Sondersitzung
Klimastiftung und Nord Stream — Landtag in MV macht Fakten passend
Schwerin / Lesedauer: 4 min

Andreas Becker
Obwohl Argumente teilweise zum gefühlt hundertsten Mal vorgetragen und gehört wurden, kam am Dienstag in der viereinhalbstündigen Debatte im Landtag Mecklenburg–Vorpommerns keine Langeweile auf. Dafür sind die Themen Klimaschutzstiftung, Nord Stream 2 und verbrannte Steuerakten einfach politisch zu brisant und emotional mittlerweile viel zu aufgeladen.
Untersuchungsausschuss: Verbrannte Steuerakten sind Thema
Und so passte am Ende der leidenschaftlichen Diskussion im altehrwürdigen Schweriner Schloss der Beschluss des Landtages, den im vergangenen Jahr eingesetzten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Gründung der Klimastiftung und der Vorkommnisse rund um Nord Stream 2 auf Antrag der Jamaika–Opposition aus CDU, FDP und Grünen zu erweitern.
Konkret: Auch die Geschehnisse um die im Finanzamt Ribnitz–Damgarten zunächst verschwundenen und später in einem privaten Kamin verbrannten Steuererklärungen der Klimaschutzstiftung sollen jetzt Gegenstand des Untersuchungsausschusses werden.
Zwar hätte die SPD Kraft ihrer parlamentarischen Mehrheit diese Erweiterung ablehnen können, doch waren sich die Sozialdemokraten offensichtlich bewusst, dass eine Ablehnung zumindest ein Geschmäckle der möglichen Vertuschung rund um die verbrannten Steuerakten gehabt hätte. So enthielten sich die Regierungsfraktionen und machten den Weg für den Antrag der Opposition frei.
Dies war aber auch das einzige versöhnliche Zeichen in einer ansonsten unerbittlichen Debatte. Ob rot, grün, gelb, schwarz oder blau — es wurde munter verbal aufeinander eingedroschen. Abteilung Attacke — und mit offenem Visier in den politischen Nahkampf. Vorne weg: SPD–Fraktionschef Julian Barlen. Er sprach hinsichtlich von Klimastiftung, Nord Stream und Steuerakten von „Verschwörungstheorien bei CDU, FDP und Grünen“ und bezeichnete die Opposition als „Krawallmacher“. Auch Begriffe wie „Schmutzkampagne“ und Hetze“ brachte der SPD–Politiker unters Parlamentsvolk.
CDU kassiert Treffer an ihrer empfindlichen Stelle
Da wollte Horst Förster von der AfD nicht zurückstehen und titulierte Barlen als „Inkarnation der Unsachlichkeit“. Gleichzeitig rieb der ehemalige Amtsgerichtsrichter der rot–roten Landesregierung genüsslich unter die Nase, dass sie die Klimaschutzstiftung nicht rechtskonform auflösen könne und diese jetzt wohl für alle Ewigkeit „an der Backe“ hätte.
Ähnlich angriffslustig zeigte sich auch Constanze Oehlrich von den Grünen. Sie forderte an die Adressen von „Frau Schwesig sowie den Herren Geue und Pegel ein Ende der Lobbytreffen“. Eine Anspielung auf die lange Jahre engen Kontakte zwischen der Landesregierung und Vertretern aus der russischen Gaslobby. All das werde der Untersuchungsausschuss noch ans Licht bringen, warnte Oehlrich die Regierung schon einmal vor.
Eine Warnung, die Torsten Koplin von der Linksfraktion anschließend mit Verve vom Tisch fegte. „Sie fahren eine Kampagne und alle Fakten, die nicht in ihr politische Weltbild passen, machen Sie einfach passend“, schmetterte Koplin in Richtung Oppositionsbänke.
Schwesig verweist auf Angela Merkel
Und die massiv in der Kritik stehende Ministerpräsidentin? Manuela Schwesig betonte, dass zu den Fakten gehöre, dass Deutschland über viele Jahre den Bau der Ostseepipeline befürwortet habe. „Es ist falsch, wenn bei diesem Thema mit dem Finger immer wieder auf unser Land gezeigt wird“, sagte die Regierungschefin. Es sei die Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gewesen, die den Bau immer unterstützt habe. „Und es gab — damals — auch aus unserer Sicht gute Gründe, auf den Bau der Ostseepipeline zu setzen“, so Schwesig. Gleichzeitig räumte die SPD–Politikern ein, dass es vor Gründung der Stiftung dazu auch direkte Kontakte zu Nord Stream 2 gegeben habe.
In diese Kerbe schlug CDU–Fraktionschef Franz–Robert Liskow. Er warf der rot–roten Landesregierung vor, mit ihrem Handeln dem Ruf des Landes erheblich zu schaden. „Denn nicht nur die Stiftung selbst ist Gegenstand öffentlicher Debatten, sondern momentan insbesondere der Umgang mit den Stiftungsmillionen, die aus Moskau überwiesen wurden.“
Dass Schwesig mit der CDU noch ein politisches Hühnchen zu rupfen hatte, bewies sie in ihrer 40–minütigen Rede. Die Ministerpräsidentin erinnerte die CDU daran, als Teil der bis 2021 regierenden Koalition die Gründung der Stiftung mit beschlossen und auch die Fertigstellung von Nord Stream 2 befürwortet zu haben. „Sie stehen nicht zu gemeinsamen Entscheidungen, sie sind unglaubwürdig, sie sind nicht regierungsfähig. Und deshalb ist es gut, dass wir in der MV–Koalition mit der Linken sind“, traf Schwesig die CDU an einer empfindlichen Stelle.