MV-Schulen betroffen
Aus diesem Labor stammen die verseuchten Corona-Tests
Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Jochen Klein
Die am Mittwoch vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS) aus dem Verkehr gezogenen Coronatests sollen mit Bakterien verunreinigt sein. Sie wurden in MV über Wochen großflächig an Schulen eingesetzt. „Das Bildungsministerium nimmt den Vorfall sehr ernst”, heißt es in einer Mitteilung. „Das LAGuS wird jetzt prüfen, ob auch weitere Tests des Herstellers Bakterien aufweisen.”
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Die in MV genutzten Selbsttest-Kits werden von der chinesischen Firma „Anhui Deepblue Medical” in der ostchinesischen Provinz Anhui hergestellt. Laut Selbstbeschreibung im Internet ist das Unternehmen dort in einem Technologiepark angesiedelt. Auf der Homepage des Unternehmens wird die Außenaufnahme eines großen, repräsentativ wirkenden Firmenkomplexes gezeigt. Innenaufnahmen erwecken eher den Eindruck eines kleineren Betriebes (siehe Fotos).
Im Jahr 2020 stellte sich das Unternehmen anlässlich der Düsseldorfer Medizinmesse „medica” in einer Internetpräsentation vor. Fotos dokumentieren den Arbeitsalltag im chinesischen Labor, unter anderem einen kleinen Arbeitsraum, in dem 13 Mitarbeiter in blauer Schutzkleidung beengt an zwei Werktischen sitzen und Testkassetten zusammenbauen. Auf anderen Bildern werden ein Laborraum und wenige Laborgeräte gezeigt. Auf dem letzten Foto sieht man transportbereite Kartons auf Paletten in einem Lagerraum.
Zur Qualität seiner Produkte schreibt der chinesische Hersteller im Messe-Portfolio, man verfüge über fortschrittliche Produktionslinien für Schnelldiagnose-Reagenzien und neueste klinische Test-Technologien. „Die technische Leistung der Deepblue-Tests“, heißt es, „hat das internationale Spitzenniveau erreicht.“ Deepblue Medical erfülle sämtliche Vorschriften für die in Europa geltenden CE- und medizinischen ISO-Qualitätsmangement-Siegel.
Fragwürdige Referenzen
In englischer Sprache wird auf mehrere Vergleichsreihen verwiesen, die die hohe Zuverlässigkeit der Deepblue-Test belegen sollen. Unter der Überschrift „Klinische Studie“ („Clinical trial“) werden unscharfe Schwarzweiß-Fotos handschriftlich nummerierter Testkassetten präsentiert.
Auch ein Schreiben in italienischer Sprache soll Vertrauen in die Coronatests des Unternehmens wecken, es soll in Zusammenarbeit mit der Universität La Sapienza in Rom entstanden sein. Klickt man auf die dazu angegebene Internetadresse, gelangt man allerdings zu einem italienischen Anbieter für Kosmetika und Nahrungsergänzungsmittel („Labor und Verkaufsstelle”). Kontakt nur per Googlemail oder Whatsapp.
Im Messe-Portfolio der Firma Deepblue finden sich auch Dokumente auf Englisch – unter anderem aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Shanghai und Deutschland. Wenig überzeugend wirkt eine Referenz in fehlerhaftem Englisch, ausgestellt von der „Luxus Lebenswelt GmbH“. Laut Recherchen der WELT ein „Ein-Mann-Onlinehandel“ ansässig in einem Reihenhaus im rheinländischen Willich bei Düsseldorf.
US-Arzneimittelbehörde setzt Test auf Negativliste
In der Messe-Präsentation zeigt die „Anhui Deepblue Medical“ auch die Zulassung ihres Coronatests bei der US-Arzneimittelbehörde FDA, erteilt im März 2020. Diese wurde inzwischen zurückgezogen. Am Dienstag veröffentlichte die US-Behörde eine Liste mit Herstellern von Covid-19-Tests, die von der "notification list", also der Liste der anerkannten Tests, entfernt wurden. Darunter jene Deepblue-Coronatests, die an Schulen in Mecklenburg-Vorpommern eingesetzt und auch bei uns gestoppt wurden.