Umfrage
Große Zufriedenheit mit Corona-Politik im Nordosten
Neubrandenburg / Lesedauer: 5 min

Nordkurier
Mit so viel Resonanz hatte man auch im Nordkurier-Medienhaus in Neubrandenburg nicht gerechnet: Wäschekorbweise trudelten dort im September die Ergebnisse einer großen Umfrage unter 180.000 Haushalten im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung ein. Im Rahmen einer Werbe-Aktion wollte unsere Redaktion von den Menschen zwischen Teterow und Penkun, Lychen und Loitz ihre Meinung zur Corona-Politik erfragen.
Umfrage ist nicht repräsentativ, aber trotzdem aussagekräftig
Am Ende schickten über 9000 von ihnen die Antwortzettel zurück – die Auswertung nahm eine Weile in Anspruch. Doch nun lässt sich sagen: Zumindest Ende September war die Stimmung in der Bevölkerung zu den Corona-Maßnahmen überwiegend positiv. Die genauen Ergebnisse gibt's weiter oben in der Bildergalerie.
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Zwar ist einschränkend zu sagen, dass die Resultate somit nur das Stimmungsbild vor der zweiten Corona-Welle, die sich inzwischen Bahn bricht, widerspiegeln. Zudem ist das Ergebnis nicht repräsentativ, bildet also nicht zwangsläufig die reale Zusammensetzung der Bevölkerung ab.
Fast drei Viertel halten die Schutzmaßnahmen nicht für übertrieben
Dennoch sind – allein schon wegen der großen Zahl an Antworten – einige belastbare Aussagen möglich, findet der Rostocker Politologe Jan Müller. Er sagte: „Auch wenn statistische Repräsentativität nicht gegeben ist, handelt es sich bei den Daten um ein sehr interessantes Stimmungsbild. Die Rückmeldungen bestätigen andere bundesweite Umfragen.“ Insgesamt, so Müller, sei es im Nordosten offenbar gelungen, der Bevölkerung die Sinnhaftigkeit der Corona-Maßnahmen zu vermitteln. Dies schließt er konkret aus der Angabe, dass 72 Prozent der Befragten angaben, sie hielten die Corona-Maßnahmen nicht für übertrieben oder sogar für zu gering. Auch die Zustimmung zur Maskenpflicht ist mit 84 Prozent hoch.
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Müller schlussfolgert: „Letztendlich zeigt sich, dass die Politik den Menschen in solch einer Krisensituation mehr Verständnis und Solidarität zutrauen kann als man vorher meinen konnte.“ Er schränkt aber ein: „Über gerechtfertigte Kritik an einigen Maßnahmen darf aber trotzdem gestritten werden.“
Manuela Schwesig sieht ihren rigiden Kurs bestätigt
In der MV-Landespolitik stießen die Antworten aus dem Nordkurier-Land naturgemäß auf positiven Widerhall. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), die zuletzt viel Kritik für ihre Politik der vergangenen Wochen hatte einstecken müssen und obendrein per Gerichtsurteil einen Stopp ihres Einreiseverbots für Risiko-Touristen hinnehmen musste, sagte: „Die Befragung zeigt auch, dass auch Einschränkungen im Tourismus von einer klaren Mehrheit befürwortet werden. Auch wenn das jetzt schwerer geworden ist: Wir brauchen auch in Zukunft Schutzmaßnahmen im Tourismus, insbesondere bei Reisen aus Risikogebieten.“
Die Linke hob mahnend den Zeigefinger: „Auch wenn die Umfrage nicht repräsentativ ist, zeigt sie doch, dass viele Bürgerinnen und Bürger Maßnahmen gutheißen, die dem Schutz ihrer Gesundheit dienen“, so Simone Oldenburg, Chefin der Linksfraktion im Schweriner Landtag: „Dennoch muss sichergestellt werden, dass die Regeln im Kampf gegen Corona, die oftmals das Leben nicht unerheblich einschränken, für alle klar, verbindlich und nachvollziehbar sind. Ein Maßnahmen-Kuddelmuddel muss künftig vermieden werden – auch damit die Akzeptanz in der Bevölkerung nicht schwindet.“
Für die in Berlin regierende und in Schwerin mitregierende CDU erklärte der parlamentarische Geschäftsführer Wolfgang Waldmüller: „Die Erhebung des Nordkurier deckt sich mit meiner Wahrnehmung: Die große Mehrzahl der Menschen hält die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie für richtig.“ Er hob noch auf einen anderen Aspekt ab: „Gleichzeitig ist es uns gelungen, den finanziellen Schaden für die Bürgerinnen und Bürger so gut es ging zu begrenzen.“ Denn 70 Prozent der Befragten gaben an, ihre finanzielle Situation habe nicht wegen Corona gelitten.
Sind die Kritiker in den Medien überrepräsentiert?
Der Fraktionschef der SPD im Schweriner Landtag, Thomas Krüger, nannte die Ergebnisse „bemerkenswert“. Es zeige, wie solidarisch die Bevölkerung sei. Krüger sagte: „Aus den Erfahrungen der bisherigen Pandemie haben wir bereits wichtige Schlüsse gezogen und sind somit gut vorbereitet für die kommende Zeit, um weiterhin differenziert und ausgewogen zu handeln.“
Differenziert und ausgewogen finden die allermeisten Befragten offenbar auch die Berichterstattung in Medien wie dem Nordkurier. Für den Politologen Jan Müller lässt sich daraus vor allem ableiten, „dass Positionen, die die Maßnahmen für vollkommen verfehlt oder die Gefahr durch Corona leugnen, medial überrepräsentiert sind und nur eine kleine Minderheit ausmachen. Mit Blick auf die Medien könnte naheliegen, dass Fehler aus der „Flüchtlingskrise 2015“ überkompensiert werden, indem besonders viele kritische Stimmen zu Wort kommen.“
Ganz so will Nordkurier-Chefredakteur Jürgen Mladek das nicht stehen lassen: „Grundsätzlich ist es natürlich die Aufgabe von Journalismus, sich kritisch mit dem Regierungshandeln zu befassen und auch den Menschen eine Stimme zu geben, die nicht mit der Mehrheit laufen. Egal ob als Opposition im Parlament oder auf der Straße.“ Gleichwohl bewertet auch Mladek ein Ergebnis der Umfrage äußerst positiv: „Die hohe Beteiligung und der Zuspruch sind für uns ein großer Ansporn, weiter eine gemeinsame Diskussionsplattform für die Menschen in all ihrer Vielfalt in unserer Region zu bieten.“