Brisanter Fall
Klimastiftung vergab Millionenauftrag an Bruder ihres Geschäftsführers
Schwerin / Lesedauer: 3 min

Andreas Becker
Der Plan schien so einfach zu sein: Die Landesregierung Mecklenburg–Vorpommerns gründet einfach eine Stiftung, unter deren Deckmantel die am Bau der Gaspipeline beteiligten und deshalb von US–Sanktionen bedrohten Firmen schlüpfen – und die Fertigstellung von Nord Stream 2 gewährleisten können. Finanziert wurde die Stiftung mit zig Millionen aus der gut gefüllten Kasse des russischen Energieunternehmens Gazprom.
Durch die Bücher der Stiftung flossen wohl rund 200 Millionen Euro
Dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb unter diesem ominösen Stiftungskonstrukt nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine politisch nicht mehr haltbar war und zusammenbrach, macht den Stiftungsgründern und damit auch der rot–roten Landesregierung in Schwerin bis heute schwer zu schaffen.
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Immer wieder kommen neue Details des Stiftungsdeals ans Tageslicht — zumal laut Geschäftsbericht bis zu 200 Millionen Euro unter dem Stiftungsdach umgesetzt worden waren. Recherchen des Nachrichtenmagazins Focus haben jetzt ergeben, dass der Geschäftsführer der Klimastiftung, Steffen Petersen, einen 6,2–Millionen–Euro–Auftrag über die technische Prüfung der Pipeline an ein Unternehmen seines Bruders Lasse Petersen vergeben haben soll. Das räumte der Anwalt von Lasse Petersen laut Focus auch ein. Er betonte dabei demnach aber, dass „kein Merkmal der typischen Vetternwirtschaft“ vorliege.
Begründung für den Deal: Keiner anderer wollte es machen
Zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe im Juni 2021 sei „kein anderer spezialkundiger Dienstleister“ bereit gewesen, unter dem „Sanktionierungsdruck der USA“ die vorgeschriebene technische Zertifizierung zu übernehmen, heißt es im Nachrichtenmagazin. Außerdem habe sich die Stiftung zuvor entschlossen, den TÜV zu beauftragen. Der habe sein Angebot jedoch zurückgezogen.
Laut Focus habe Petersen in einem anderen Fall gleich eine Beraterfirma in Hamburg beauftragt, deren Partner er selbst sei. Die Kosten sollen sich auf 749.000 Euro belaufen haben. Zu den Hintergründen beider Geschäfte wollte sich Petersen gegenüber dem Focus nicht äußern.

Sellering: Wirtschaftsprüfer und Stiftungsaufsicht hatten nichts zu beanstanden
Das tat aber Stiftungschef und Ex-Ministerpräsident Erwin Sellering gegenüber dem Nordkurier. „In dem betreffenden Jahresbericht 2021 hat sowohl der Wirtschaftsprüfer als auch die beim Justizministerium MV angesiedelte Stiftungsaufsicht keine Beanstandungen angemerkt. Alle Vorgänge, die innerhalb des Berichts zu erklären waren, haben wir erklärt“, sagte Sellering.
Derweil fordert CDU–Landeschef Franz–Robert Liskow weitere Aufklärung. Er erinnerte im Zusammenhang mit der Stiftung daran, dass die „Stiftung auch mit Steuergeld gegründet“ worden sei. Die Vorgänge rund um den Bruder des Geschäftsführers der Stiftung wirkten sehr heikel und verdächtig. „Es scheinen Dinge im Namen des Landes Mecklenburg–Vorpommern geschehen zu sein, die meine Vorstellungskraft übersteigen“, sagte der CDU–Politiker.