CDU, FDP und Grüne kritisieren NDR, RBB und Co.
Schwerin / Lesedauer: 3 min

Die Ausgangssituation war am Donnerstagabend im Parlament Mecklenburg-Vorpommerns denkbar einfach: Die AfD als größte Oppositionspartei hatte einen Antrag eingebracht, sämtliche Medienstaatsverträge zu kündigen und den Negativschlagzeilen produzierenden Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk (ÖRR) abzuschaffen und durch einen „schlanken Grundfunk mit der Konzentration auf den Bereich Information” (Thomas de Jesus Fernandes, AfD) zu ersetzen. Und wie so oft bei AfD-Anträgen, das gesamte übrige Plenum vereinte sich in seiner parteiübergreifenden Ablehnung.
Und doch war an diesem Abend etwas anders: Zwar lehnten CDU, FDP und Grüne den AfD-Antrag auch ab, rangen sich aber immerhin dazu durch, die von der AfD geäußerte Kritik am ÖRR durchaus zu teilen – wenn auch weniger wortgewaltig. Sebastian Ehlers (CDU), Sabine Enseleit (FDP) und Anne Shepley (Grüne) mahnten nämlich auch dringend Reformbedarf beim ÖRR an. Der Christdemokrat sprach von einem „Vertrauensverlust durch Skandale” und sah einen „gewissen Handlungsbedarf”. Die Freidemokratin betonte, dass Gehälter und Programme beim ÖRR „in die falsche Richtung gelaufen sind”. Die jüngsten Vorfälle hätten Fragen aufgeworfen, ergänzte Ehlers.
AfD fühlt sich nicht repräsentiert
Korruption, Vetternwirtschaft, überhöhte Gehälter und Sondervergütungen – und das alles in einem „zwangsfinanzierten System”, kritisierte de Jesus Fernandes den ÖRR und bezweifelte, dass dieses „10-Milliarden-System” von innen heraus reformiert werden könnte. Zudem sei die Grundversorgung bei der Berichterstattung nicht gewährleistet und ein Tendenzjournalismus mit rot-grüner Gesinnung festzustellen. Und noch etwas stieß dem AfD-Politiker auf: „Die AfD liegt beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern bei Umfragen bei rund 25 Prozent. Die AfD spielt in den Talkshows aber überhaupt keine Rolle. Das hat nichts mit unabhängiger Berichterstattung zu tun.” In dem Zusammenhang verwies Fernandes auf England und Frankreich, wo der ÖRR grundlegend reformiert beziehungsweise gleich abgeschafft worden sei.
Im Gegensatz zu Fernandes ritten die SPD-Abgeordneten Thomas Krüger und Nadine Julitz voll auf der ÖRR-Welle und verteidigten das System mit Inbrunst. Allerdings kam diese Haltung nicht überraschend: Krüger und Julitz sind Mitglied im Rundfunkrat des NDR in Mecklenburg-Vorpommern. Und da hält man sich mit Kritik am eigenen Haus lieber zurück. Auch Eva-Maria Kröger von den Linken stand zu ihrem ÖRR und verurteilte den AfD-Antrag als „gruselig”.
Innenminister würde Berichte aus MV über MV vermissen
Differenzierter trat dagegen Innenminister Christian Pegel (SPD) auf. Auf der einen Seite lobte er die „engagierte und inhaltsvolle Arbeit der NDR-Journalisten in Mecklenburg-Vorpommern”, auf der anderen Seite sprach er sich aber auch dafür aus, im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk mehr Transparenz und mehr Kontrolle wirken zu lassen. Allerdings sei es nicht förderlich, das ganze System zu zerdeppern. Zumal dann viele Arbeitsplätze verloren gehen würden und nicht mehr so viele schöne Berichte aus Mecklenburg-Vorpommern und über Mecklenburg-Vorpommern im Regionalfernsehen zu sehen wären.
Das aber wollte Thomas de Jesus Fernandes so nicht stehen lassen, verwies darauf, dass der ÖRR in Deutschland nach dem Rundfunk in China mittlerweile der zweitgrößte weltweit sei. „Und wenn man bei uns seine Zwangsgebühren nicht zahlt, landet man im Gefängnis”, wetterte der AfD-Mann. Um am Ende dann doch alleine da zu stehen – die übrigen Parteien donnerten den AfD-Antrag in den parlamentarischen Papierkorb.
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