Betrug mit Lizenzen
Falsche Türsteher-Prüfer bekommen Strafbefehle
Neubrandenburg / Lesedauer: 2 min

Etwa 50 Sicherheitsleute aus der Türsteherszene in Hessen sollen ihre in Neubrandenburg ausgestellten IHK-Lizenzen wieder verlieren. Das entsprechende Rücknahmeverfahren werde jetzt eingeleitet, sagte die Juristin der Neubrandenburger Industrie- und Handelskammer Heide Klopp am Freitag.
Hintergrund ist ein 2014 in Hessen bekannt gewordener Bestechungsskandal im Bewachungsgewerbe bei IHK-Prüfungen im Nordosten. Wie eine Sprecherin der Stralsunder Staatsanwaltschaft sagte, wurden schon Strafbefehle wegen Falschbeurkundung gegen vier Prüfer erlassen.
Davon sind inzwischen drei Strafbefehle rechtskräftig. Die 42, 53 und 63 Jahre alten Beschuldigten haben ihre Strafbefehle zwischen 3500 und 14 400 Euro anerkannt, hieß es vom Amtsgericht Greifswald. Als Einziger habe ein 62-jähriger Prüfer aus dem Kreis Vorpommern-Greifswald Rechtsmittel gegen seinen Strafbefehl über knapp 9000 Euro eingelegt. Er soll in vier Fällen Listen mit "Sachkundenachweisen" für mehrere Türsteher ohne echte Prüfung abgezeichnet haben.
1000 Euro Bestechungsgeld pro Mann
Die dubiosen Praktiken waren bei Ermittlungen des Landeskriminalamtes Hessen gegen Rocker der Hells Angels im Rhein-Main-Gebiet aufgefallen. Nach Angaben des LKA Hessen sollen die Sicherheitsleute ihre "Sachkundeprüfung" für das Sicherheitsgewerbe dadurch erlangt haben, dass pro Mann etwa 1000 Euro Bestechungsgeld an die Prüfer geflossen sein soll. Einige Prüfer gaben den Sicherheitsleuten vorher Antworten auf die Prüfungsfragen.
Eine Bestechung habe man den Prüfern allerdings nicht nachweisen können, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Deshalb seien die Strafbefehle nicht auf Bestechung hin ausgestellt worden, sondern wegen Falschbeurkundung erfolgt. Mit diesen Prüfern arbeite die IHK auch künftig nicht mehr zusammen: "Das ist ein klarer Verstoß gegen die Pflichten als Prüfer", sagte Klopp. Man habe sich darauf verlassen, dass Prüfer zuverlässig seien.
Imageschaden für die Kammer enorm
Zur vollständigen Aufarbeitung gehöre nun auch die Rückforderung der Lizenzen, meinte die Juristin der Kammer. Den Sicherheitsleuten müsse klar gewesen sein, dass sie ihre Lizenz zu Unrecht erhalten hätten. Vom Imageschaden der Kammer einmal abgesehen würden weiter auch Schadensersatzforderungen geprüft.
Pro Jahr werden an der Neubrandenburger IHK, die Unternehmen in der Region Mecklenburgische Seenplatte und Vorpommern-Greifswald betreut, und 300 Sachkundeprüfungen im Bewachungsgewerbe abgelegt, hieß es. Allein die Seenplatte ist mehr als doppelt so groß wie das Saarland. Solche Prüfungen mache aber jede Kammer, die für solche Prüfungen auf externe Fachleute als Prüfer zurückgreifen. Bei der IHK in Neubrandenburg soll es rund 800 ehrenamtliche Prüfer geben.
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