Nord Stream 2

Deutscher Top-Manager lobt russisches Erdgas

Schwerin / Lesedauer: 3 min

Mit Milliarden-Investitionen haben sich deutsche Energieunternehmen am Pipeline-Projekt von Gazprom beteiligt. Die Hintergründe erläuterte der Chef von Wintershall im MV-Landtag.
Veröffentlicht:20.01.2023, 10:20

Von:
  • Andreas Becker
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Endlich, wird so mancher Landtagsabgeordnete am Freitagmorgen im Schweriner Schloss gedacht haben. Endlich – nach monatelangen politischen Ränkespielen um Beweisanträge und organisatorische Abläufe – hat der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) zur Aufklärung der Vorkommnisse rund um den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 und der Klimaschutzstiftung MV die ersten Zeugen vernommen. Und die waren in der Tat hochkarätig.

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Milliarden für ungenutzte Pipeline

Thilo Wieland, Vorstandsmitglied der Wintershall Dea AG und zuvor bei der Wintershall Holding GmbH zuständig für Nord Stream 2, und Prof. Dr. Klaus-Dieter Maubach, seit 2021 Vorstandsvorsitzender und zuvor Aufsichtsratsvorsitzender der Uniper SE, standen dem Ausschuss Rede und Antwort.

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Zur Erinnerung: Die deutschen Firmen Wintershall und Uniper waren – gemeinsam mit der OMV aus Österreich, der französischen Engie sowie der niederländisch-britische Royal Dutch Shell – waren mit jeweils knapp einer Milliarde Euro beim Bau der Pipeline von Russland nach Mecklenburg-Vorpommern dabei und finanzierten rund 50 Prozent der 9,5 Milliarden Euro teuren Gasleitung. Im Jahr 2017 hatten die West-Konzerne mit der Projektgesellschaft Nord Stream 2 AG einen entsprechenden Vertrag geschlossen. Nord Stream 2 gehört zu 100 Prozent dem russischen Energieriesen Gazprom. Während der Bauphase – so die damaligen Aussagen von Wintershall und Uniper – hatten die deutschen Firmen keine Zweifel an dem politisch höchst umstrittenen Pipeline-Projekt geäußert.

Top-Manager: Bau der Pipeline war sinnvoll

Und heute, fast ein Jahr nach Beginn des Überfalls Russlands auf die Ukraine und der Beerdigung der Gasleitungen Nord Stream 1 und 2? „Die Umstände haben sich grundlegend und dramatisch geändert. Als Wintershall im April 2017 in das Projekt Nord Stream 2 einstieg, war die unternehmerische Entscheidungsgrundlage ganz anders als heute”, betonte Wieland gleich zu Beginn seiner Zeugenaussage.

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Nord Stream 2 sollte eine Versorgungsknappheit in Deutschland und Europa verhindern – so die damalige Einschätzung, sagte Wieland. Nur mit dem russischen Gas sei seinerzeit die Versorgungssicherheit zu gewährleisten gewesen, machte der Wintershall-Manager deutlich. „Wir hatten 2017 eine Importlücke beim Gas. Die eigene Gasproduktion ging in Europa zurück – gleichzeitig stieg aber der Bedarf am Gas. Unsere Entscheidung war deshalb ökonomisch sinnvoll und ökologisch im Vergleich zum LNG-Flüssiggas ebenfalls sinnvoll.” Russisches Erdgas sei extrem wettbewerbsfähig – und immer zuverlässig und gut verfügbar gewesen. Der Energieverbrauch durch Transport und Einspeisung sei bei LNG wesentlich höher.

Treffen mit Schwesig

Auf eine entsprechende Nachfrage von Sebastian Ehlers räumte Wieland ein, beim Petersburger Energieforum 2017/2018 ein kurzes Gespräch „im offenen Raum” mit MV-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig geführt zu haben – allerdings habe man nicht speziell über das Pipeline-Projekt gesprochen. Ansonsten habe es keine Kontakte Wintershalls mit der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern gegeben.

Im März 2022, kurz nach Beginn des Krieges in der Ukraine, hatte der Vorstand der Wintershall Dea AG als eine Tochter des Chemiegiganten BASF entschieden, in Russland keine zusätzlichen Projekte zur Förderung von Gas und Öl voranzutreiben oder umzusetzen und die Finanzierung von Nord Stream 2 in Höhe von rund 1 Milliarde Euro abzuschreiben.