Renten
Härtefallfonds für DDR–Renten stößt auf große Nachfrage
Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Jörg Spreemann
Der seit Jahresbeginn geöffnete Härtefallfonds für Rentner zahlreicher Berufsgruppen in der DDR stößt auf eine große Nachfrage. Bisher seien mehr als 80.000 Anträge für die pauschale Einmalzahlung eingegangen, teilte das Bundesarbeitsministerium auf Nachfrage unserer Zeitung mit. Begünstigte sind etwa 500.000 Rentner von Berufsgruppen, deren betriebliche Zusatzrentensysteme in der Wende unter die Räder gekommen sind. Erfasst sind auch Frauen, die in der DDR geschieden wurden. Heute übliche Versorgungsansprüche aus der Tätigkeit des Ehepartners sind bisher unter den Tisch gefallen.
Während für die meisten Beschäftigten die Ansprüche aus der freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR anerkannt wurden, sind Eisenbahner, Postmitarbeiter, Krankenschwestern oder Wissenschaftler bisher leer ausgegangen. Das führt zum Beispiel dazu, dass ein Lokführer der Deutschen Reichsbahn in der DDR mit geschätzten 300 Euro Rente weniger im Monat auskommen muss als sein Westkollege.
In Brandenburg wird nur halb so viel gezahlt wie in MV
Nach mehrjährigem Tauziehen über die Ausgestaltung der Hilfen erfolgt die Abwicklung der Zahlungen durch eine eigens gegründete Stiftung Härtefallfonds. Hier entscheidet bei gleichem Beruf der Wohnort: Betroffene in Mecklenburg–Vorpommern können bei Anerkennung mit einmalig 5000 Euro rechnen. In Brandenburg wird nur die Hälfte gezahlt. Die Landesregierung in Potsdam hatte sich geweigert, dem Härtefallfonds freiwillig beizutreten und auf die Zuständigkeit des Bundes verwiesen.
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Angesichts der eng gefassten Kriterien und bürokratischen Hürden für eine Auszahlung fordern Interessenvertreter von Betroffenen eine deutliche Ausweitung der Hilfen und des Personenkreises. „Der Härtefallfonds bedeutet Almosen für wenige Arme und eine neue Demütigung für die Mehrheit der Ostrentner“, erklärte Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linken im Bundestag gegenüber unserer Zeitung. Die meisten Betroffenen würden keinen Cent erhalten, weil die Kriterien des Fonds viel zu hart sind. Wer heute mehr als 830 Euro Rente beziehe, gehe leer aus. „ Jeder und jede, dessen Rentenansprüche aus DDR–Zeiten übergangen wurden, muss Gelder erhalten“, sagte Bartsch.
Umwandlung des Härtefallfonds in Gerechtigkeitsfonds gefordert
Der Runde Tisch Rentengerechtigkeit, an dem neun betroffene Berufs– und Personengruppen versammelt sind, fordert eine durchschnittliche Abfindung in Höhe von 20.000 Euro. Das Bündnis hatte seit 2017 einen Rentenausgleich gefordert. In einer Entschließung des Runden Tisches wird die Orientierung für die Bedürftigkeit an der Höhe der Grundsicherung von 830 Euro kritisiert. Gefordert wird die Umwandlung des Härtefallfonds in einen Gerechtigkeitsfonds.
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Das zuständige Bundesarbeitsministerium verweist ungeachtet der Kritik auf mehrjährige Gespräche zwischen Bund, Ländern und Betroffenen, die der Bildung des Härtefallfonds vorangegangen seien. Eine erneute inhaltliche Diskussion komme vor diesem Hintergrund nicht in Betracht, erklärte eine Sprecherin.