Tiermast
Beim Bau von Mega-Ställen haben Bürger nichts zu melden
Neubrandenburg / Lesedauer: 2 min

Robert Kiesel
300 Mal so viele Masthennen wie Einwohner, Bürgermeister Erich Nacke hat sich damit arrangiert. Gleich vier Mastanlagen für Jung- und Legehennen wurden in seiner Gemeinde Fincken (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) zuletzt errichtet. Ein Mitsprache- oder Widerspruchsrecht hatte weder Nacke noch seine Nachbarn. Der Grund dafür: Jeder einzelne der vier Mastbetriebe blieb knapp unter dem dafür geltenden Schwellenwert von 40000 Tieren, drei davon um genau zehn Tiere.
Investoren nutzen gesetzliche Spielräume bis ins Letzte aus
Ein Einzelfall? "Keineswegs", sagt Jutta Gerkan, tierschutzpolitische Sprecherin der Grünen. Ihrer Ansicht nach nutzen Investoren flächendeckend die gesetzlichen Spielräume bis zum Letzten aus. "Ich halte es für eine bewusste Ausnutzung gesetzlicher Schlupflöcher, wenn mehrere Anlagen knapp unterhalb von 40 000 Tierplätzen beantragt werden", so Gerkan. Gezielt werde den Anliegern so die Einflussnahme verwehrt. Hintergrund dafür ist das "Gesetz zur Reduzierung und Beschleunigung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren". Eine Novelle aus dem Jahr 2007 hatte eine teilweise Verdopplungen der Grenzwerte für das "förmliche Verfahren" besiegelt. Bleibt ein Stallvorhaben unterhalb der Schwelle, muss auch die Öffentlichkeit nicht gehört werden.
10 von 13 Betrieben liegen knapp unter der Marke
Aktuelle Zahlen stützen die These der Kritiker: Von den im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte derzeit 13 im Bau oder in der Planung befindlichen Geflügelmastanlagen liegen zehn knapp unter der Marke von 40000 Tieren. Der Großteil davon unterschreitet den Schwellenwert um zehn Tiere. Auch die beiden im Nachbarkreis Vorpommern-Greifswald in Bau und Planung befindlichen Anlagen bieten genau 39990 Tieren Platz.
Die Maxime der Investoren: "Zeit ist Geld"
"Wer das am Ende noch kontrollieren soll ist mir ein Rätsel", sagt dazu Kerstin Lenz, Vorsitzende des Deutschen Tierschutzbundes in MV. Die Strategie der Investoren ist aus ihrer Sicht so eindeutig, dass sie Zweifel daran kaum verstehen kann. Stellvertretend für die Genehmigungsbehörden wiederum erklärte Wilfried Schumacher, Abteilungsleiter beim Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburgische Seenplatte: "Meiner Erfahrung nach geht es den Investoren in erster Linie um Zeit." Zwischen vereinfachtem und förmlichen Verfahren würden in der Regel vier Monate liegen. "Der Unterschied dazwischen ist in einigen Fällen von nicht unwesentlicher Bedeutung", so Schumacher weiter. "Zeit ist Geld" laute die Maxime der Investoren.