DDR-Finanzen

MV bekommt wieder Millionen aus DDR-Vermögen

Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Erneut erhalten ostdeutsche Bundesländer Millionen aus dem früheren Vermögen von SED, FDGB und Co. Doch es könnte die letzte Auszahlung aus dem DDR-Vermögen sein.
Veröffentlicht:27.10.2021, 19:14

Von:
  • Lutz Reuter
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Es ist vielleicht die letzte Überweisung aus Berlin: Die ostdeutschen Bundesländer haben erneut mehrere Millionen Euro aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR erhalten. Wie das Bundesfinanzministerium auf Nordkurier-Anfrage mitteilt, sind bei der aktuellen Auszahlung im März aus dem sogenannten PMO-Vermögen rund 150 Millionen Euro geflossen. Mecklenburg-Vorpommern hat den Angaben zufolge – wie bereits 2018 – 18 Millionen Euro abbekommen, nach Brandenburg gingen 24,2 Millionen Euro.

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Ausgezahlt wird das Geld von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) nach einem festgelegten Aufteilungsschlüssel, dem die Einwohnerzahlen aus dem Jahr 1991 zugrunde liegt. Grob festgelegt ist auch, wie die Begünstigten die Mittel verwenden dürfen. „Die PMO-Mittel sind zweckgebunden, zu 60 Prozent für wirtschaftliche und zu 40 Prozent für soziale oder kulturelle Zwecke einzusetzen”, informierte das Schweriner Finanzministerium nach der Ausschüttung im Jahr 2018. Aktuell erarbeiten deren Mitarbeiter laut eines Sprechers Vorschläge für die konkrete Verwendung der Mittel, über die letztendlich das Landeskabinett entscheidet.

Tesla bekam 8,1 Millionen

Ein Beispiel aus Brandenburg zeigt, trotz dieser Vorgaben kann das Geld auch zumindest fragwürdigen Zwecken zugute kommen. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge hatte die Landesregierung über einen Umweg dem Elektro-Auto-Hersteller Tesla 8,1 Millionen Euro für die Finanzierung der neuen Fabrik in Grünheide zukommen lassen. Demnach hat Potsdam mit dem Geld die Gemeinde im Landkreis Oder-Spree gefördert.

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Die Gemeinde Grünheide hat damit wiederum einen Großteil der von Tesla zu leistenden Ausgleichszahlungen in Höhe von 12,4 Millionen Euro für den Bau der neuen Giga-Fabrik finanziert. Eine kleine Anfrage von Brandenburgs früherem Finanzminister Christian Görke (Linke) brachte die pikante Tesla-Unterstützung ans Licht.

Auf seiner Facebook-Seite schreibt Görke dazu: „Es ist nicht nur schwer vermittelbar, dass der Steuerzahler – anders als sonst üblich – nun auch noch 8,1 Millionen Euro an Kompensationskosten im Rahmen des Bebauungsplanes eines Unternehmens indirekt übernimmt, das im Eigentums eines der reichsten Männer der Welt steht.”

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Auch bei der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur stößt diese Verwendung der PMO-Mittel übel auf. Stiftungsdirektorin Anna Kaminsky bezeichnete kurz nach Bekanntwerden des Falls die Zahlung als „moralisch und politisch fragwürdig”, auch wenn die Verwendung der Mittel formal korrekt sein möge. „Die unrechtmäßig von der SED erworbenen Mittel sollten für die Aufarbeitung der kommunistischen Herrschaft und die Unterstützung der Opfer bereitgestellt werden”, so Kaminsky.

Die ostdeutschen Bundesländer bekommen längst nicht alles

Angaben der Bundesregierung zufolge belief sich der „Gesamtwert des festgestellten PMO-Vermögens” Ende 2017 noch auf 1,983 Milliarden Euro. Das Geld wird aber nicht nur an die ostdeutschen Bundesländer verteilt. „Standartmäßig” müssen damit beispielsweise auch Rechts- und Beratungskosten, Bankgebühren und Personal- und Sachkosten bezahlt werden, heißt es vom Bundesfinanzministerium.

Die aktuell ausgeschütteten 150 Millionen Euro sind womöglich die letzten Mittel, die aus dem PMO-Vermögen verteilt werden. Wie ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums erklärt, kommen Auszahlungen „mittlerweile in der Regel nur in Betracht, wenn dem PMO-Vermögen Mittel aus gewonnenen Prozessen zufließen”.

Einen solchen Prozess hatte die BvS im vergangenen Jahr vor dem Schweizer Bundesgericht gegen die Bank Julius Bär gewonnen. In dem jahrelangen Streit ging es um Vermögen und Zinsen von insgesamt 150 Millionen Franken (knapp 140 Millionen Euro). Laut Bundesfinanzministerium ermöglichte dieses Geld „den hauptsächlichen Anteil der Auskehrungen im März 2021”. Das Verfahren gegen die Schweizer Bank war der letzte noch offene Rechtsstreit zur Rückführung von Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR, hieß es bereits 2019 in einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion.