen“, erläutert die Sprecherin.

Steuerzahlerbund: Für viel Steuergeld wird totes Pferd weiter geritten

Der AfD-Abgeordnete Martin Schmidt sieht in dem neuerlichen Online-Projekt der Landesregierung ein weiteres Beispiel für die Misswirtschaft und das mangelnde Verantwortungsbewusstsein der Regierung: „Es ist unverantwortlich, dass die Regierung in Zeiten knapper Ressourcen und steigender Steuerlasten Geld für Projekte ausgibt, die keinen Nutzen für die Bürger haben. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Steuerzahler.“

Auch beim Steuerzahlerbund stößt die Neuauflage der Online-Handelsplattform aus Corona-Zeiten auf Unverständnis. Es handele "sich um einen staatlich finanzierten Wirtschaftsflop, der noch dazu Doppelstrukturen aufbaut. Gäbe es ein ernsthaftes Interesse an einer solchen Plattform, hätten sich schon längst findige Webentwickler an die Umsetzung gemacht. So wird für viel Steuergeld weiter ein totes Pferd geritten“, sagt BdSt-MV Geschäftsführer Sascha Mummenhoff. 

Pegel-Ministerium glaubt noch an den Erfolg des Projekts

AfD-Mann Schmidt empfiehlt der Landesregierung deshalb: „Statt selber solche Portale aus dem Boden zu stampfen, sollte sie stattdessen die Rahmenbedingungen für private Unternehmen verbessern, um wirtschaftliches Wachstum und Arbeitsplätze zu fördern.“

Ob diese dem Ratschlag folgt, kann bezweifelt werden. Ganz im Gegensatz herrscht im Innenministerium offenbar noch der Glaube an den Erfolg des Projekts. „Die stetig steigenden Nutzerzahlen auf „GOMEVO“ zeigen, dass die Plattform zunehmend besser angenommen wird“, heißt es. Außerdem sei noch kein Endkundenmarketing betrieben worden. Bislang habe das Hauptaugenmerk „auf der Händleransprache und nicht auf der Endkundenansprache mit einer entsprechenden Umsatzerzielungsabsicht“ gelegen. Um potenzielle Kunden soll demnach erst intensiv geworben werden, „wenn das Händlerangebot einen attraktiven Besuch für neue Nutzerinnen und Nutzer gewährleistet.“