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Europa- und Kommunalwahl

MV-CDU verliert, bleibt aber stärkste Kraft

Schwerin / Lesedauer: 5 min

Bei den Europa- und Kommunalwahlen in Mecklenburg-Vorpommern zeigt sich: Die einst großen Volksparteien verlieren an Vertrauen. Nutznießer sind AfD und Grüne.
Veröffentlicht:27.05.2019, 06:46
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Die Regierungsparteien SPD und CDU in Mecklenburg-Vorpommern haben bei den Europa- und Kommunalwahlen am Sonntag kräftig Federn gelassen. Zwar wurde die Nordost-CDU bei beiden Wahlen erneut stärkste Kraft. Doch verlor sie im Vergleich zu 2014 einen Großteil ihrer Wähler - bei den Europawahlen etwa ein Drittel. Die europakritische AfD legte hingegen massiv zu und kam bei den Europawahlen vor SPD und Linke auf Platz zwei.

Bei den Wahlen zu Kreistagen, Städte- und Gemeinderäten belegten Linke, SPD, AfD und Grüne die Ränge hinter der CDU. Die Wahlbeteiligung lag mit etwa 57,6 sowie 58,5 Prozent deutlich über der von 2014. Damals hatte im Land erheblich weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht. Am Montag wollen führende Vertreter der Landesparteien in Schwerin Stellung zum Ausgang der Wahlen nehmen.

Dem vorläufigen amtlichen Europa-Wahlergebnis zufolge kamen die Christdemokraten im Nordosten auf 24,5 Prozent der Stimmen. 2014 hatte die CDU noch 34,6 Prozent erreicht. „Auch wenn die Union sehr klar Erster geworden ist: Ein Ergebnis zum Jubeln ist es nicht und es tröstet auch nicht, dass das Ergebnis für die SPD noch viel schlechter ist“, sagte CDU-Landeschef Vincent Kokert.

Werner Kuhn muss bis Montag auf das Resultat warten

Die große Koalition in Berlin arbeite nicht schlecht, deren Außendarstellung aber sei teilweise blamabel. Er erwarte am Montag im Bundesvorstand „eine schonungslose Aufarbeitung des Wahlabends“, betonte Kokert. Ob der langjährige EU-Abgeordnete der CDU, Werner Kuhn aus Zingst, erneut den Sprung in das Parlament in Straßburg geschafft hat, blieb zunächst unklar.

Die AfD konnte ihr Ergebnis gegenüber 2014 mehr als verdoppeln und kam auf 17,7 Prozent nach 7 Prozent bei der vorigen Wahl. Bundesweit konnte die Partei mit etwa 11 Prozent rechnen, hatte sich aber mehr versprochen. AfD-Landessprecher Leif-Erik Holm sprach von einem „ordentlichen EU-Wahlergebnis“ und beklagte einen unfairen Wahlkampf. In Brandenburg und Sachsen war die AfD bei den Europawahlen stärkste Kraft geworden.

Schwesig: Ergebnis ist „sehr bitter”

Die SPD verlor weiter an Zustimmung, erreichte 15,6 Prozent und konnte den Parlamentssitz, den die Rostockerin Iris Hoffmann inne hatte, nicht halten. 2014 hatten die Sozialdemokraten im Land noch 21,2 Prozent erreicht. SPD-Landeschefin Manuela Schwesig bezeichnete das Ergebnis als „sehr bitter“.

Beide große Volksparteien, CDU und SPD, hätten viel Vertrauen verloren, sagte Schwesig. „Und das muss der großen Koalition in Berlin zu denken geben.“ Die SPD müsse genau überlegen, welche Konsequenzen sie ziehe, sagte sie, warnte aber vor Schnellschüssen. „Denn das haben wir oft genug getan und es hat nicht viel gebracht.“

Koplin: Haben es nicht geschafft, unsere Ziele zu vermitteln

Auch die Linke musste deutliche Verluste hinnehmen und kam noch auf 13,9 Prozent. Fünf Jahre zuvor hatte sie noch 19,6 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinen können. „Wir haben es einfach nicht geschafft, unsere Ziele für den sozio-ökologischen Umbau der Gesellschaft so zu vermitteln, dass wir damit die Menschen erreichen“, stellte Linken-Landeschef Torsten Koplin fest.

Grüne sind der große Gewinner

Zu den großen Gewinnern zählen die Grünen, die in Mecklenburg-Vorpommern ihren Stimmenanteil im Vergleich zu 2014 auf 10,8 Prozent verdoppeln konnten. Die Bundespartei legte auf 20,5 Prozent zu. Dieses Ergebnis führte dazu, dass die Grünen mit Niklas Nienaß erstmals auch einen Politiker aus Mecklenburg-Vorpommern nach Straßburg schicken können. Der Rostocker Student hatte auf Listenplatz 18 kandidiert, die Grünen können mit mehr als 20 Mandaten rechnen.

„Der Zuwachs ist für unser Land sehr gut und macht uns stolz. Denn als Grüne haben wir es hier etwas schwerer als anderswo“, sagte Landesparteichefin Claudia Schulz. In Rostock wurden die Grünen gar stärkste Partei bei der Europawahl.

Die FDP konnte im Nordosten ihr Ergebnis von 2014 ebenfalls fast verdoppeln und kam auf 3,9 Prozent.

CDU bei Kommunalwahlen mit bislang schlechstestem Ergebnis

Bei den Kommunalwahlen fuhr die CDU Mecklenburg-Vorpommerns nach Auszählung von 1910 der 1912 Wahlbezirke ihr bislang schlechtestes Ergebnis ein. Dennoch bleibt die Union mit 25,4 Prozent der Stimmen deutlich stärkste Kraft auf kommunaler Ebene vor Linken, SPD und AfD.

Der von der CDU unterstützte Kandidat für die Oberbürgermeisterwahl in Rostock, Claus Ruhe Madsen, verfehlte im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit. Der parteilose dänische Unternehmer tritt Mitte Juni in einer Stichwahl gegen Sozialsenator Steffen Bockhahn von der Linken an.

Die Linke verteidigte trotz Verlusten knapp ihren Platz als zweite politische Kraft in Kommunen und Kreisen. Sie kam nach Auszählung von 1910 der 1912 Wahlbezirke auf 16,4 Prozent und lag damit nur wenig vor SPD und AfD. Die SPD von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig konnte den seit längerem spürbaren Vertrauensverlust der Wähler nicht stoppen und sackte auf 15,4 Prozent der Stimmen ab. Die als rechtspopulistisch eingestufte AFD erreichte landesweit 14,0 Prozent und verdreifachte ihren Stimmenanteil von 2014.

Auch in den Kommunen kräftige Zugewinne für die Grünen

Kräftige Stimmengewinne erzielten auch auf kommunaler Ebene die Grünen, die nach Auszählung von 1910 der 1912 Wahlbezirke von 5,8 auf 10,3 Prozent kletterten. Die FDP landete leicht verbessert bei 4,3 Prozent. Die Freien Wähler, die erstmals landesweit angetreten waren, kamen auf 2,7 Prozent und blieben damit hinter den selbstgesteckten Zielen zurück. Um 4.30 Uhr am Montag konnte die Landeswahlleiterin noch nicht sagen, wann das vorläufige amtliche Endergebnis vorliegt.

Für die Berechnung des Wahlergebnisses wurden nur die Stimmabgaben für die sechs Kreistage und die Vertretungen der beiden kreisfreien Städte Rostock und Schwerin herangezogen.