Energiekrise

LNG vor Rügen — MV sauer auf Konzern RWE

Schwerin/Lubmin / Lesedauer: 3 min

Während der Landtag brav seine Tagesordnung abarbeitet und im warmen Schloss über LNG–Terminals debattiert, schafft der Energieriese draußen auf der rauen Ostsee Fakten.
Veröffentlicht:20.03.2023, 18:35

Von:
  • Andreas Becker
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Da soll am Ende keiner sagen, er hätte es nicht gewusst. Anfang April wollte – so die offizielle Information aus der Landesregierung Mitte Februar – der Energiekonzern RWE beim zuständigen Bergbauamt Stralsund technische Einzelheiten zu dem geplanten LNG–Terminal vor der Küste Rügens vorlegen. So mag der Plan des Unternehmens sein, allerdings verschwieg RWE bisher dabei — aus welchen Gründen auch immer –, dass bereits ab dem 18. März ein Schiffbagger fünf Kilometer vor dem Strand Sellins zum Einsatz kommt. Und vielleicht trotz noch ausstehender Genehmigungen und finalen Entscheidungen – im wahrsten Sinne des Wortes – erste Pflöcke für das an dieser Stelle der Ostsee geplante LNG–Terminal einrammt.

Vorarbeiten und Munitionserkundung

Auch im Wirtschaftsministerium in Schwerin zeigte man sich von den Aktivitäten auf und unter der Ostsee überrascht. Nachdem die rot–rote Landesregierung im vergangenen Jahr noch voller Enthusiasmus die LNG–Pläne in der Ostsee begleitet hatte, ist die Schwesig–Mannschaft aufgrund des massiven Bürgerprotestes mittlerweile vorsichtiger geworden – und lehnt den Standort vor der Rügen–Küste ab. 

Nach Informationen des Nordkurier handelt es sich bei den Maßnahmen, die RWE ergriffen hat, um geologisch–technische Vorarbeiten und Munitionserkundung. Diese Arbeiten sollen demnach auch bei der Beantwortung der Frage helfen, auf welche Art später eine vermeintliche Gründung des geplanten Terminals erfolgen könne.

Die Bürgermeister der Insel Rügen protestieren

Die betroffenen Bürgermeister der Insel Rügen wollen den überraschenden Start von Vorarbeiten nicht so einfach hinnehmen und haben sich in einem Offenen Brief an Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) gewandt. Darin wird die Regierungschefin zum Handeln aufgefordert. „Rügen muss endgültig von der LNG–Agenda der Landes– und Bundesregierung gestrichen werden! Verhindern Sie mit aller Kraft, dass unsere einzigartige Natur, unser Wohlstand und unser friedliches Miteinander irreparabel zerstört werden“, heißt es in dem Schreiben. Weiter beklagen die Bürgermeister „das intransparente und zögerliche Verhalten in Schwerin und Berlin“.

Der Widerstand gegen das geplante LNG-Terminal vor Rügen wächst jetzt nicht nur bei den betroffenen Bürgern, sondern auch in der Politik. (Foto: Stefan Sauer)

Die Reaktion aus der Landesregierung kam am Montag prompt. Julian Barlen, Fraktionschef der SPD, betonte, dass es die zuständigen Behörden in Mecklenburg–Vorpommern nicht zulassen würden, dass RWE Fakten schaffe. Und der kleinere Koalitionspartner, die Linke, machte deutlich: "Der Bund muss unverzüglich das offenbar nicht angekündigte Vorgehen von RWE und der vom Konzern beauftragten Unternehmen stoppen. Schließlich handelt RWE im Auftrag des Bundes. Zudem hat der Bund das Wasserstraßen– und Schifffahrtsamt Ostsee als Teil der Bundes–Wasserstraßen– und Schifffahrtsverwaltung anzuweisen, weitere Genehmigungen und Verfahren ruhen zu lassen“, sagte Daniel Seiffert, umweltpolitischer Sprecher der Linken. Das Land sollte dies umgehend klarstellen und den Bund und den Energiekonzern in die Schranken weisen.

Grüner Abgeordneter mahnt eigene Parteifreunde

Aus dem von Robert Habeck geführten Bundeswirtschaftsministerium hieß es am Montag auf Nordkurier–Nachfrage, dass die Zuständigkeit für Genehmigungsverfahren und umweltrechtlichen Prüfungen bei den Landesbehörden vor Ort liege. Dies umfasse auch die Prüfung auf möglicherweise noch im Boden liegende alte Weltkriegsmunition. Der Einsatz sei vom Wasserstraßen– und Schifffahrtsamt Ostsee genehmigt. Allerdings sei hinsichtlich des Standortes für das LNG–Terminal noch keine finale Entscheidung gefallen.

Der grüne Energieexperte und Landtagsabgeordnete Hannes Damm forderte zudem, dass der Bedarf an LNG–Terminals grundsätzlich noch einmal nachgewiesen werden müsse. Hintergrund: Es gibt mittlerweile Berechnungen, dass die von der Ampelkoalition in Berlin georderten LNG–Kapazitäten viel zu groß seien – und in dieser Menge gar nicht gebraucht würden. Und noch etwas adressierte Damm an seine Parteifreunde im grünen Bundeswirtschaftsministerium: „Ein solches LNG–Terminal gehört in einen Industriehafen wie Rostock/Warnemünde – und nicht vor die Küste Rügens.