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LNG–Terminal

LNG–Streit auf Rügen — Austrittswelle aus Tourismusverband

Binz / Lesedauer: 3 min

Wichtige Hoteliers sowie der Tourismusmagnet Binz verlassen den Verband. Anlass sind öffentliche Äußerungen des Verbandchefs.
Veröffentlicht:25.04.2023, 17:13

Von:
  • Lutz Reuter
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Der Streit um ein mögliches LNG–Terminal vor Rügen hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. Mehrere wichtige Mitglieder treten jetzt aus Rügens Tourismusverband aus. Dazu zählt etwa mit der Gemeinde Binz Rügens größter Urlaubermagnet sowie Betreiber mehrerer großer Hotels auf der Ostseeinsel. 

Anlass der Austritte sind offenbar öffentliche Äußerungen vom Chef des Tourismusverbandes, Knut Schäfer. In einer gemeinsamen Erklärung vom Dienstag heißt es Schäfer habe „in seiner Funktion ohne Beschluss der Mitglieder Positionen zu wichtigen Fragestellungen öffentlich verlautbaren lassen. Die konkreten Äußerungen zum Thema LNG–Terminals sind insbesondere nicht mit den Statuten und dem Leitbild des Verbands gedeckt.“

Als Ziel seiner Arbeit hat sich der Verband etwa die „Sicherung der Kultur– und Naturlandschaft Rügens, als DAS Alleinstellungsmerkmal für einen nachhaltigen Tourismus“ auf die Fahnen geschrieben. Gegner des LNG–Projekts, befürchten irreparable Schäden der Ostsee durch die Verlegung einer weiteren Pipeline, Gewässerverunreinigung durch den Einsatz von Chlor für den Betrieb des Terminals, sowie eine Versteinung des Sandstrandes, sollte das Vorhaben am aktuell von der Bundesregierung favorisierten Standort Mukran umgesetzt werden.

Verbandchef hat laut Hotelbetreiber Vertrauen verspielt

Nach einem Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit mehreren Vertretern aus Politik und Wirtschaft in Binz auf Rügen am vergangenen Donnerstag machte Rügens Tourismusverband–Chef Knut Schäfer im Gespräch mit dem NDR deutlich, dass er ein LNG–Terminal im Hafen Mukran nicht grundlegend ablehnt. Sollte die Sicherheit der Energieversorgung der fünf neuen Bundesländer vom Terminal am Standort Mukran abhängen, müsse darüber gesprochen werden „unter welchen Bedingungen dieser Standort umsetzbar ist, ohne dass er den Tourismus auf der Insel schädigt“, so Schäfer.

Daniel Hutter von der Hutter Unternehmensgruppe, die nach eigenen Angaben mit mehreren Hotels und insgesamt etwa 1250 Betten auf der Insel größter Arbeitgeber und Anbieter im Tourismussektor auf Rügen ist, teilte am Dienstag mit Blick auf Schäfers Äußerungen mit, „zentrale Werte des Verbands, wie die Qualitätssicherung des Tourismus, wurden nun medienwirksam seitens des Verbands aufgeweicht. Daher tritt unser Unternehmen mit sofortiger Wirkung aus.“

Nicht weniger kritisch äußert sich Ralf Schlüter, Inhaber der R&R Hotels und Villen im Ostseebad Baabe. Jeder Gewerbetreibende auf Rügen sei — unabhängig vom konkreten Firmensitz — von dem Vorhaben betroffen. „Wir sind es unseren Gästen schuldig, die LNG–Terminals vollumfänglich und ohne Kompromisse von der Insel fernzuhalten. Der Vorsitzende des Tourismusverbandes hat eine rote Linie übertreten und somit das Vertrauen der Hoteliers auf der Insel verspielt“, so Schlüter weiter.

Der Binzer Bürgermeister Karsten Schneider (parteilos) teilt mit, Rügens Bevölkerung sei eindeutig gegen das LNG–Vorhaben. „Wir sind als Gemeinde in vielerlei Hinsicht diesem Bürgerwillen verpflichtet. LNG–Terminals wären ein harter Einschnitt für die Lebensqualität und die Sicherung der Arbeitsplätze auf der Insel“, erläutert er. Einem Sprecher der Gemeinde Binz zufolge geht aus einer aktuellen repräsentativen Meinungsumfrage hervor, dass 74,4 Prozent der Befragten in Mecklenburg–Vorpommern gegen das LNG–Projekt sind, während 17,5 Prozent dafür und 8,1 Prozent unentschlossen sind.

Auf Nordkurier–Anfrage zu den Austritten aus dem Tourismusverband, teilt Knut Schäfer mit, an der grundsätzlich ablehnenden Haltung zum Thema LNG habe sich aus Sicht des Verbandes zu keinem Zeitpunkt etwas geändert. "Wir setzen weiterhin auf Dialog und fordern alle Beteiligten zu einem sachlichen Austausch von Argumenten auf. Weitere Punkte und diskutierte Planungen werden derzeit von uns nicht näher kommentiert“, so Schäfer. Nach Nordkurier–Informationen sollen bereits weitere Touristiker der Insel ihr Ausscheiden aus seinem Verband angekündigt haben.