In MV regiert jetzt eine "Regenbogen-Koalition"
Schwerin / Lesedauer: 4 min

Mecklenburg-Vorpommern greift zur Bewältigung der Energiekrise noch einmal kräftig in die Landeskasse. Auf seiner letzten Sitzung in diesem Jahr beschloss der Landtag am Freitag in Schwerin einen Nachtragshaushalt für 2023. Für krisenbedingte Sonderausgaben stehen demnach im kommenden Jahr 508 Millionen Euro zusätzlich bereit.
Lesen Sie auch: Regierung befürchtet Missbrauch bei Strompreisbremse
Eine ganz neue Koalition rettet MV-Haushalt
Wirklich außergewöhnlich an der Sitzung war allerdings die Konstellation, die den Nachtragshaushalt beschloss: Neben der eigentlichen Landesregierung aus SPD und Linker stimmten auch Grüne und FDP für den Etat. Zuvor war die Sitzung für zwei Stunden unterbrochen und hinter den Kulissen noch emsig um Zugeständnisse gefeiltscht worden.
Mit dem Beschluss zerbrach auch die bisherige selbst ernannte oppositionelle Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP in einem zentralen Politikfeld. Von einer in MV noch nicht dagewesene „Regenbogen-Koalition” sprach deshalb im Anschluss der CDU-Abgeordneter Marc Reinhardt - was allerdings verkennt, dass zum Regebogen immer auch die Farbe "Blau" gehört. Die ist im politischen Spektrum der AfD zuzuordnen - und die stimmte genau wie die CDU gegen den Etat.
CDU: Vorgehen von Rot-Rot ist "grob respektlos"
CDU-Mann Reinhardt teilte nach dem Verlust seiner "Oppositions-Partner" Grüne und FDP jedenfalls wütend aus und schimpfte nach einem zweistünden Hickhack um die Antragsstellung: „Nicht nur, dass dadurch stundenlange Auszeiten nötig waren und die Tagesordnung nicht mehr abgearbeitet werden konnte, hier wurde erneut die Geschäftsordnung bis an den Rand des rechtlich Zulässigen gedehnt: Entschließungsanträge müssen eigentlich vier Tage vor Sitzungsbeginn vorliegen bzw. es bedarf einer 2/3-Mehrheit, um deren Dringlichkeit zu bejahen. Angeblich gelte aber die Regelung nicht für Änderungsanträge zu bereits bestehenden Entschließungsanträgen, ganz gleich ob diese Änderungen, wie im vorliegenden Fall, inhaltlich eigenständig sind oder nicht. Der Grat zwischen Spitzfindigkeit und Rechtsbeugung ist in Mecklenburg-Vorpommern schmal. Grob respektlos ist ein solcher Vorgang in jedem Fall. Der Grat zwischen Spitzfindigkeit und Rechtsbeugung ist in Mecklenburg-Vorpommern schmal. Grob respektlos ist ein solcher Vorgang in jedem Fall.”
Aus SPD-Reihen hieß es, dass sich die CDU in einer Fundamentalopposition isoliert und damit gegen Energiefonds, Zukunftsinvestitionen und andere Hilfen in Frage gestellt habe.
Lesen Sie auch: Dezemberhilfen für Gas und Wärme – was man wissen sollte
Weitere Sonderhilfen für Bürger
Kern des Nachtragshaushalts ist unter anderem ein 100 Millionen Euro schwerer Härtefallfonds – mit dem Kitas, Schulen, Tagespflege, kleine und mittlere Unternehmen sowie Bürger entlastet werden sollen, die nicht von der Strom- und Gaspreisbremse profitieren. „Wir müssen bei Verbraucher, die auf Öl, Pellets, Briketts oder Flüssiggas als Energiequelle setzen, nachsteuern”, kündigte Ministerpräsidentin Schwesig an. Allerdings – und versagten CDU und AfD und ihre Zustimmung – völlig ungewiss sei, ob diese 100 Millionen Euro ausreichen. Deshalb forderte die AfD 150 Millionen Euro für den Härtefallfonds, die CDU sogar 180 Millionen Euro.
Schließlich, und das hatte Schwesig zuvor eingeräumt, sei noch überhaupt nicht klar, ob aufgrund der finanziellen Belastungen erneut nachgesteuert werden müsse – gerade auch weil immer noch nicht klar, wie hoch für verschiedene Hilfsprogramme der Anteil des Bundes ausfalle. „Wenn wir jetzt zu wenig in den Fonds stellen, drohen uns gegebenenfalls verfassungswidrige weitere Nachtragshaushalte”, warnte Reinhardt. Zumal die CDU beispielsweise bei den Härtefallregelungen auch noch die Feuerwehren und Sportvereine stärker unterstützen wollte.
Lesen Sie auch: Soforthilfe für Gas- und Wärme kommt nicht an – MV-Unternehmen schlagen weiter Alarm
Dazu zählt ein Härtefallfonds im Umfang von 100 Millionen Euro. Dieses Geld soll ergänzend zu den Hilfsprogrammen des Bundes unter anderem dafür eingesetzt werden, kleine und mittlere Unternehmen, Schulen, Hochschulen und Kitas zu unterstützen.
Anders als beim Corona-Schutzfonds in Höhe von 2,85 Milliarden Euro muss das Land für die Hilfen in der aktuellen Energiekrise keine neuen Schulden machen. Nach Angaben des Finanzministeriums können die geplanten Zusatzausgaben aus Steuermehreinnahmen und Rücklagen gedeckt werden.