Regierungswechsel
Freude, Sorge, Drohungen – erste Reaktionen auf Rot-Rot in MV
Schwerin / Lesedauer: 4 min

Die SPD in Mecklenburg-Vorpommern wechselt nach 15 Jahren ihren Regierungspartner. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, die mit ihrer SPD Ende September die Landtagswahl klar gewonnen hatte, kündigte am Mittwoch in Güstrow Koalitionsverhandlungen mit der Linken an. „Wir sehen in der Linkspartei eine Partnerin, mit der wir unser Land gemeinsam voranbringen können. Uns geht es um einen Aufbruch 2030, mit mehr Wirtschaft, besseren Löhnen, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Verantwortung“, sagte Schwesig nach einer gut zweistündigen Beratung von Landesvorstand, Parteirat und Landtagsfraktion in Güstrow. Der bislang mitregierenden CDU bleibt somit künftig die Oppositionsrolle.
Schwesig: Stabilität und Zuverlässigkeit waren entscheidend
Nach Angaben Schwesigs fiel die Entscheidung für Rot-Rot in sämtlichen Gremien einstimmig aus. „Es gab in allen Wortbeiträgen Zustimmung für eine solche Koalition“, betonte sie. Es haben mit allen vier möglichen Regierungspartnern, CDU, Linke sowie Grüne und FDP gute Gespräche gegeben. Für sie sei aber wichtig gewesen, mit welcher dieser Parteien es die meisten Schnittmengen gebe und mit wem die beste und stabilste Regierung gebildet werden könne. Die Linke habe in den Sondierungen deutlich gemacht, dass sie gut vorbereitet sei und auch personelle Stabilität gewährleiste. Im neuen, 79 Abgeordnete zählenden Parlament verfügt Rot-Rot mit 43 Sitzen über eine tragfähige Mehrheit, 34 Abgeordnete stellt allein die SPD.
Letzteres war wohl auch als Ohrfeige an die CDU zu verstehen, die im Land nach der doppelten Wahlniederlage in einer desolaten Situation ist. Bei der Union reagierte man wenig überrascht auf die Entscheidung. „Bereits vor der Wahl war erkennbar, dass bei der SPD nur ein geringes Interesse an einer Fortsetzung der Koalition vorhanden war“, erklärte der amtierende CDU-Landeschef Eckardt Rehberg.
Linke fuhr kein gutes Ergebnis bei der Wahl ein
Und die Linke? Dort frohlockte Fraktionschefin Simone Oldenburg und erklärte: „Damit hat sich die SPD für den Aufbruch und für einen sozialen Schwung in Mecklenburg-Vorpommern entschieden.“ Es bestehe die Chance, das Land aus dem Lohnkeller zu holen, die Wirtschaft zu stärken sowie die Kinder, Jugendlichen und Familien in den Mittelpunkt der Arbeit zu stellen.
In der Linken hatte es trotz eines ebenfalls ernüchternden Wahlergebnisses auf Landesebene kein Stühlerücken gegeben. Obwohl die Partei mit 9,9 Prozent erstmals ein einstelliges Ergebnis einfuhr, wurde die einflussreiche Spitzenkandidatin Simone Oldenburg einstimmig als Fraktionschefin wiedergewählt. Die scharfzüngige frühere Schulleiterin gilt als erste Anwärterin auf ein Ministeramt. Mit nun noch 9 Abgeordneten dürfte die Linke Anspruch auf nur zwei Ressorts erheben. Das würde bei gleichbleibender Zahl der bislang acht Ministerien eines mehr für die SPD bedeuten.
AfD spricht vom „Weg in den Sozialismus”
Gegenwind kam nicht nur von der AfD, deren Fraktionschef Nikolaus Kramer nun den „Weg in den Sozialismus“ geebnet sieht, sondern auch von der Wirtschaft im Land. Für die vereinigten Unternehmensverbände erklärte deren Geschäftsführer Sven Müller: „Mit wachem Auge und einer gehörigen Portion Sorge werden wir die jetzt anstehenden Verhandlungen von Rot-Rot kritisch begleiten.“ Vor allem die Linke müsse sich entscheiden, ob sie pragmatische und realitätsnahe Regierungspolitik betreiben „oder eher in der rückwärts gewandten Tradition ideologisch verhaftet“ bleiben wolle, so Müller.
Beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) klang das naturgemäß ganz anders – dort sprach man von einer Chance, Politik im Interesse der Beschäftigten zu machen: „Die nächste Landesregierung muss den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Wandel zügig voranbringen“, erklärte der Vize-Vorsitzende des DGB Nord, Ingo Schlüter.
CDU-Fraktionschef Liskow will „niemanden schonen”
Es dürfte also spannend werden in den kommenden Wochen – auch weil der neue CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow noch gestern Abend ankündigte: „Ziel unserer Oppositionsarbeit wird es nicht sein, Gräben aufzureißen, wir werden aber auch niemanden schonen.“ Auch die Grünen kündigten in Person ihrer Landessprecher Weike Bandlow und Ole Krüger eine "konstruktive und kritische Oppositionsarbeit" an. „Unser Land steht vor großen Herausforderungen“, hieß es von den beiden. Beim Thema Klimaschutz werde die Fraktion besonders genau hinschauen, was Rot-Rot umsetze und was nicht: „Auch bei den sozialen Themen werden wir das Bündnis von SPD und Linken an den eigenen Versprechen und den Herausforderungen der Zeit messen.“
Die FDP indes warnte vor einer Schwächung der sozialen Marktwirtschaft: „Ein rot-rotes Bündnis ist nicht das, was für uns Freie Demokraten einen Aufbruch in die Zukunft erwarten lässt“, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion, David Wulff. „Wir werden jetzt aus der Opposition heraus für eine starke Wirtschaft und solide Finanzen des Landes streiten.“ Gerade die Linken seien dafür kein Garant. Eine Schwächung der sozialen Marktwirtschaft könne sich MV nicht leisten.