Awo-Affäre
Brisante Vorwürfe gegen die Wohlfahrt spalten Politik in MV
Schwerin / Lesedauer: 3 min

Andreas Becker
Trotz eines seit fast drei Jahren gültigen Wohlfahrtsgesetzes machen Teile der Sozialverbände in Mecklenburg-Vorpommern ihre Politik nach eigenem Gutdünken weiter. Das wollen sich CDU, Grüne und FDP nicht länger gefallen lassen.
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„Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Sport wird aufgefordert zu prüfen, inwieweit unrechtmäßig verwendete Zuwendungen zurückzufordern sind. Zu prüfen ist außerdem, inwieweit rechtliche Regelungen anzupassen sind, um einer zweck- und rechtswidrige Mittelverwendung der Wohlfahrtsverbände vorzubeugen”, hieß es in einem Antrag der selbst ernannten Jamaika-Koalition im Landtag.
Ein taktisches Manöver?
Dieser wurde von der Linkskoalition aus SPD und Linken allerdings abgeschmettert – trotzdem machte die SPD-Fraktion auf eine entsprechende Nordkurier-Anfrage deutlich: „Sollte es missbräuchliche Verwendungen von Steuergeld geben, geht es um Rückforderungen und rechtliche Konsequenzen.”
Ein Widerspruch zwischen Abstimmungsverhalten und Presseantwort? Oder eher ein taktisches Manöver, um die vom Landesrechnungshof schon vor Monaten festgestellten Mängel bei den Wohlfahrtsverbänden nicht gänzlich vom Tisch zu wischen?
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Letzteres könnte durch die Stellungnahme von Sozialministerin Stefanie Drese so gedeutet werden. MV habe mit dem Wohlfahrtsgesetz einen wesentlichen Schritt hin zu größerer Transparenz, Steuerung und Verlässlichkeit im Bereich der Wohlfahrtspflege getan, sagte die SPD-Politikerin.
Opposition will nicht nachgeben
„Einen wesentlichen Schritt” – doch ist der Weg zur immer wieder gepriesenen Transparenz in MV wohl noch weit. Das zeigt sich auch bei der von der Ministerin stets hoch gelobten Transparenzdatenbank, in denen die Wohlfahrtsverbände eigentliche ihre Geschäftsdaten und Chefgehälter eintragen sollen. Die Angaben aber sind bis heute immer noch eher lückenhaft.
Dass selbst der Koalitionspartner im rot-roten Bündnis in Schwerin nicht allzu glücklich mit dem Verhalten der Wohlfahrt ist, zeigt auch eine Aussage der Linken-Abgeordneten Steffi Pulz-Debler: „Meine Fraktion will mit ihrer Koalitionspartnerin ins Gespräch kommen, an welchen Stellen die Förderungsmodalitäten gegebenenfalls verändert beziehungsweise verbessert werden müssen.”
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Auch CDU, Grüne und FDP wollen sich mit den Antworten aus dem SPD-Lager nicht zufrieden geben. „Wir werden die Rechte zur Kontrolle der Landesregierung wahrnehmen und nachverfolgen, welche Schritte weiter vorgenommen werden”, betonte FDP-Fraktionschef René Domke.
LRH: Zu hohe Landeszuschüsse für Personal
Zur Erinnerung: Durch Vetternwirtschaft, überzogene Gehälter und zweifelhafte Geschäftsmodelle waren in den vergangenen Jahren Awo, DRK und andere Sozialverbände mächtig in die Negativschlagzeilen und ins Visier von Staatsanwälten und Richter geraten. Dass die Wohlfahrt aus diesen Fehlern offenbar nur wenig gelernt hat, zeigte der Länderfinanzbericht, den der Landesrechnungshof (LRH) im August diesen Jahres vorgelegt hatte.
Der LRH hatte „flächendeckend“ festgestellt, dass die Sozialverbände mindestens 600.000 Euro Landeszuschüsse, also Steuergelder der Bürger, für Personalkosten abgerechnet haben. Das Problem: Dafür existiert gar kein Personal. Explizit hat die oberste Finanzkontrollbehörde dabei betont, dass es sich um „keine Einzelfälle“ handele.
AfD sieht Verbindungen zu Parteien
Eine führende Rolle bei der Aufklärung der Awo-Affäre im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in der vergangenen Legislaturperiode hatte stets die AfD als größte Oppositionspartei im Schweriner Parlament eingenommen. Deren Abgeordneter Thomas de Jesus Fernandes kündigte an, „die besagten Missstände und wirren Statuten konsequent wie fortwährend weiter zu thematisieren”.
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Dass andere Fraktionen lange Zeit gewisse Beißhemmungen beim Umgang mit den Missständen in der Wohlfahrt hatten, wundert den AfD-Politiker nicht: „Die meisten Parteien sind jeweils eng mit einem Wohlfahrtsverband verbunden – die SPD mit der Awo, die CDU mit dem DRK, die Linken mit der Volkssolidarität. Da möchte man von der Öffentlichkeit unbehelligt weiter lieber an alt tradierten Mentalitäten festhalten.”