Verkehr
Große Mehrheit für intensiven B96-Ausbau
Neubrandenburg / Lesedauer: 5 min

Simon Voigt
Eine Umfrage unter den Nutzern von nordkurier.de hat eine grundsätzlich breite Zustimmung zum Ausbau der Bundesstraße 96 zwischen Berlin und Mecklenburg ergeben.
So sagten in der Befragung nur 19 Prozent der Teilnehmenden, dass die Straße in ihrer jetzigen Form groß genug sei. Die mit Abstand größte Gruppe von 45 Prozent der abgegebenen Stimmen hält einen Ausbau mit wechselnden 2+1-Spuren für sinnvoll - so wird es auch zurzeit geplant. 26 Prozent der Teilnehmer hätten sogar lieber einen komplett vierspurigen Ausbau der Straße, der weit über die bisherigen Planungen hinausginge. 10 Prozent stimmten zwar einem Ausbau zu, aber nicht so stark wie geplant - beispielsweise so, wie ihn das Bündnis „B96-Ausbau so nicht“ fordert.
Insgesamt wurden bei der Online-Umfrage seit dem 3. September rund 2000 Stimmen abgegeben. Die Umfrage ist nicht repräsentativ, sondern stellt lediglich ein Meinungsbild dar.
Unternehmer dafür

Über den Ausbau der Bundesstraße wird seit Jahrzehnten gestritten. Befürworter sehen Chancen für die Wirtschaft. So schlägt das Bündnis „B96.jetzt“ vor, die Ausbaupläne zu beschleunigen. Die Pläne sehen die Errichtung diverser Ortsumgehungen und einen weitgehenden Ausbau der Straße im 2+1-Verfahren vor – das heißt alle paar Kilometer wechselnd mit zwei Spuren in die eine und einer Spur in die andere Richtung.
So lassen sich langsame Verkehrsteilnehmer besser überholen, ohne dass eine vierspurige Straße mit getrennten Richtungsfahrbahnen gebaut werden muss. Dem Bündnis gehören neben der Industrie- und Handelskammer (IHK) auch Unternehmerverbände, die Bürgermeister von Neubrandenburg und Neustrelitz und diverse Unternehmer aus der Region an.
Auch das Land Mecklenburg-Vorpommern bekennt sich zu den Ausbauplänen, die allerdings schon seit Jahrzehnten existieren und bislang trotzdem nicht realisiert wurden. Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) bezeichnete die Verbindung zuletzt im April als „wichtige Magistrale für Mecklenburg-Vorpommern“ zur Anbindung an den Berliner Raum.
Anwohner und Umweltverbände dagegen

Das Bündnis „B96-Ausbau so nicht“ kritisiert diese Pläne hingegen als überdimensioniert. An Teilen der Pläne, etwa dem Bau bestimmter Ortsumgehungen, will man festhalten, an anderen nicht. Unterstützer dafür gibt es aus einigen Gemeindevertretungen entlang der Strecke, einer Bürgerinitiative aus Fürstenberg, von Politikern der Grünen und Umweltverbänden wie dem BUND. Die Nutzer von nordkurier.de hingegen überzeugt der Plan offensichtlich nicht.
Die Landesverbände des BUND in MV und Brandenburg haben am Mittwoch Klage beim Bundesverwaltungsgericht gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau zwischen Teschendorf und Löwenberg (Oberhavel) eingelegt.
Die Straße sei vor einem Jahrhundert wie die heutige B109 als Verbindung von Berlin zur Ostsee geplant worden, sagte dazu Thomas Volpers, stellvertretender Landesvorsitzender des BUND in Brandenburg. Heute würden dies die Autobahnen A20 und A24 leisten, die Bundesstraßen hätten ihre Bedeutung verloren. „Unser Ziel ist es nicht, den Ausbau zu verhindern, sondern eine vernünftige Lösung zu finden, die zeitgemäß ist“, sagte er und verwies dabei auf die Bahnverbindungen zur Ostsee, die im Sommer wieder überlastet waren und ausgebaut werden sollten.
„Auch in 25 Jahren keine Rechtfertigung“
Den Nordkurier erreichten im Rahmen der Umfrage einige Leserbriefe, in denen sich die Autoren eher kritisch zum Ausbau äußerten. „Selbst für die nächsten 25 Jahre gibt es keine wirtschaftliche Agenda und keine Notwendigkeit, um den Ausbau der B96 zu rechtfertigen, sei es im Verkehrsaufkommen oder der Anbindung einer systemrelevanten wirtschaftlichen Region“, schrieb etwa Bernd Erwerth. Das Geld solle eher in den Grenzschutz und in die Kriminalitätsbekämpfung gesteckt werden.
Bedauerlich für Anwohner, riskant für Fahrer
Michael Radke-Sperling hofft in seinem Brief auf einen guten Kompromiss. "Wenn eine Straße schon besungen wird, dann hat sie einen tiefen Eindruck hinterlassen. Aber nicht nur bei denen, die sie befahren“, schrieb er. „Ich nutze sie des Öfteren und bedaure die Anwohner der Dörfer, durch die sich eine nicht enden wollende Fahrzeugschlange hindurchquält. Zerschnitten in zwei Hälften kann kaum jemand die Fahrbahn überqueren. In Fürstenberg, eigentlich ein Erholungsort, hängen überall Plakate mit der Forderung „B96 raus!“. Das Leben muss dort als direkter Anwohner einfach unerträglich sein“, schrieb er.
Andererseits sei die Bundesstraße als Fahrer auch kein Vergnügen und es sei durchaus riskant, in der hügeligen Landschaft zu überholen. „Der Bedarf ist da und wird sich nicht ableiten lassen über die A20. Die jetzige B96 stellt nicht durch ihre Bauweise, sondern durch die unmäßig hohe Verkehrsbelastung eine Belastung für die Natur dar, ganz besonders im bewaldeten Bereich Gransee-Neustrelitz.“
Sein Fazit: „Ich bin für einen Ausbau mit ausreichenden Wildquerungsmöglichkeiten und der Umwandlung von angrenzenden großen Ackerflächen zu einem nicht bewirtschafteten Mischwald.“

Einfach schneller fahren?
Auch Marcus Prüßing sprach sich für einen Kompromiss aus, sieht den Handlungsbedarf aber vorwiegend bei den aktuellen Benutzern der Straße. So fahren er und seine Frau die Strecke zwischen Neustrelitz und Neubrandenburg zweimal täglich. „Ich muss dabei feststellen, dass hier die Langsamfahrer und Lkw am Morgen und am späten Nachmittag einen großen Anteil an dem Problem haben.“ Einige Verkehrsteilnehmer seien dort mit nur 75 oder 80 Kilometern pro Stunde unterwegs, obwohl die Witterung und die Geschwindigkeitsbeschränkung mehr zuließe. „Ich wäre dafür, hier mehr Kontrollen diesbezüglich durchzuführen.“
Zudem sollten LKW auf Bundesstraßen Tempo 80 fahren dürfen. Dies lasse die heutige Fahrzeugtechnik zu und sei etwa in Schweden gängige Praxis. Nur einige Abschnitte und Kreuzungen müssten dafür angepasst werden. „Ich glaube, das würde schon sehr viel helfen und dabei die Landschaft schonen“, schrieb der Pendler.