MV-Politiker gegen Stopp von Nord Stream 2
Schwerin / Lesedauer: 4 min

dpa
In der Debatte um die Fertigstellung der Ostsee-Erdgaspipeline Nord Stream 2 haben sich Politiker aus Mecklenburg-Vorpommern erneut gegen ein vorzeitiges Ende des Projektes ausgesprochen.
Der Giftanschlag auf den russischen Regierungskritiker Alexej Nawalny sei auf das Schärfste zu verurteilen. Doch habe die Bundesregierung bislang aus gutem Grund eine Verknüpfung des Falls mit dem deutsch-russischen Pipelineprojekt vermieden, erklärte der Chef der SPD-Landtagsfraktion, Thomas Krüger, am Montag in Schwerin.
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Krüger forderte eine Rückkehr zur Sachpolitik
Leidtragende eines Baustopps seien nur an der Sache völlig unbeteiligte Unternehmen. Krüger forderte eine Rückkehr zur Sachpolitik und warnte CDU-Politiker, die bereits ein Ende des Projektes forderten, davor, die aktuelle Lage zur eigenen Profilierung im parteiinternen Wahlkampf zu nutzen.
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Auch der AfD-Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Leif-Erik Holm sprach sich gegen eine Einstellung des Projektes aus. „Es ist doch völliger Wahnsinn, ein so wichtiges Energieprojekt wie Nord Stream 2 auf der Zielgeraden zu torpedieren. Wir können nicht fast zehn Milliarden Euro in den Ostseesand setzen, weil wir uns gerade wieder an unserem Hyper-Moralismus ergötzen”, heißt es in einer Mitteilung des Oppositionspolitikers.
Dabei sei noch nicht klar, wer für das schreckliche Attentat an Nawalny verantwortlich ist. Es gelte Handelspolitik von inneren Angelegenheiten anderer Staaten zu trennen. Holm forderte die Bundesregierung auf, sich klar hinter die Pipeline zu stellen und so die Energiesicherheit zu gewährleisten.
Konsequenzen für Nord Stream 2?
Die Bundesregierung lässt nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert weiter offen, ob die Vergiftung des russischen Regierungskritikers Konsequenzen für Nord Stream 2 haben wird. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) halte es für falsch, etwas auszuschließen, sagte Seibert am Montag.
Zugleich machte er klar, dass es für eine international abgestimmte Antwort auf diese Frage zu früh sei. Es gebe die klare Erwartung, dass Russland zunächst schwerwiegende Fragen zum Fall Nawalny beantworte. Damit sei jedoch nicht innerhalb weniger Tage zu rechnen. Russland bestreitet, in die Vergiftung des Oppositionellen verwickelt zu sein.
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Die Pipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee steht kurz vor der Fertigstellung. Sie soll parallel zu der schon betriebenen Leitung Nord Stream 1 Erdgas von Russland nach Deutschland transportieren. Diskutiert wird, ob man das Projekt als Reaktion auf die Vergiftung Nawalnys stoppen oder aussetzen sollte. Mit Friedrich Merz und dem Außenexperten Norbert Röttgen haben sich zwei Bewerber für den CDU-Bundesvorsitz kritisch zum Weiterbau geäußert.
Nawalny mit Nervengift der Nowitschok-Gruppe vergiftet
Die Bundesregierung betrachtet es nach Untersuchungen in einem Speziallabor der Bundeswehr als zweifelsfrei belegt, dass Nawalny mit einem Nervengift der Nowitschok-Gruppe vergiftet wurde. Der Oppositionspolitiker wird derzeit in Deutschland behandelt. Moskau bestreitet eine Verwicklung in den Fall.
Bislang hat die Bundesregierung Russland zwar mit harten Worten zur Aufklärung aufgefordert, eine Verknüpfung mit dem europäisch-russischen Gasprojekt aber vermieden. Seibert betonte, es gebe die klare Erwartung, dass Russland schwerwiegende Fragen zum Fall Nawalny beantworte. Damit sei jedoch nicht innerhalb weniger Tage zu rechnen.
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Der Kreml rechnet derzeit nicht mit Baustopp
Der Kreml rechnet derzeit nicht mit einem Baustopp für die Ostsee-Gasleitung. Auf die Frage, ob er Risiken sehe, dass der Bau nicht beendet werde, antwortete Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau: „Nein.” Moskau hatte in der Vergangenheit stets betont, dass die Gasfernleitung von Russland nach Deutschland ein wirtschaftliches Projekt sei und kein politisches. Die Arbeiten an der Pipeline waren zuletzt auf den letzten Metern wegen US-Sanktionen eingestellt worden.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock würde für einen Abbruch des Pipeline-Projekts auch Entschädigungszahlungen in Kauf nehmen. Angesprochen auf etwaige Ansprüche der beteiligten Firmen sagte sie im ZDF-„Morgenmagazin”: „Ja, das wäre ein hoher Betrag. Ja, der müsste dann auch im Zweifel gezahlt werden.” Welche Schadenersatzansprüche sich aus einem möglichen Verbot der Fertigstellung ergeben würden, müsse im Falle eines Falles vor Gericht geklärt werden, hatte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Oliver Hermes, gesagt.
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