StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernLong–Covid –Termine an Uni–Klinik auf Monate ausgebucht

Corona–Folgen

Long–Covid –Termine an Uni–Klinik auf Monate ausgebucht

Greifswald / Lesedauer: 3 min

Noch immer leiden viele Menschen unter den Folgen ihrer Corona–Erkrankung: Hunderte von ihnen wurden an der Uni-Klinik in Greifswald behandelt. Die Lage bleibt schwierig. 
Veröffentlicht:13.06.2023, 05:58

Von:
  • Matthias Lanin
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„Es ist eine Krankheit mit vielen Fragezeichen.“ Schon zu Beginn ihres Vortrags über die Spätfolgen von Corona–Infektionen hat Prof. Anke Stein­metz von der Greifswalder Unimedizin (UMG) eingeräumt, dass Forscher und Ärzte bislang noch auf der Suche nach Antworten sind. Die Referentin stellte im vollen Hörsaal und mit weiteren zugeschalteten Online–Zuschauern eine Krankheit in den Mittelpunkt, die es erst seit Kurzem gibt: Post–Covid.

Massive Ausfälle wegen Langzeit-Folgen

Das Leid der Betroffenen sei groß, betont die Expertin, in deren Ambulanz bislang 350 Patienten in den vergangenen zwei Jahren diese Diagnose bekamen. Allein die Berufsgenossenschaften der medizinischen Berufe gehen von 400000 Betroffenen aus, die arbeitsbedingt Corona bekamen und die durch Langzeit–Symptome zumindest zeitweise aus dem Berufsgeschehen herausgefallen sind.

Schätzungen gehen weit auseinander

Die Greifswalder Mediziner sehen viele Patienten, die auch anderthalb Jahre nach einer Infektion noch lange nicht ihre alte Leistungsfähigkeit zurückhaben und „manchmal sogar in der Arbeitsunfähigkeit sind“, fügt Steinmetz hinzu. Wie häufig ist die Krankheit? Dabei gehen Einschätzungen und Studien weit auseinander. Wer an Covid schwer erkrankt war und im Krankenhaus behandelt werden musste, habe ein 50 bis 70 prozentiges Risiko für Langzeitfolgen. Bei einem milden Verlauf liege dieses Risiko deutlich niedriger, erklärt die Medizinerin. Eine britische Studie berichtet, dass die Häufigkeit von Long–Covid–Symptomen mit Einschränkungen im Alltag zwischen 3 und 13,7 Prozent liegt. Eine Studie aus Deutschland geht von einer Häufigkeit von Post–Covid–19 im Zeitraum von bis zu zwölf Monaten nach einer SARS–CoV–2-Infektion von mindestens 6,5 Prozent aus. Auch Analysen der gesetzlichen Krankenversicherungen schätzen die Häufigkeit mit etwa sechs Prozent aktuell ähnlich ein, berichtet das Rovert–Koch–Institut.

Ganz unterschiedliche Symptome

Derzeit tauchen in den Leitlinien, das sind die Behandlungsempfehlungen der Ärzte, knapp 200 verschiedene Symptome auf. „Die bekanntesten beiden Symptome sind brainfog und fatigue, also Störungen der geistigen Leistungsfähigkeit wie beispielsweise Konzentrationsschwäche sowie Müdigkeit und übermäßige Ermüdbarkeit“, sagt Steinmetz, ihres Zeichens Expertin für Physikalische und Rehabilitative Medizin. Selbst auf eine eindeutige Bezeichnung für diese Krankheit hat sich die Forschung bis jetzt nicht geeinigt, so kursieren derzeit noch sieben verschiedene Begriffe, hinter denen sich die Spätfolgen einer Corona–Infektion verbergen.

Der Begriff „Long–Covid“ stamme aus Selbsthilfegruppen des englischsprachigen Raumes und sei in die Definition der Weltgesundheitsorganisation eingegangen, sagt die Expertin. Im Moment könnten die Ärzte nur die Symptome behandeln, beispielsweise mit Atemtherapien und Konzentrationsübungen. „Häufig nur mit sehr langsamen Fortschritten“, räumt sie ein. Es gleiche einem Kampf gegen Windmühlen. Gegen die Ursachen könne nämlich momentan noch niemand angehen, weil diese bis jetzt rätselhaft bleiben.

Lange Wartezeiten bei Spezialisten

Die Warteliste für einen Besuch der Covid–Ambulanz ist derzeit mehrere Monate lang. Prof. Anke Stein­metz hofft aber, dass sich dies durch eine Förderung der Landesregierung nun ändert. Neben der Behandlung von Patienten forscht die Greifswalder Universitätsmedizin auch zu den Ursachen. Mysteriös bei Post–Covid ist zum Beispiel, dass Frauen deutlich häufiger erkrankten als Männer. Die aktuellen Thesen reichen von einer überschießenden Immunreaktion über eine Dauerentzündung bis zu einer Viruspersistenz (Verbleiben des Virus im Körper). „Die Herausforderung ist, dass die Symptom– und Krankheitsbilder so unglaublich unterschiedlich sein können“, erläutert die Expertin.

Einen Termin in der Greifswalder Long– und Post–Covid–Ambulanz erhalten Betroffene mit Überweisung ihres Hausarztes. 

Weitere Informationen im Netz unter:

Empfehlungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
und
Empfehlungen der WHO