Diesmal auch mit Haustier

Große Gesundheitsstudie in Vorpommern geht in Phase 3

Greifswald / Lesedauer: 3 min

Die weltgrößte Studie zum Zusammenhang von Risikofaktoren und Krankheiten geht in die nächste Phase und schließt erstmals auch die Haustiere der Probanden ein.
Veröffentlicht:13.05.2021, 09:21
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Von:
  • Author ImageRalph Sommer
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Der Fall Corona, vermutlich ausgelöst durch Viren in Fledermäusen, ist der weltweit am dramatischsten spürbare Beleg für eine Erkrankung, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden kann. Doch Forscher gehen davon aus, dass es sehr viel mehr Ansteckungsrisiken bei Tieren gibt, die vielleicht weniger dramatische Folgen als in der gegenwärtigen Pandemie haben, für den Einzelnen aber durchaus gefährlich sein können.

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Ein Beispiel für sogenannte zoonotische Erkrankungen ist Hepatitis E, eine zumeist harmlos verlaufende in Einzelfällen aber schwere Grippeerkrankung mit erhöhten Leberenzymwerten, für die es bislang aber weder eine antivirale Therapie noch einen zugelassenen Impfstoff in Europa gibt. Wissenschaftler gehen inzwischen davon aus, dass der Hepatitis-E-Erreger auch über den Verzehr von nicht richtig gegarter Wildschweinleber auf den Menschen übertragen werden kann. Und Untersuchungen ergaben, dass in den Wäldern Pommerns mittlerweile fast jedes Wildschein mit diesem Virus unterwegs ist.

25 Stunden dauernder Test im Schlaflabor

Experten des Greifswalder Instituts für Community Medicine wollen sich in einer neuen Studie nun nicht nur dem Gesundheitszustand und der Ernährungsweise der Menschen, sondern auch ihrer Haustiere widmen. In der am 17. Mai startenden, sogenannten Ship-Studie-Next (Study of Health in Pomerania/Leben und Gesundheit in Vorpommern) soll in den nächsten vier Jahren eine dritte Basisgruppe von mindestens 4000 freiwilligen Probanden im Alter zwischen 20 und 79 Jahren umfassend untersucht und auch deren Haustiere wie Hunde, Katzen, Hühner und Tauben tierärztlich gecheckt werden.

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Es sei die mittlerweile fünfte Welle der weltweit größten Gesundheitsstudie für eine großflächige Region, sagt Studienleiter Prof. Henry Völzke. In den vergangenen 23 Jahren seien bereits mehr als 8700 Freiwillige aus Vorpommern in den Langzeit-Untersuchungen „Ship-Start“ und „Ship-Trend“ auf Herz und Nieren getestet worden. Die von Fachärzten geleiteten Untersuchungen reichten von Herz-Kreislauf-Checks, EKG- und Belastungs-Tests, Blut- und Urinanalysen, Haut- und Zahn-Untersuchungen bis zu 25-stündigen Schlaflabor-Überwachungen. „Nun wollen wir uns darüber hinaus auf neue moderne Untersuchungsmethoden konzentrieren“, sagt der Bevölkerungsmediziner.

Durch die Einbeziehung der Haustiere erhofften sich die Experten nicht nur Aufschlüsse zu möglichen Infektionsrisiken, wie die in Japan festgestellte Übertragung von Zahnfleischentzündungen vom Hund auf den Menschen. Sie hoffen auch auf Informationen über eventuelle positive Auswirkungen der Haustierhaltung auf den Menschen. „Wir wissen zum Beispiel, dass Hundehalter sich mehr bewegen als andere, was möglicherweise die Gefahren des Rauchens abmildern könnte“, sagt Völzke.

Mögliche Teilnehmerinnen werden zufällig ausgesucht

Gefördert wird die bis 2025 geplante Untersuchungsreihe mit 8,8 Millionen Euro. Bei den Untersuchungen der Probanden kommt ein intraoraler 3-D-Scanner zum Einsatz, mit dem das Mundinnere inklusive Ober- und Unterkiefer abgebildet wird. Neu ist auch eine Messung von Blickbewegungen mit einer Eye-Tracking-Kamera, um die Reaktion der Teilnehmer auf unterschiedlich emotionale Bilder festzuhalten. Auch eine Gang-Analyse, ein Kopfschmerz-Interview, Haarproben-Untersuchungen und detaillierte Untersuchungen von Händen und Füßen stehen auf dem Programm. Zusätzlich werden die Probanden mit einer elektrischen Zahnbürste und einer Spezialarmbanduhr ausgestattet, die weitere Daten über Gesundheitszustand und Lebensgewohnheiten liefern.

„Die zufällig über die Einwohnermeldeämter ausgewählten Teilnehmerinnen und Teilnehmer profitieren unmittelbar von der Studie, da ihnen die Ergebnisse ihrer Untersuchungen mitgeteilt werden“, betont der Studienleiter. Die Ergebnisse von Ship kämen jedoch allen Menschen zugute, weil wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen würden, um Krankheiten künftig möglichst zu vermeiden oder frühzeitig erkennen zu können und deren Folgen zu lindern.