MV-Landtag
Heimlich geimpft! AfD-Mann will nicht als Weichei gelten
Schwerin / Lesedauer: 3 min

Andreas Becker
Und zack, da hatte es die AfD-Fraktion am vergangenen Donnerstag erwischt. Ausgerechnet Nikolaus Kramer, Fraktionschef der AfD im MV-Landtag und erklärter Impfgegner, hatte sich mit dem Coronavirus infiziert. Kramer informierte seine Fraktionskollegen im internen AfD-Chat und begab sich in die häusliche Isolation.
So weit, so gut. Doch nun war am nächsten Tag, am Freitag, Sondersitzung des Landtags – die gefühlt 117. außerplanmäßige parlamentarische Runde im Schweriner Schloss zu den Maßnahmen der Landesregierung zur Eindämmung der Pandemie. Und da alle Fraktionsmitglieder der AfD als Kontaktpersonen Kramers angesehen worden waren, mussten die Ungeimpften der AfD-Riege – so sieht es die Gesundheitsverordnung in solchen Fällen vor – ebenfalls ihr Quarantänequartier in den heimischen vier Wänden beziehen.
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Praktische Folge im Landtag: Lediglich die vier Geimpften der 14 Fraktionsmitglieder der AfD konnten im Plenarsaal Platz nehmen – der überwiegende Teil der Fraktion musste der Landtagsdebatte fernbleiben. Schlecht für die zahlenmäßig größte Oppositionspartei im MV-Parlament, mit verminderter Mannschaftsstärke die politische Auseinandersetzung in der Corona-Debatte zu führen. Zumal es mit der CDU, den Grünen und der FDP drei weitere Fraktionen gibt, die als Opposition das politische Schwert gegen die rot-rote Landesregierung führen – und den Anspruch haben, dies auch besonders effektiv zu machen.
Dass aber auch Afd-intern beinhart um das Impfen und Nichtimpfen gerungen wird, zeigt der Umgang hinter den AfD-Kulissen. Motto: In der AfD gilt man nur als hart und gestählt, wenn man sich nicht impfen lässt. „Ungeimpft zu sein, das ist hier mittlerweile Beweis für das echte AfD-Glaubensbekenntnis“, heißt es mehr oder weniger unausgesprochen innerhalb der AfD-Fraktion. Und so wollte einer der AfD-Abgeordneten diese Stärke auch ganz bewusst zeigen und stufte sich nach Informationen des Nordkurier unmittelbar nach dem positiven Corona-Fall des Fraktionsvorsitzenden als Ungeimpfter ein.
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24 Stunden später, am Tag der Landtagssitzung, aber wurde dem Parlamentarier die Nummer mit dem mutmaßlichen Nichtgeimpftsein doch zu heiß – kleinlaut ruderte der Mann zurück und gab sich vor seinen Fraktionskollegen doch als geimpft zu erkennen und nahm folgerichtig an der Sondersitzung teil. Jetzt dürfte der Politiker in der AfD zwar nicht mehr „zu den harten Kämpfern zählen“ (so heißt es in den Fluren und Gängen des Schlosses hinter vorgehaltener AfD-Hand), aber immerhin hat er die Wahrheit gesagt – vielleicht ein Trumpf, mit dem in der Politik zur Abwechslung einmal gewuchert werden könnte. Letzteres gilt selbstverständlich für alle Parteien.