Deutsche Rüstungsexporte laufen aus dem Ruder
Berlin / Lesedauer: 3 min

Für Dietmar Bartsch ist die Angelegenheit eindeutig: CDU und SPD versprechen das eine und tun das andere. Der Bundestagsabgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern kritisierte, dass die beiden Regierungsparteien in Berlin immer wieder davon sprechen, dass Fluchtursachen bekämpft werden müssten, aber: „Zwischen 2015 und 2017 wurden so viele deutsche Waffen exportiert, wie unter keiner Bundesregierung zuvor. Das zeigt ein unglaubliches Maß an moralischer Verkommenheit der immer noch amtierenden Bundesregierung”, sagte Bartsch. „Wir treten generell für ein Verbot der Waffenexporte ein. Man sollte damit beginnen, zumindest in Krisenländer nicht zu exportieren”, so der Vorsitzende der Linken-Bundestagsfraktion weiter.
In die gleiche Kerbe haut die AfD: „Das ist vorsätzliche, verantwortungslose Politik á la GroKo, die für weiteres Chaos und neue Wanderungsbewegungen sorgen wird. Fluchtursachen müssen vor Ort bekämpft werden. Dazu gehört vorrangig, dass Rüstungsexporte unterbleiben, damit Kriegsschauplätze nicht noch weiter angeheizt werden. Nur so lässt sich langfristig der Frieden sichern.”
Mehr Rüstungsexporte genehmigt
Am Dienstag war bekanntgeworden, dass die große Koalition in den vergangenen vier Jahren deutlich mehr Rüstungsexporte genehmigt hatte als die Vorgängerregierungen. Selbst Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte sich im vergangenen Jahr für eine gesetzliche Regelung ausgesprochen. Mit dem Versuch, dies durchzusetzen, waren die Grünen in den geplatzten Jamaika-Koalitionsverhandlungen gescheitert.
Pikant an Gabriels Forderung ist allerdings, dass er die vergangene Legislaturperiode als Wirtschaftsminister begonnen hatte. Vor allem aber hatte er als Vizekanzler einen erheblichen Einfluss darauf, welche Rüstungsexporte genehmigt werden. Dem geheim tagenden Bundessicherheitsrat, der darüber entscheidet, gehören neben Gabriel auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und sieben weitere Kabinettsmitglieder an. Die Entscheidungen des Gremiums werden zwar bekanntgegeben, aber nicht begründet.
Verbindliches Rüstungsexportgesetz gefordert
Die Grünen fordern daher eine verbindliche gesetzliche Regelung für derlei Geschäfte. Bisher sind diese nur über Richtlinien geregelt. „Die Richtlinien der Bundesregierung zu Exportgenehmigungen beinhalten zwar viele durchaus vernünftige Kriterien, sind aber am Ende völlig unverbindlich. Deshalb braucht es dringend ein verbindliches Rüstungsexportgesetz, das klare Kriterien wie beispielsweise die Menschenrechte im Empfängerland festlegt”, sagte der Verteidigungsexperte Tobias Lindner am Donnerstag.
Eine schlechte Figur macht die Bundesregierung auch beim Thema Lobbyismus von Rüstungsherstellern. In der vergangenen Legislaturperiode antwortete die Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Linken, wie oft Vertreter von Rüstungskonzernen Minister und Kanzlerin auf Flügen in verschiedene Länder begleiten (Drucksache 18/11857). Die Liste dieser Begleiter ist beachtlich. Sie tragen der Antwort zufolge die Kosten für die Reise zwar selbst, aber von der Bundesregierung in andere Länder mitgenommen zu werden, öffnet natürlich die Türen für verschiedene Aktivitäten dieser Rüstungsunternehmen. Welche Gespräche die Unternehmen in den verschiedenen Ländern geführt hatten, wurde in der Antwort aber nicht näher spezifiziert.
Boote von der Peene-Werft in Wolgast
Der Gesamtwert der Rüstungsexporte lag von 2014 bis 2017 bei 24,9 Milliarden Euro und damit 21 Prozent höher als in den Jahren der schwarz-gelben Koalition von 2010 bis 2013. Die Lieferungen in Drittstaaten außerhalb von EU und Nato nahmen sogar um 47 Prozent auf 14,48 Milliarden Euro zu. Alleine im vergangenen Jahr wurden Waffen und andere Rüstungsgüter im Wert von 3,79 Milliarden Euro an diese sogenannten Drittländer exportiert. Das sind 127 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.
Unter den Top-Empfängern sind kriegführende Länder wie Saudi-Arabien, die unter anderem auch Boote von der Peene-Werft in Wolgast erhalten sollen. Diese Boote sind ein Milliardengeschäft, doch die Beteiligung von Saudi-Arabien am Jemen-Krieg steht der Ausfuhr im Weg. Für die Landtags-Linken sind diese Patrouillenboote Kriegsgeräte, die rot-schwarze Landesregierung sieht das anders.