Verbrannte Akte

Klimastiftung MV — Sellering kündigt Rücktritt an

Schwerin / Lesedauer: 4 min

Ist der Konflikt zwischen Manuela Schwesig und Erwin Sellering jetzt beendet? Der Chef der Klimastiftung äußerte sich am Dienstag zur Zukunft der Stiftung – und übte scharfe Kritik.
Veröffentlicht:07.03.2023, 12:55

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  • Author ImageAndreas Becker
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Fast zehn Monate nach dem Landtagsbeschluss zur Auflösung der Klimastiftung MV hat deren Vorstand angekündigt, "in den nächsten Wochen zurücktreten. Wie zugesagt, sobald die Wirtschaftstestate vorliegen. Für 2021 ist das Testat schon da und liegt der Stiftungsaufsicht vor. Hoffentlich bald auch für 22“, sagte Stiftungschef Erwin Sellering am Dienstag in einer Pressekonferenz in Schwerin.

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„Aber wir können nicht gehen, ohne auf die rechtlichen Gefahren hinzuweisen. Das gebietet nicht nur die Fairness gegenüber unseren Nachfolgern“, betonte Sellering, der gemeinsam mit seinen Mitstreitern im Vorstand hinsichtlich der Stiftungsauslösung eine andere rechtliche Meinung als die Landesregierung hat.

„Der Vorstand bedauert sehr, dass unser gutes Verhältnis zur Landesregierung unter dem Konflikt sehr gelitten hat. Aber es ist eben ein sachlicher Konflikt, der allein mit dem Wunsch nach einem Weiterbestehen der guten Beziehungen nicht zu lösen ist. Es ist die grundsätzliche Frage nach dem Primat von Recht und Politik, die elementar ist für unseren demokratischen Rechtsstaat“, hieß es in einer Erklärung der Stiftung.

Tipp für die Ministerpräsidentin

Und noch etwas gab die Stiftung der Landesregierung mit auf den Weg: „Uns wäre sehr daran gelegen, dass die Ministerpräsidentin bei der Berufung des Nachfolgevorstandes deutlich macht, dass die ausgewählten Personen nicht mit dem strikten Auftrag ,Auflösung' berufen werden. Sie sollte bei der Berufung im Namen von Landtag und Landesregierung ausdrücklich erklären, dass dieser Nachfolgevorstand — wie rechtlich vorgeschrieben — sein Amt weisungsunabhängig ausführen und die Entscheidung darüber, ob die Stiftung wegen Mangel an Geld oder an Projektpartnern aufgelöst werden muss, ohne politische Einflussnahme treffen darf“, so der Vorstand in seiner Stellungnahme.

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Der Nebenbetrieb der Stiftung hatte die Fertigstellung der Gaspipeline Nord Stream 2 unterstützt, damit sollten US–Sanktionen ausgehebelt werden. Die Pipeline wurde fertiggestellt, ging aber wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine nie in Betrieb.

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hatte die Stiftungsgründung 2021 maßgeblich mit vorangetrieben. Nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine am 24. Februar 2022 distanzierte sie sich davon und ist seither bestrebt, dass die Stiftung aufgelöst wird. Nach Stiftungsrecht ist das aber nicht ohne Weiteres möglich.

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Zuletzt sorgte jedoch vor allem ein Nebenschauplatz — der Streit zwischen Stiftung und Land um die Schenkungssteuerpflicht — für politischen Wirbeln. Eine Mitarbeiterin des Finanzamts Ribnitz–Damgarten hatte drei Einreichungen der Klimastiftung im Zuge der Prüfung auf Schenkungssteuerpflicht verbrannt. Es geht um Steuern im Umfang von insgesamt 9,8 Millionen Euro auf Millionen–Zahlungen des Gaspipeline–Betreibers Nord Stream 2.

Noch immer gutes Verhältnis zu Schwesig

Trotz aller unterschiedlicher Auffassungen hinsichtlich der Auflösung der Klimaschutzstiftung betonte Erwin Sellering das nach wie vor „gute Verhältnis“ zu Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Er schätze die Regierungschefin sehr, sagte Sellering, der als politischer Ziehvater Schwesigs gilt. Im Juli 2017 hatte Schwesig den langjährigen Ministerpräsidenten Sellering als Chef der Landesregierung abgelöst, nachdem der heute 73–Jährige eine Krebserkrankung öffentlich gemacht und sich anschließend aus der Politik zurückgezogen hatte.

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Sellering machte am Dienstag keinen Hehl aus seiner Empörung, wenn er an all die „falschen Aussagen in den Medien und aus der Landesregierung“ in den vergangenen Tagen und Wochen denke. Vize–Klimastiftungschef Werner Kuhn, langjähriges Mitglied der CDU, ging in dem Zusammenhang hart mit Parteifreunden ins Gericht. „Es tat schon weh, man hatte das Gefühl, dass man von seiner eigenen Partei geächtet wurde“, blickte Kuhn auf sein ehrenamtliches Engagement für die Stiftung, deren Image nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine in Misskredit geraten war.