Geue kämpft um Job — Finanzbeamtin verbrannte 13 Seiten Steuerakten
Schwerin / Lesedauer: 4 min

Andreas Becker
Es gibt sicherlich leichtere Auftritte – aufgrund des enormen politischen Drucks, der auf Heiko Geue liegt, muss sich der 58–Jährige an diesem Freitag wohl eher wie bei einem schweren Auswärtsspiel fühlen. Druck, den mit Erwin Sellering ausgerechnet ein Parteifreund Geues in den vergangenen Tagen noch erhöht und den Finanzminister damit noch mehr in die Defensive gedrängt hat.
Sellering lässt die Luft für Geue noch dünner werden
Zur Erinnerung: Nachdem Geue am Dienstag vor der Landespressekonferenz umständlich und teilweise auch unverständlich erklärt hatte, warum er aus Gründen des Steuergeheimnisses sein Wissen zu verbrannten Steuerakten der Klimaschutzstiftung vor Parlament und Öffentlichkeit verschwiegen hatte — nach Geues Worten „verschweigen musste" –, ließ Sellering in seiner Funktion als Vorsitzender der Klimaschutzstiftung keine 24 Stunden später die Luft für den Finanzminister noch dünner werden.
Per Pressemitteilung hatte Sellering gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen Aussagen von Geue widersprochen, die Stiftung habe ihn gehindert, Abgeordnete des Landtags frühzeitig und umfassend über das Verschwinden von Steuerakten zu informieren. „Die Hauptargumentationslinie des Finanzministers beruht leider nicht auf Tatsachen. Nicht wir haben eine Offenlegung aller Umstände verhindert, sondern das Ministerium“, so die Stiftung.
Die Stiftung habe im Mai 2022 ausdrücklich die Befreiung vom Steuergeheimnis hinsichtlich der Beantwortung einer Kleinen Anfrage im Landtag erteilt. Damit sei das Finanzministerium zufrieden gewesen. „Weitere Nachfragen des Finanzministeriums zur Befreiung hat es monatelang nicht gegeben“, teilte die Stiftung.
Die Oppositionsfraktionen hatten über Monate beklagt, nur unzureichend über die Vorgänge um die verschwundenen Akten informiert worden zu sein. Geue hatte sich auf das Steuerrecht berufen, das Auskünfte zu laufenden Verfahren ohne ausdrückliche Zustimmung der Betroffenen verbiete. Zudem wies der Stiftungsvorstand Geues Begründung zurück, wonach die Stiftung Schenkungssteuer zu entrichten habe. Um die Zahlung der geforderten 9,8 Millionen Euro läuft derzeit ein Rechtsstreit.
Dass ihn die Stiftung quasi der Lüge bezichtigt hatte, hing mit Beginn der Sondersitzung am Freitag wie ein Damoklesschwert über dem Finanzminister. Doch der Minister blieb bei seiner Taktik vom Dienstag – Geue berief sich aufs Steuergeheimnis als Begründung für seine monatelange Zurückhaltung hinsichtlich von Äußerungen zur Steuererklärung beziehungsweise der Schenkungssteuer. Es sei schlicht die Unwahrheit, wenn behauptet würde, er habe Parlament oder Öffentlichkeit belogen, so der Minister in seinem Statement vor den Fachausschüssen.
Und noch etwas betonte der SPD–Politiker. „Es hat zu keinem Zeitpunkt politische Einflussnahme auf die Arbeit der Finanzbehörden gegeben. Das hat die Staatsanwaltschaft Stralsund in ihrem Bericht zu den verbrannten Akten bestätigt“, so Geue. Von Oberstaatsanwaltschaft Marc Engelhardt aus Stralsund hieß es in der Sitzung, dass insgesamt 13 Seiten aus drei Steuererklärungen von einer Finanzbeamtin vernichtet worden seien. Die Beamtin hatte sich selbst angezeigt – mittlerweile ist das Verfahren gegen sie gegen Zahlung einer Geldstrafe von 2000 Euro eingestellt worden.
Die Beamtin habe die Akten zunächst falsch weg sortiert, wollte ihren Fehler zunächst nicht zugeben, bemerkte dann aber später, welch brisante politische Diskussion sich in der Öffentlichkeit rund um die verschwundenen Steuerakten entwickelt habe. In dieser Gemengelage habe die Beamtin dann in ihrer Panik den „fürchterlichen Fehler“ begangen, die Seiten zu verbrennen, teilte der Vorsteher des Finanzamtes Ribnitz–Damgarten vor den Parlamentariern mit.
Geschwärzte Seiten als Teil des Problems
Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Linke) wies in der Sitzung am Freitag Vorwürfe der Opposition zurück, sie habe den Landtag nicht rechtzeitig über das Verfahren der Staatsanwaltschaft gegen die Finanzbeamtin informiert. Bernhardt hatte in ihrem Statement zuvor gesagt, dass sie von der Staatsanwaltschaft Anfang Mai 2022 von den Ermittlungen erfahren habe. Im Dezember dann habe sie dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der die Vorfälle rund um die Klimaschutzstiftung aufklären soll, nach entsprechender Aufforderung alle Unterlagen zur Verfügung gestellt.
Das Problem sei dabei allerdings gewesen, so war aus Reihen der Opposition zu hören, dass es sich bei den aus dem Justizministerium zur Verfügung gestellten Unterlagen um tausende von — zum Teil geschwärzten — Seiten mit einem riesigen Datenvolumen gehandelt hätte. „Dabei den Vorfall mit den verbrannten Akten zu finden, war wie die Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen“, hieß es aus der Opposition.