StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernFlüssiggas für Lubmin entzündet hitzigen Polit-Streit

LNG-Terminals

Flüssiggas für Lubmin entzündet hitzigen Polit-Streit

Schwerin / Lesedauer: 3 min

Die Not ist groß – Gas muss her! LNG-Terminals sollen es richten – auch in Lubmin. Doch der ehrgeizige Zeitplan wirft Fragen auf – auch Klagen könnten drohen.
Veröffentlicht:29.07.2022, 06:11

Von:
  • Andreas Becker
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Bisher war alles so vermeintlich einfach und günstig: Über Jahrzehnte floss reichlich Gas aus den unendlichen Tiefen Sibiriens in Richtung Westen – und schon hatten es die Deutschen kuschelig warm. Doch der Angriffskrieg Russlands hat das Verhältnis zwischen beiden Ländern in den Frostbereich getrieben. Konsequenz: Deutschland muss sich das Gas woanders in der Welt besorgen. Unter anderem sollen LNG-Terminals helfen, an denen mit Schiffen Flüssiggas anlanden soll – auch in Lubmin im Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns.

Schwimmende Plattform vor Lubmin – bis zum 1. Dezember?

Der Bund selbst plant solch ein Terminal und auch das vor wenigen Wochen gegründete Privatunternehmen Deutsche Regas GmbH hat angekündigt, eine schwimmende LNG-Plattform zu errichten. Und das schon am 1. Dezember. Was zeitlich ambitioniert klingt, steckt aber zumindest bei den notwendigen Genehmigungen offenbar noch in den Kinderschuhen. Bei den zuständigen Behörden sind nämlich laut Medienberichten noch keine entsprechenden Unterlagen eingegangen.

Patrick Dahlemann, Chef der Staatskanzlei in Schwerin und einer der engsten Vertrauten von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (beide SPD), beruhigt und verweist auf eine eigens gegründete Arbeitsgruppe, in der unter Beteiligung von Landwirtschaftsminister Till Backhaus und Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (beide auch SPD) ein schlankes und beschleunigtes Verfahren garantiert werden solle. „Die Versorgungsstabilität hat höchste Priorität, da gehören alle an einen Tisch. Unter Berücksichtigung aller rechtsstaatlichen Standards wird entschieden”, so Dahlemann.

Deutsche Umwelthilfe warnt vor Wildwuchs – Skepsis gegenüber Regas GmbH

An diesem Tisch dürfte auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sitzen. „Wir sind bei den öffentlichen Beteiligungen dabei und werden schauen, dass trotz der zweifellos vorhandenen Notsituation kein Wildwuchs an LNG-Terminals entsteht”, mahnte DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner im Gespräch mit dem Nordkurier. Man dürfe sich keine Überkapazitäten heranzüchten, die dann die angepeilten Klimaziele unterliefen, so Müller-Kraenner.

Zugleich drückte der DUH-Geschäftsführer Skepsis gegenüber der Deutsche Regas aus. Deren Verantwortlichen seien neu in der Branche, würden ein weltweit neues Verfahren bei der Anlandung anwenden und ständen unter Zeitdruck. Müller-Kraenner: „Wir behalten uns zumindest rechtliche Schritte innerhalb des Genehmigungsverfahrens vor.”

Dahlemann: Mögliche Klagen seien „Hirngespinste” – Kritik an CDU in MV

Die Verantwortlichen der Deutschen Regas und auch Dahlemann wiesen im Gegenzug darauf hin, dass mit TotalEnergies, der fünftgrößte Energiekonzern der Welt als Partner mit im Boot sitze. Im Zusammenhang mit möglichen Klagen sprach der Chef der Staatskanzlei von „Hirngespinsten”.

Einmal in Fahrt kritisierte Dahlemann auch gleich die CDU in Mecklenburg-Vorpommern. Die hatte der rot-roten Landesregierung vor dem Hintergrund der Energiekrise Untätigkeit vorgeworfen. „Während in Süddeutschland die Ministerpräsidenten zusammenrücken und gemeinsam über die Energiesicherheit Deutschlands beraten, ist ein Energiegipfel in Mecklenburg-Vorpommern mal wieder nur angekündigt”, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU, Wolfgang Waldmüller, in Richtung Schwesig-Regierung. Die Partei hat daher eine Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses für den 4. August beantragt.

Dahlemanns Konter: „Während wir in den letzten Wochen intensiv an einer Lösung gearbeitet haben, wacht die CDU-Landtagsfraktion erst jetzt im Sommerloch auf und verstrickt sich in ihre energiepolitischen Widersprüchlichkeiten.” Einen Energiegipfel avisiere die Landesregierung für die zweite August-Hälfte an, so Dahlemann.